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Für den einen dürfte es wie ein Weihnachtsgeschenk wirken, für die anderen ist es ein schwerer Rückschlag: Im Streit um die Gesellschafteranteile am Flughafen Klagenfurt gab gestern, Montag, das Handelsgericht Wien überraschenderweise Investor Franz Peter Orasch Recht. Seine Lilihill-Gruppe erhält die Beteiligung am Flughafen Klagenfurt wieder zurück. Das Land Kärnten in Gestalt der Kärntner Beteiligungsverwaltung (KBV) und die Stadt Klagenfurt hatten Oraschs Anteile im Juli 2023 ja per vertraglich geregelter Call Option zurückgekauft, weil der Airport unter der Führung des Investors im Jahr 2022 unter der Mindestanzahl von 100.000 Passagieren geblieben war.
Orasch kündigte jedoch schon damals an, gerichtlich gegen die Ziehung der Call Option vorzugehen. Und begründete das Nichterreichen der Untergrenze von 100.000 Passagieren mit höherer Gewalt aufgrund der Covid-Pandemie. Dieser Begründung folgte die Richterin am Handelsgericht Wien. Die Kärntner Flughafen Betriebsgesellschaft muss dem Vernehmen nach nun Oraschs Lilihill Aviation City Beteiligung GmbH wieder ins Firmenbuch eintragen lassen.
Der (nicht rechtskräftige) Urteilsspruch ist eine Hiobsbotschaft für KBV und Stadt Klagenfurt. Orasch war 2018 mit 74,9 Prozent und großen Versprechungen in den Airport eingestiegen. Von den Visionen des Immobilienunternehmers wurde aber so gut wie nichts umgesetzt. Der Strategieplan, in dem Orasch kühne Ankündigungen gemacht hatte, vergilbte rasch.
Es ist zu erwarten, dass die öffentlichen Gesellschafter, die nach der Ziehung der Call Option wieder mit 80 (KBV) zu 20 (Stadt) Prozent Eigentümer waren und nun wieder zurückschrumpfen, in die nächste Instanz gehen werden. Fraglich ist zudem, wie und ob Orasch die liquiden Mittel bereitstellen wird, die es braucht, die Anteile wieder zurückzunehmen. 2023 hatte er für den Rausschmiss immerhin vier Millionen Euro von Land und Stadt bekommen.
Millionen in den Airport gepumpt
In den Flughafen mussten zwischenzeitlich Millionen gepumpt werden. Land Kärnten und Stadt Klagenfurt führten Anfang 2024 eine Kapitalerhöhung von 13,7 Millionen Euro durch. Heuer wurde eine weitere Kapitalspritze von 9,5 Millionen Euro beschlossen.
Ermittlungen gegen Orasch
Landeshauptmann-Stellvertreter Martin Gruber (ÖVP), politisch für die KBV verantwortlich, will laut Aussendung zweitinstanzlich gegen das Urteil vorgehen. Brisant ist das Verdikt auch deshalb, weil Orasch bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt als Beschuldigter in einem Strafverfahren geführt wird, wie der stellvertretende Mediensprecher der Behörde, Christian Pirker, auf Anfrage bestätigt. Der Verdacht lautet auf Untreue. Der Kärntner Landesrechnungshof hatte in einem Bericht festgehalten, dass es zwischen einer oder mehreren Orasch-Firmen und dem Flughafen zu Geschäften gekommen sein könnte, die strafrechtliche Auswirkungen haben könnten. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Rückschlag für öffentliche Gesellschafter
KBV-Vorstand und Aiport-Aufsichtsratsvorsitzender Martin Payer erklärt, dass der Gerichtsentscheid operativ keine Auswirkungen auf den Flughafen habe. „Der Airport ist stabil, wir sind handlungsfähig“, so Payer. Das Urteil werde rechtlich bekämpft. Payer erklärt entgegen inoffiziellen Quellen, dass Orasch nicht wieder ins Firmenbuch eingetragen werde. Klagenfurts Beteiligungsreferentin sagte auf Anfrage, dass sie mit diesem Urteil nicht gerechnet habe. „Es muss jetzt einmal analysiert werden. Doch das ist erst die erste Instanz“, so Mochar.
Insgesamt kann das Urteil aber als schwerer Rückschlag für die öffentlichen Gesellschafter interpretiert werden. Vor allem die KBV hegte Zuversicht, dass das Ziehen der Call Option rechtens gewesen sei. Sie legte dazu auch Gutachten vor. Ein solches hatte auch der Flughafen Klagenfurt parat. In diesem, es wurde von Olaf Riss erstellt, wurde aufgrund von Prozessrisiken davon abgeraten, die Call Option zu ziehen. Diese haben sich nun offenbar bewahrheitet.
Wie hoch die bevorstehende Wieder-Beteiligung Oraschs sein wird, wird voraussichtlich davon abhängen, wie sich die mittlerweile erfolgten Kapitalerhöhungen prozentuell auswirken. Eine Anfrage bei Oraschs Anwalt Christian Tschurtschenthaler blieb vorerst unbeantwortet. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass das Urteil massive Einschnitte in den Airport nach sich ziehen könnte. Eine Folge könnte sein, dass bereits stattgefundene Entscheidungen und Beschlüsse wieder rückgängig gemacht werden könnten. Orasch hatte vor seinem „Rausschmiss“ knapp über 40 Prozent der Anteile. Seine Beteiligung sank deshalb, weil er bei einer 3,7-Millionen-Euro-Kapitalerhöhung schlussendlich nicht mitgezogen war.
Wiederbeteiligung aus Salzamt-Versteigerung?
Da zur Stunde nicht klar ist, wie Orasch die Mittel für die Wiederbeteiligung stemmen könnte, werden Spekulationen laut. Eine davon: Die Mittel könnten aus der Versteigerung des sogenannten Salzamtes in Klagenfurt kommen. Dort ist vom Bezirksgericht (BG) Klagenfurt eine Zwangsversteigerung bewilligt worden, weil Orasch Raiffeisen Oberösterreich mit seiner LHH3 Immobiliengesellschaft rund 208.000 Euro schuldig geblieben ist. Die Mediensprecherin des BG, Martina Löbel, sagt auf Anfrage, dass eine Befundaufnahme einer Sachverständigen im Salzamt am 18. Dezember „wie geplant stattgefunden hat“. Orasch habe der Sachverständigen das Gebäude aufgesperrt. „Nach Klärung des Schätzwertes und der Versteigerungsbedingungen wird ein Versteigerungstermin in der Ediktsdatei veröffentlicht werden“, so Löbel.
Für das Land aber vor allem für die beinah-insolvente Stadt ist das Urteil eine Katastrophe. Besonders weil sich ein langwieriger kostenintensiver Prozessreigen über viele Jahre ankündigt. Und ein solcher kostet Geld. Auch ein Vergleich in ferner Zukunft kostet Geld. Geld das die Stadt nicht hat. Es wird ein spannender Wahlk(r)ampf.