Naturdenkmal: Landesgutachten könnte geplante Lagune im Buberlemoos endgültig zu Fall bringen

Wirtschaftliche Interessen in sensiblem Naturgebiet: Das Buberlemoos (c) Vera Polaschegg
Wirtschaftliche Interessen in sensiblem Naturgebiet: Das Buberlemoos (c) Vera Polaschegg

Eines ist Florian Pacher nicht abzusprechen: Geduld. Fast zwei Jahre wartete der Pörtschacher Kommunalpolitiker auf eine Antwort des Landes Kärnten. Exakt am 20. April 2022 stellte der freiheitliche Gemeindevorstand der Wörthersee-Ortschaft einen Antrag an die Naturschutzabteilung des Landes. Pacher fand, man müsste das sogenannte Buberlemoos, das an den See grenzt, zum überörtlichen Naturdenkmal erheben. Er wollte damit nicht nur seltene Tier- und Pflanzenarten des kartierten Feuchtgebiets schützen, sondern das Buberlemoos vor der Verbauung retten.

Land reagierte: Empfehlung für Naturdenkmal

Und das könnte ihm nun gelingen. Wie ein Mediapartizan.at vorliegendes Dokument der Naturschutzabteilung belegt, empfahl das Land Kärnten am 10. November 2023, das Buberlemoos in den Status eines „Örtlichen Naturdenkmals“ zu erheben. Damit ist Pacher zwar nicht haargenau das gelungen, was er wollte. Nämlich das überörtliche Naturdenkmal. Aber auch eine Erklärung zum örtlichen Naturdenkmal hätte naturschutzrechtlich die gleich weitreichenden Konsequenzen wie die Überörtlichkeit und könnte das Buberlemoos voraussichtlich vor der Verbauung bewahren.

Aus der Stellungnahme des Landes vom 10. November 2023

Weitreichender Schutz für Buberlemoos

Kommt es zur Ernennung, wäre Pacher ein nicht zu unterschätzender Etappensieg gelungen. Denn das Kärntner Naturschutzgesetz unterscheidet in seinen Auflagen nicht zwischen überörtlichem oder „nur“ örtlichem Naturdenkmal. In Paragraph 29 des Gesetzes heißt es: „Niemand darf an Naturdenkmalen Eingriffe oder Veränderungen vornehmen, welche den Bestand oder das Erscheinungsbild, dessen Eigenart, dessen charakteristisches Gepräge oder dessen wissenschaftlichen oder kulturellen Wert beeinträchtigen können.“ Der Amtssachverständige, der das Gutachten erstellte, bestätigt das: „Es dürfte dann nichts unternommen werden, was die gegenständliche Fläche schädigen könnte.“ Was wohl hieße, dass – sollte die Gemeinde Pörtschach die Empfehlung des Landes in Rechtskraft erheben – die Lagunenpläne zweier Projektwerber buchstäblich ins Wasser fielen.

Millionengeschäft mit Lagune

Wie seit über zwei Jahren bekannt, wollen ein ortsansässiger Grundbesitzer und ein deutscher Zahnersatz-Unternehmer (siehe Kärntner MONAT 5/22: „Der Goldgräber von Pörtschach“) die Liegenschaft, die sich in ihrem Eigentum befindet, in großem Stil aufgraben und Seewasser für eine Lagune einleiten lassen. Entlang des künstlich geschaffenen Ufers sollen dann, so die damaligen Pläne, Bauparzellen entstehen – mit dazugehörigen Bootshäusern, damit die Domizile auch am Wasserweg erreichbar sind.

Freiflächen sind Mangelware

„Sozialwohnungen werden es nicht“

Laut Kleiner Zeitung sollen es 17 Parzellen werden, die entlang der künstlich geschaffenen Lagune entstehen würden. Wer weiß, wie viel ein Quadratmeter Grund am Wörthersee kostet, der ahnt, dass der Platz an der Lagune kein Hausmeisterstrand wird. „Toplagen direkt am Wasser kosten zwischen 4.000 und 7.000 Euro pro Quadratmeter“, sagt Immobilienexperte Günther Seidl. „Bei der Lagune würde ich mit Abschlägen von bis zu 30 Prozent rechnen. Immer noch ein gutes Geschäft“, so Seidl. „Je kleiner das Grundstück, desto höher der Quadratmeterpreis.“ Abhängig sei dieser auch von der Uferlänge und welche See-Einbauten möglich seien. Den Projektwerbern winkt also ein Millionenregen. Weswegen einer der beiden dem STANDARD bereits vor knapp drei Jahren sagte, dass es schon jede Menge Interessenten gebe und erklärte: „Aber eines muss allen natürlich klar sein: Sozialwohnungen werden es nicht.“ Beide Grundbesitzer waren auf Anfrage nicht zu erreichen.

Ball liegt jetzt beim Gemeinderat

Obwohl das Landesgutachten an die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land ging, soll nun die Gemeinde Pörtschach die Entscheidung zu treffen, ob das Buberlemoos tatsächlich zum Naturdenkmal erklärt wird. Paragraf 32a des Kärntner Naturschutzgesetzes sagt, dass Flächen wie eben das Buberlemoos „von der Gemeinde durch Bescheid zu örtlichen Naturdenkmalen erklärt werden“ dürften. Das bedeutet, der Ball liegt jetzt beim Pörtschacher Gemeinderat. Dort herrscht die ÖVP mit Mehrheit: Sie sitzt auf zehn von 19 Gemeinderatssitzen.

Schon vor 200 Jahren Landfläche

Amtssachverständiger widerspricht: Fläche sei vorher „nicht Teil des Sees“ gewesen

Die Projektwerber argumentierten die künstliche See-Erweiterung mitunter damit, dass das Grundstück vor Jahrzehnten mit Autobahnaushub (vom Bau der Südautobahn) aufgeschüttet worden sei und möglicherweise auch Hausmüll und Altlasten in die Erde gelangten. Diese Begründung erscheint vor dem Hintergrund des nunmehrigen Landesgutachtens fragwürdig: Der Amtssachverständige der Naturschutzabteilung sagt nämlich, dass „die verfahrensgegenständliche Fläche vor ca. 200 Jahren bereits eine Landfläche und nicht Teil des Sees war, da in den Karten des Franziszeischen Katasters am Standort eine Sumpffläche eingetragen ist“.

Das Franziszeische Kataster (li.) aus der Habsburger Zeit zeigt laut Landes-Naturschutz, dass es sich schon vor 200 Jahren um Landmasse handelte. Rechts das KAGIS-Bild von heute.

Warum fanden dann aber mit Genehmigung der BH Bohrungen statt, um herauszufinden, ob die behaupteten Altlasten tatsächlich im Boden sind? Wurde ein Öffentliche Interesse sozusagen konstruiert? Der stellvertretende Leiter der BH Klagenfurt-Land, Klaus Bidovec, reagiert auf das Thema schon leicht fahrig. „Für mich ist einzig und allein ausschlaggebend, was die Bohrungen ergeben. Und diese Ergebnisse sind noch nicht da“, sagt Bidovec. Warum aber gibt man Steuergeld für Bohrungen aus, wenn das Land der Ansicht ist, die Fläche sei schon seit den Habsburgern Landmasse? „Wie kommen Sie zur Annahme, dass Steuergeld ausgegeben wurde?“, retourniert Bidovec. Die Bohrungen hätten die Projektwerber bezahlt. „Die Untersuchung wird durch ein Institut vorgenommen. Die Ergebnisse bekommt dann das Land“, erklärt der BH-Vize-Chef. Ein privates Einwirken der Projektwerber auf die Proben sei nicht möglich.

Präzedenzfall

„Würde diesem Projekt aus Sicht der wasserwirtschaftlichen Planung zugestimmt, so können mit derselben Begründung an jeder anderen Stelle des Sees (oder an anderen Seen) dieselben Ansprüche erhoben werden“, zitierte die Kleine Zeitung im Juli 2022 Gernot Koboltschnig von der Kärntner Wasserwirtschaft. Womit wohl ein Präzedenzfall geschaffen wäre. Sollte es dennoch zu Aufschüttungen gekommen sein, was Jahrzehnte alte Unterlagen der BH nahe legen, ging Michael Rabitsch, Amtssachverständiger für Abfallwirtschaft und Altlastensanierung, ebenfalls 2022 in der Kleinen Zeitung davon aus, dass „keine Gefahren für das Grundwasser bzw. Oberflächenwasser“ bestehen.

„Nur wenige Tage nachdem das Naturschutzgutachten am Gemeindeamt einlangte, fanden im Jänner 2024 plötzlich Baggerarbeiten am Buberlemoos statt.“ (Florian Pacher)

„Luxusimmobilien“ statt Naturjuwel

Bei einem herrscht Freude über die Empfehlung des Landes: „Das Naturschutzgutachten bestätigt die herausragende Bedeutung dieses einzigartigen Naturjuwels für Pörtschach“, erklärt Antragsteller Pacher. Wenn es aber nach den Grundstückseigentümern gehe, „soll das potenzielle Naturdenkmal einer künstlichen Lagune und Luxusimmobilien weichen“, schüttelt er den Kopf. „Wie das Gutachten belegt, wurde das geschützte Feuchtgebiet über Jahrzehnte hinweg negativ beeinträchtigt, und zwar eindeutig durch menschliche Eingriffe.“

Video zeigt Baggerarbeiten

„Nur wenige Tage nachdem das Naturschutzgutachten am Gemeindeamt einlangte, fanden im Jänner 2024 plötzlich Baggerarbeiten am Buberlemoos statt“, kritisiert Pacher. Das beweist auch ein Video, das vor Ort aufgenommen wurde und besagte Baggerarbeiten zeigt. „Das Feuchtgebiet um den wasserführenden Graben wurde dabei massiv ausgebaggert und damit genau jener Bereich teils zerstört, der laut Gutachten bei einer ungestörten Entwicklung das ursprüngliche Ausmaß wieder erreichen könnte“, so Pacher.

Die Metadaten des Videos zeigen, dass die Baggerarbeiten am 24. Jänner 2024 stattgefunden haben. Die Empfehlung zur Unterschutzstellung als örtliches Naturdenkmal schlug laut Pacher schon vorher in der Gemeindestube von Pörtschach auf. Die BH hat dann die Baggerarbeiten einstellen lassen, wie die Kärntner WOCHE schrieb.

Durch Eingriffe in die Natur wurde bereits der Strauch- und Baumbestand im Norden entfernt, kritisiert das Land. Dies belegt auch ein Vorher-Nachher-Vergleich:

Verschwunden: Der Strauch- und Baumbestand (links) wurde in den letzten Jahren entfernt

Ungefähr deckungsgleich mit der abgeholzten Fläche könnte nun das örtliche Naturdenkmal entstehen (siehe Gesamtgutachten unten; S. 7 – markierte Fläche). Diese Flächen gehören dem deutschen Unternehmer Jürgen Freisleben. Die Frage ist: Wird der Gemeinderat von Pörtschach dafür stimmen? Bürgermeisterin Silvia Häusl-Benz hat „ein Verfahren auf Gemeindeebene“ eingeleitet, in dem es darum geht, „alle Informationen für ein Für oder Wider zusammenzusammeln. Danach geht es in den Gemeinderat“, so die Gemeinde-Chefin. Die Grünen mit Gabriele Hadl, die wie Pacher von Beginn an für die Erhaltung des Buberlemooses eintritt, und Erich Göbel sind mit Sicherheit für die Ernennung. Pachers Fraktion vermutlich auch. Verhindern könnte das Naturdenkmal jedoch Häusl-Benz´ ÖVP mit ihrer Mehrheit. Allerdings könnte sie es auch ob ihrer Stärke im Alleingang beschließen.

***

Foto(s): Vera Polaschegg, Oskar Polak, KK

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*