Gefecht um Flughafen: Wert der Grundstücke „um Vielfaches höher“ als in Gutachten für Lilihill-Baurecht dargestellt

Es knistert: Experte Seiser (re.) kritisiert Flughafen-Gutachten scharf. Links Martin Payer, mittig Martin Gruber
Es knistert: Experte Seiser (re.) kritisiert Flughafen-Gutachten scharf. Links Martin Payer, mittig Martin Gruber

Seit Monaten wird darüber spekuliert. Mediapartizan berichtete erstmals am 11. November des Vorjahres darüber. Heute kam die Bestätigung: Das Land Kärnten ließ das Immobilien-Gutachten des Klagenfurter Flughafens, das ein relativ günstiges Baurecht für den Mehrheitseigentümer Lilihill ergeben hatte, unter die Lupe nehmen. Und das Ergebnis könnte vor der Landtagswahl noch für stürmische Zeiten sorgen.

Errechneter Bauzins „nach Gutdünken“

Im Durchschnitt ergab das Gutachten, das vom Wiener Bewertungsunternehmen Colliers International errechnet wurde, rund 10 Cent, die Lilihill-Chef Franz Peter Orasch monatlich pro Quadratmeter für das Baurecht auf über 37 Hektar der nicht betriebsnotwendigen Grundstücke des Flughafens zahlen sollte. Das, so meinten Immobilienmakler schon im November, sei ein recht gnädiger Preis. Man könne in Klagenfurt einen Bauzins von 50 Cent bis 1,50 Euro erwarten. Somit läge Orasch, der in Personalunion Grundstückswerber, Flughafen-Geschäftsführer und Mehrheitseigentümer ist, deutlich unter dieser Latte. Der Immobilienmakler Jahn Real etwa, bietet im Osten der Stadt eine 15.500 Quadratmeter große Wiese um einen Euro Pacht pro Quadratmeter und Monat an.

Was Orasch zahlen will

Das vom Flughafen in Auftrag gegebene Gutachten ergibt durchschnittlich 10 Cent Bauzins pro Monat und Quadratmeter

„Es gibt kein Projekt Aviation City“

Nun durchleuchtete der angesehene steirische Immobilien-Experte Franz Josef Seiser das von Collier erstellte Gutachten. Der Auftrag zur Plausibilisierung erfolgte über die Kärntner Beteiligungsverwaltung (KBV), die zusammen mit der Stadt Klagenfurt noch gut 25 Prozent des Flughafens besitzt. Seiser fasste seine Überprüfung heute in einer Pressekonferenz in drei Kernaussagen zusammen. Und die dürften noch gehörig Staub aufwirbeln. Es gebe nämlich für den Flughafen gar „kein Projekt Aviation City“, so Seiser in seiner verblüffenden Feststellung. Es gebe „nur eine Projektidee ohne Grundlagenermittlung, ohne Machbarkeitsstudie und ohne behördliche Abstimmung“, resümmiert der Sachverständige.

Oraschs Pläne für den Flughafen umfassen bekanntlich den Bau der sogenannten Aviation City. Dabei handelt es sich um Bürogebäude, Konferenzzentrum, Parkhaus, Hotel, ein Logistik- und Technologiezentrum und eine riesige Photovoltaikanlage (siehe Tabelle oben). Laut Seiser gebe es dafür aber nur eine Projektidee, kein tatsächliches Projekt.

„Ungeeignetes Verfahren unrichtig angewendet“

Seisers zweite Kernaussage betrifft die Auswahl des Verfahrens, also wie Colliers zum Bauzins gelangte. Und dieses Verfahren, die sogenannte Residualwert-Methode, sei für die Wertermittlung „ungeeignet und auch noch unrichtig angewendet“ worden, sagt Seiser. Der bekannte Experte hat sich zwar nicht mit der monetären Bewertung der Gesamtfläche auseinander gesetzt (sondern auftragsgemäß „nur“ das Colliers-Gutachten überprüft), erwähnt aber in einer Stichprobe beispielsweise beim rund 24 Hektar großen Grundstück im Süden (Avilog/Avitech) einen Quadratmeterpreis von 157,50 Euro (laut Immobilienpreis-Spiegel der Wirtschaftskammer). Das wäre fast das Fünffache dessen, was Collier errechnete, das einen Bodenwert von nur 33 Euro im Gutachten auswies.

Schwere Kritik: „Nach Vorgabe des Auftraggebers“

Weswegen Seiser in seiner dritten Kernaussage die Werte, die Colliers ermittelte, ins Visier nimmt: „Unter der theoretischen Annahme einer Umsetzung der Projektidee Aviation City – laut dem zu plausibilisierenden Gutachten – ergeben sich um ein Vielfaches höhere Grundwerte.“ Der ausgewiesene Baurechtszins sei „nach Gutdünken des Sachverständigen“ und „individuellen Vorgaben des Auftraggebers“ zustande gekommen.

„Größter Immobilienskandal seit dem Seenkauf“

Landesrat Martin Gruber (ÖVP), er ist Beteiligungsreferent, spricht von einem „erschütternden Ergebnis“, über das „der Aufsichtsrat der KBV so schnell wie möglich informiert werden muss“. Gruber ortet „den größten Immobilienskandal seit dem Seenkauf“ und einen drohenden „Millionenschaden“. Darin dürfte auch Wahlkampf-Rhetorik mitschwingen, doch die Ergebnisse Seisers geben Gruber Recht. Dem steirischen Experten geht zudem der Ruf voraus, sich nicht instrumentalisieren zu lassen und streng objektiv zu sein.

KBV-Vorstand Martin Payer appelliert, „dass man mir endlich den Weg frei gibt, die Call Option zu ziehen“. Das ist die Rückholung des Flughafens in die öffentliche Hand. Die KBV habe „einen 50 bis 60 seitigen Plan“, wie man den Flughafen wieder flott bekommen könne.

„Es gibt keinen Plan A“

„Der Mehrheitseigentümer (Orasch, Anm.) hingegen hat, wie wir heute von Herrn Seiser gehört haben, gar keinen Plan. Es gibt keinen Plan A“, sagt Payer. „Es gibt nur bunte Bilder“. Das Colliers-Gutachten sei ein „Gefälligkeitsgutachten“. Ob Seiser das auch so sehe, lässt dieser auf Nachfrage vielsagend offen: „Das muss jeder für sich interpretieren.“ Aber nach Vorgaben des Auftraggebers zu arbeiten sei „unzulässig“, erläutert Seiser.

„Schaden schon entstanden“

Laut Payer werde in der nächsten Flughafen-Generalversammlung von der Geschäftsführung, in der wie gesagt Orasch sitzt, ein Antrag auf ein Gesellschafter-Darlehen von 3,7 Millionen Euro eingebracht. 740.000 Euro davon müsste die KBV, also das Land Kärnten, aufbringen. Daran sei messbar, sagt Payer, „dass bereits Schaden entstanden ist“. Man hätte die Flächen nämlich schon längst ausschreiben können, um mit dem daraus resultierenden Bauzins Geld für den Flughafen zu lukrieren.

Wollen „rote“ Aufsichtsräte KBV-Aufsichtsratssitzung verhindern?

Für die nächste KBV-Aufsichtsratssitzung am 7. Februar ist jedenfalls für die nötige Betriebstemperatur gesorgt. Dort soll Seiser den Aufsichtsräten die Mängel am geprüften Gutachten erklären. Das aktuelle Gerücht, dass die SPÖ-nahen Aufsichtsräte, es sind fünf von ingesamt elf, und der FPÖ-nahe Aufseher die Sitzung verhindern und erst nach der Landtagswahl anberaumen wollen, wollte Payer nicht näher kommentieren. Außer: „Da wird wohl jeder seiner Verantwortung für das Landesvermögen nachkommen.“ Sollte, welche Entscheidung in Bezug auf die Call Option auch immer getroffen wird, Schaden für die KBV und damit das Land entstehen, sind die Aufsichtsräte in der Haftung.

2 Kommentare

  1. Ist das jetzt das Waterloo für die SPÖ? Warum soll denn die Call Option nicht längst gezogen werden? Warum erst nach der Wahl darüber reden?

  2. Sehr unterhaltsam, das Theater rund um den Flugplatz.
    Vor allem, wenn man sich vor Augen hält, daß die, welche jetzt nicht müde werden, die Ausschreibung von Flächen einzufordern, die selben sind, die einstmals das neue Klinikum ohne Ausschreibung – „kreative Ausschreibung“ wie das von einem beteiligten Insider genannt wurde – untereinander aufteilten.
    Die wollen einzig den Platz ganz vorne am Trog; unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Wenn hier einer baut, ist das „einer von uns“ und der heißt üblicherweise Kollitsch…
    Und wenn der Seiser moniert, daß es gar kein Projekt gibt, sondern „nur bunte Bilder“ – was für ein Baurecht soll man denn da ausschreiben..?
    Ein Baurechtszins kann sich ja wohl nur aus dem Ertrag aus dem Gebauten ermitteln lassen und nicht aus einem fiktiven Bodenpreis!
    Muss wohl ein sehr freier Maurer aus dem erlauchten Kreis der KBV sein, der ehrenwerte Herr Seiser…

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