“Confidential”: Geheimes Papier erwägt Verkauf von 678 Klagenfurter Gemeindewohnungen

Ein Teil der Klagenfurter Gemeindewohnungen wären zu versilbern, schlägt ein vertrauliches Papier vor
Ein Teil der Klagenfurter Gemeindewohnungen wären zu versilbern, schlägt ein vertrauliches Papier vor

Das Papier trägt in der rechten oberen Ecke den Vermerk “Confidential” – Vertraulich. Es sind Unterlagen des Wirtschaftsprüfers BDO. Die Präsentation ist über 80 Seiten stark. Auftraggeber des Papiers ist die Stadt Klagenfurt. Das Dokument ist knapp zwei Jahre alt, es wurde der Stadt Klagenfurt am 24. November 2022 von der BDO übermittelt. Also vor gut zwei Jahren. Und die Seiten zeigen einmal mehr, wie träge und schwerfällig die Stadtverwaltung ist, Maßnahmen umzusetzen, die zu Einsparungen führen könnten.

Einsparungen von bis zu 9,5 Millionen Euro

Die Analyse, es ist ein Entwurf, trägt den Titel “Landeshauptstadt Klagenfurt Präsentation Steuerungsgruppe Klagenfurt Holding”. Sie ist in Zusammenarbeit der BDO mit der Stadt erstellt worden und hat ein zentrales Thema: Die Gründung einer Klagenfurt Holding. Dadurch, so die Experten der BDO, können ab Holding-Start im ersten Jahr 4,8 Millionen, im zweiten 6,1 Millionen bis hinauf zum siebenten Jahr 9,5 Millionen Euro eingespart werden.

Mitarbeiter der Stadt relativ alt

Die Spezialisten arbeiteten zwei Holding-Varianten aus. Eine mit den Stadtwerken (STW) als “normale” Beteiligung wie alle anderen (die Stadt hat insgesamt 19 Beteiligungen) unter dem Dach der Stadt. Und eine Variante, in der die STW sozusagen die Klagenfurt Holding sind und alle anderen Beteiligungen unter ihr firmieren. Die BDO analysierte auch die Mitarbeiter- und Altersstruktur im Magistrat. Offenbar gab es damals (2022) rund 1.600 Vollzeitäquivalente. Die Altersstruktur gibt zu denken, macht aber auch Hoffnung auf Einsparungsmöglichkeiten in Zukunft durch natürliche Abgänge: Die meisten Mitarbeiter sind 47 Jahre aufwärts, der höchste Balken scheint bei einem Lebensalter von 57 Jahren auf. 90 bis 100 Mitarbeiter dürften dieses Alter haben. Zum Vergleich: Beim Lebensalter von 24, 25 oder 26 Jahren scheinen jeweils recht zarte Bälkchen auf, die kaum eine Beschäftigtenanzahl von 20 erreichen.

Reduzierte Nachbesetzungen und Zusammenlegung von Kanalisation und Wasser

Ab dem 7. Jahr könnten im Abwasserbereich Einsparpotenziale von 2,7 Millionen Euro jährlich gehoben werden. Die größten Einsparungen “werden durch reduzierte Nachbesetzungen und die Zusammenlegung von gemeinsamen Dienstleistungsbereichen erzielt”, so das Papier. Ab dem 4. Jahr könnte zudem eine Million Euro durch die “Zusammenlegung von Kanalisation und Wasser” gespart werden. Im Bereich Abfall/Entsorgung sieht die BDO ein Einsparpotenzial von fast 1,9 Millionen jährlich ab Jahr sieben der Umsetzung der Holding bzw. einer Strukturreform. Auch hier sollen Stellen nicht nachbesetzt werden.

Verkauf von Gemeindewohnungen

Klagenfurt Wohnen, der städtische Eigenbetrieb, der rund 3.100 Gemeindewohnungen verwaltet, könnte laut dem Papier tiefen Einschnitten unterzogen werden. Dort sehen die BDO-Rechner Einsparpotenziale von rund 2,7 Millionen Euro ab dem 7. Jahr der Umsetzung der Holding. Auch hier soll es “reduzierte Nachbesetzungen” geben, außerdem soll magistratsweit ein sogenanntes Shared Service für gemeinsame Dienstleistungen errichtet werden (auch für andere Abteilungen).

2,7 Millionen sieht die BDO als Sparpotenzial bei Klagenfurt Wohnen (bei Klick vergrößert sich die Grafik)

678 Wohnungen in der Verkaufsvitrine

Das ist aber noch lange nicht alles: Im BDO-Papier wird auch die “Veräußerung von Immobilien” vorgeschlagen. Damit soll eine finanzielle “Konsolidierung” und eine “kurzfristige Schaffung von Liquidität” möglich werden, wie es heißt. Man hat die entsprechenden Wohnungen schon im Blick. Es wird von einem “grundsätzlichen Veräußerungspotenzial von 678 Wohnungen in A-Lagen mit wenig bis keiner Rendeiteaussicht” gesprochen.

Offenbar ist die Stadt im Besitz von “35 sehr großen und idR (in der Regel, Anm.) renditeschwachen Wohneinheiten”. Damit könne ein Erlös von 8,5 Millionen Euro lukriert werden.

Das Papier spricht von veräußerbaren 678 Gemeindewohnungen (bei Klick vergrößert sich die Grafik)

24,6 Millionen durch Verkauf von A-Lage-Wohnungen

Weitere 24,6 Millionen Euro sei durch den Verkauf von “50% der mittleren Wohnungen in A-Lagen” zu ergattern, heißt es im Papier. Mit dem Millionenregen sollen aushaftende Kredite zurückgezahlt werden, ist der Vorschlag, damit die Stadt ihren Eigenbetrieb nicht mehr mit zwei bis 2,5 Millionen Euro jährlich bezuschussen müsse.

Bürgermeister Christian Scheider und Vizebürgermeister Alexander Kastner (beide Team Kärnten) sind bisher immer gegen den Verkauf von Gemeindewohnungen aufgetreten.

Mietpreis-Steigerungen und Vergabe von Baurechten

Bereits der Landesrechnungshof (LRH) hat in einem Aufsehen erregenden Bericht Anfang des Jahres erklärt, dass die Mieten in Gemeindewohnungen zum Teil nicht nachvollziehbar seien. Dies vor allem deshalb, da es über die Jahre keine Marktanpassungen oder Gehalts-Checks bei den Mietern gegeben habe. Zog jemand ein, der in jungen Jahren noch wenig verdiente, verdiente er im Lauf seiner Karriere immer mehr. Die Mieten wurden diesem Mehrverdienst aber nicht angepasst. Dem Vernehmen nach wohnen zum Teil Großverdiener in billigen Stadtwohnungen. Die BDO sieht ein Potenzial von 4,5 Millionen Euro, sollten die Mieten marktorientiert gestaltet werden. Als weitere Konsolidierungsmaßnahme bei Klagenfurt Wohnen wird die Vergabe von Baurechten vorgeschlagen.

Pensionsantrittsanalyse und Altersstruktur im Klagenfurter Rathaus (bei Klick vergrößert sich die Grafik)

8 Kommentare

    • Ich kann mich noch an den Wahlkampf erinnern.
      1000 neue Wohnungen hat Großbürgermeister Christian versprochen.

      3,5 Jahre später stehen wir vor einem Scherbenhaufen.

  1. Eine empörende Geldvernichtungsmaschinerie ist dieser Magistrat. Weil seit 30 Jahren keine strukturellen Reformen durchgeführt wurden und dazu auch noch hohe Gehälter mit brutalen Pensionsverpflichtungen zugestanden werden, stehen wir vor diesem seit Jahren konkursreifen Gebilde. Hunderte Millionen Euro hätte man mit einer verantwortungsvollen Politik und Führung in den letzten Jahrzehnten bereits für nachhaltige Investitionen freimachen können, so haben wir albanische Straßen, kein Hallenbad mehr, Kindergärten und Schulen am absoluten Limit, mieses Angebot für unsere Jugend (ein lächerlicher Funpark im Europapark), ein Seniorenheim das die Stadt verkaufen muß, eine marode Wasserinfrastruktur bei gleichzeitig den höchsten Wasserpreisen in Österreich, etc etc etc!!!! HAFTUNGEN FÜR DIE VERANTWORTLICHEN?? JOST hat genau was gemacht außer Überstunden genehmigt und eingeklagt? Hr. “Bürgermeister” Scheider: wieder nix gesehen, nix gehört, nix wissen, nix verantwortlich – aber Parteikollegen wie Strutz und Petritz versorgen, das geht schon, es ist eine Schande, schämen Sie sich Hr. “Bürgermeister”.

  2. Christian Scheider: 1,23 Mio. „Partykonto“ aus Steuergeldern, Schulden, Skandale und Macho-Sprüche
    => der Artikel beschreibt es genau, RÜCKTRITT DES BÜRGERMEISTERS UND STADTSENATS, NEUWAHLEN JETZT!!!

    • Nachdem Links hier offenbar entfernt werden (warum eigentlich?): der Artikel “Christian Scheider: 1,23 Mio. „Partykonto“ aus Steuergeldern, Schulden, Skandale und Macho-Sprüche” ist mittels Google Suche einfach zu finden.

      • Beantworte ich gern: Der Link ging zu einer Parteizeitung. Da habe ich immer das ungute Gefühl in der Magengegend, dass Parteiwerbung betrieben wird. Und so kritisch man auch zum Bgm. stehen mag, die Parteizeitung der SPÖ wird nicht positiv über ihn schreiben … Das heißt, solche Links und Links zu anderen Medien (wenn ich das Gefühl habe, es soll ein anderer Artikel beworben werden) lösche ich. Ich hoffe, die Auskunft war dienlich. Liebe Grüße

        • Ein Punkt noch: ob Parteizeitung oder nicht – auch solche Medien müssen sich an die Wahrheit halten wenn sie sich nicht klagbar machen wollen, oder? Der Hr. Bürgermeister hätte schon längst geklagt, wenn dort unwahre und kreditschädigende Behauptungen stehen würde. Und der Artikel ist massiv kreditschädigend, wenn das alles nicht wahr ist was da drin steht – 1,23 Mio. als Partykonto?? Wenn er also nicht geklagt hat, muß man sich fragen, ja warum denn nicht???

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