Die Hiobsbotschaften rissen in den letzten Monaten nicht ab: Klagenfurt Wohnen, der Eigenbetrieb der Stadt Klagenfurt, der rund 3.100 Gemeindewohnungen managt, ist nicht nur verlässlicher Schlagzeilen-Lieferant. Er steht auch unter staatsanwaltlicher Beobachtung. Ein Bericht des Landesrechnungshofs (LRH) hatte grobe Mängel bei Klagenfurt Wohnen aufgedeckt. So wurden Aufträge in Millionenhöhe ohne Ausschreibung vergeben. Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig (SPÖ) ortete grobe Missstände bei Sanierungen, die darauf hindeuten, dass es nicht plausibilisierte Abrechnungen gegeben haben könnte. Oder: Einer Wiener Brandschutzfirma wurden Leistungen bezahlt, obwohl es eine schriftliche Warnung gegeben hat, die Rechnungen nicht zur Gänze zu begleichen, da die Brandschutzbücher Fragwürdigkeiten aufwiesen.
Damoklesschwert von sieben Millionen Euro
Nun holt Klagenfurt Wohnen und damit die Stadt die Vergangenheit ein. Die Immobilien Verwaltung Klagenfurt (IVK), eine Tochter der Stadt, muss spätestens 2026 sieben Millionen Euro aus einem Kredit bedienen. Die IVK wurde im Dezember 2005 gegründet.
Ungefähr zeitgleich kam die Stadt auf die Idee, man könnte die Wohnungen doch an die (eigene) IVK verkaufen. Aber auf einem Gutteil der Wohnungen lasteten Wohnbauförderungsdarlehen des Landes Kärnten. Weshalb sie nicht veräußert werden konnten. Diese Wohnungen schrieb man auf die sogenannte “blaue Liste”, sie blieben bei der städtischen Wohnungsabteilung, Vorgängerin von Klagenfurt Wohnen. Auf einem anderen Teil hingegen lasteten die leidigen Darlehen nicht. Die gab man auf die sogenannte “grüne Liste”. Womit der Verkauf an die IVK über die Bühne gehen konnte. Das Verhältnis zwischen den grünen und blauen Wohnungen betrug ungefähr 50:50.
Kastner bestätigt endfälligen Kredit
Alexander Kastner (Team Kärnten), er ist seit heurigem Februar Vizebürgermeister der Stadt und Wohnungsreferent, bestätigt sowohl die Kredithöhe von sieben Millionen Euro als auch die Endfälligkeit im Jahr 2026. Die Kreditaufnahme geschah aber lange vor seiner Zeit: Im Jahr 2007. Damals regierte noch Bürgermeister Harald Scheucher (ÖVP). Wohnungsreferent war der heutige Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten), wobei Scheider, damals BZÖ, strikt gegen den Wohnungsverkauf war. Er sammelte sogar Unterschriften dagegen.
Nun ergeben sich mehrere brisante Fragen: Wurde der Kredit zweckgemäß, etwa für Wohnungssanierungen aufgenommen, oder wurden die Wohnungen, wie es der damalige Grünen-Gemeinderat Matthias Köchl in einem Video sagte, zur Finanzierung des Klagenfurter Stadions für die EM 2008 verkauft? Anders gesagt: Musste die IVK damals für den Bau des Stadions einen Millionenkredit aufnehmen?
Ex-Grünen-Stadtrat Frank Frey spricht heute noch davon, dass “die Wohnungen für die Finanzierung des Stadions verkauft wurden”. Kastner hat von dieser Sache “auch schon gehört. Ich kann das aber ohne eingehende Prüfung weder bestätigen noch dementieren”, so der Vizestadtchef. Er will sich nun mit dem Geschäftsführer von Klagenfurt Wohnen, Gerhard Scheucher, der Sache annehmen und eruieren, wo das Geld hinfloss. Scheucher ist seit 1. Jänner dieses Jahres Chef von Klagenfurt Wohnen und IVK.
Einer, der in Abrede stellt, dass die Millionen ins Stadion geflossen sind, ist Walter Zwick (ÖVP). Er war 2007 Stadtrat für Finanzen. “Das ist auszuschließen”, sagt Zwick auf Nachfrage. Zwei weitere Interviewpartner, die nicht genannt werden wollen, sehen auch keine Parallelen, erklären aber unisono: “Geld hat kein Mascherl.” Soll heißen: Mit welchem Geld das Stadion gebaut wurde, ist schwer zu sagen. Ein Blick ins Archiv etwa des STANDARD bestätigt aber Köchls und Freys Aussagen: Die Stadt habe Geld lukrieren wollen, “für Großprojekte wie das neue Fußballstadion und ein Kongresszentrum”.
Zinsdienst statt Wohnungssanierungen
Allein der Zinsdienst für den Millionenkredit dürfte geschätzt Hunderttausende Euro im Jahr betragen. Und das könnte mit ein Grund sein, warum viele der Gemeindewohnungen in schlechtem Zustand sind: Das Geld für die Zinsen frisst die Mittel für Sanierungen. Insgesamt saß Klagenfurt Wohnen, wo die grüne und blaue Liste vor einigen Jahren zusammengeführt wurden, im Jahr 2022 laut LRH auf Bankverbindlichkeiten von 27,6 Millionen Euro. Ingesamt wurde Klagenfurt Wohnen nämlich ein Mühlstein von über 30 Millionen umgehängt. Die sieben Millionen Euro dürften Teil dieser Summe sein. Wie Kastner den 2026 endfälligen Kredit refinanzieren wird, dürfte noch nicht klar sein. Das Stadtbudget ist derart marode, dass es von dort wohl keine Mittel geben wird.
Und schlußendlich drängt sich noch eine letzte Frage auf: Wären die Millionen tatsächlich für das Stadion aufgenommen worden, hätte man zu Lasten von sozial Schwächeren Brot-und-Spiele-Politik betrieben? In Kärnten undenkbar …
Die sogenannte Ära H.Scheucher hätte es längst schon einen eigenen Untersuchungsausschuss verdient. Leider ist das in unserem Stadtrecht nicht vorgesehen. Vielleicht auch besser so. Er müsste in Permanenz tagen.