
Gestern holte Klagenfurts Bürgermeister Christian Scheider (FSP) zu einem Mäßigungsruf gegen kritische Stimmen in Bezug auf den Bau des geplanten Klagenfurter Hallenbades aus. Auf Facebook beschwerte er sich, dass Sequenzen aus einem Gutachten genommen und publiziert worden seien, um Stimmung gegen das Hallenbadprojekt am Klagenfurter Südring zu machen.
Gemeint ist mit „Gutachten“ die Analyse des Klagenfurter Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers Ulrich Kraßnig, der auf Antrag Scheiders – und Zustimmung einer Stadtsenatsmehrheit – einen Prüfauftrag für den Budget-Voranschlag und die mittelfristige Finanzplanung von der Stadt Klagenfurt bekam. Und dafür 72.000 Euro brutto veranschlagte. Seit Freitag letzter Woche ist dieses Gutachten, Kraßnig selbst nennt es einen „Bericht“, nicht mehr unumstritten: Neos-Chef Janos Juvan zeigte nämlich auf, dass dem Klagenfurter Gemeinderat für die Sitzung im Juli nur ein „harmloses Kurzpapier“ dieses „Berichts“ überreicht wurde, um über den Budgetvoranschlag inklusive Hallenbad abzustimmen. Insgesamt hat der „Bericht“ 139 Seiten, die aber nicht vollends Kraßnig zuzurechnen sind.

100 Millionen Erlös aus EKG
Scheider sagte in seinem gestrigen Facebook-Posting außerdem, dass ein Verkauf oder Teilverkauf der Energie Klagenfurt GmbH (EKG), die in Kraßnigs „Bericht“ 15 Mal genannt wird, „aktuell nicht in den Einsparungs- oder Reformplänen der Stadt enthalten“ sei. Es ist wahrscheinlich, dass Scheider seine Worte mit Bedacht gewählt hat. Denn sein Satz beginnt mit: aktuell. Wie aus einem geheimen Leistungsverzeichnis Kraßnigs nämlich hervorgeht, bewertete dieser die EKG, die die Cashcow der Klagenfurter Stadtwerke ist, in seinem Bericht sehr wohl. Und zwar mit rund 100 Millionen Euro Verkaufserlös im Jahr 2027. Und das obwohl ihm die Stadt offiziell nicht den Auftrag dazu gab.

Auch rote Stadträte bei „EKG-Besprechung“ dabei
Nun liegt die Vermutung nahe, dass Kraßnig Scheider von der Bewertung der EKG noch vor Finalisierung des „Berichts“ informierte. Neben dem Bürgermeister waren am 14. Juli 2024 in einer zweistündigen Besprechung mit Kraßnig auch Vizebürgermeister Patrick Jonke (FSP) und die beiden roten Stadträte Constance Mochar und Franz Petritz dabei. Schwer vorstellbar, dass Kraßnig die vier Stadtsenatsmitglieder nicht von seiner Bewertung und den 100 Millionen Euro informiert hat. Scheider bestreitet das Gespräch gar nicht, sagt aber weiterhin: „Der Verkauf der EKG ist derzeit kein Thema. Wir haben viele Punkte von Experten erheben lassen. Das heißt aber nicht, dass wir alle umsetzen müssen. Die Erhebung ist kein Präjudiz, dass es tatsächlich so kommen muss“, so Scheider auf Anfrage. Dass die EKG aber Thema in der Sitzung mit Kraßnig war, das stimme, sagt Scheider.
Im finalen Bericht geht Kraßnig von einem Verkauf von „40% oder 60% an der Energie Klagenfurt GmbH“ aus. Die Anteilsabgabe solle „unbedingt einer vertieften Evaluierung unterzogen werden“.
Hallenbad ohne Verkauf von EKG-Anteilen „nicht möglich“
SPÖ-Vizebürgermeister Ronald Rabitsch und ÖVP-Stadtchef Julian Geier wollen in der nächsten Gemeinderatssitzung am Mittwoch dieser Woche Dringlichkeitsanträge einbringen, „dass die EKG nicht verkauft werden darf“. Kraßnig hält jedoch fest, „dass die Veräußerung von Anteilen an der EKG als Konsolidierungsmaßnahme jedenfalls in Erwägung gezogen werden sollte, da anderenfalls eine Umsetzung sämtlicher veranschlagter Investitionen (einschließlich des Hallenbads) nicht möglich ist“.
Juvan: Verantwortliche „werden es durchwinken, um eigenen Kopf zu retten“
„Scheider glaubt immer noch, dass 3 mal 3 vier ist. In dieser Situation ist der Gemeinderat gefordert, Schaden von der Stadt abzuwenden“, sagt Juvan, der die Diskussion ins Rollen brachte. „Wer in der aktuellen Situation dem 75-Millionen-Hallenbad zustimmt, trägt Mitschuld, wenn Klagenfurt bald gezwungen sein wird, EKG-Anteile, Grundstücke und Immobilien zum Spottpreis zu verschleudern“, so der pinke Parteichef. „Und diejenigen, die das politisch zu verantworten haben, werden es durchwinken, um ihren eigenen Kopf zu retten.“
Die EKG-Anteile wurden schon einmal verkauft: In der Ära von Alt-Bürgermeister Harald Scheucher (ÖVP) gingen 49 Prozent der STW-Tochter an den Verbund. Erlös: 130 Millionen Euro. Der ehemalige STW-Vorstandschef Romed Karré kaufte sie in der Ära Scheider I um 70 Millionen Euro zurück. Was damals einem Husarenstück glich.
Ein zweites „Husarenstück“ wird es (auch angesichts der möglichen Käufer) wohl nicht geben können. Insofern wäre es mehr als fatal, ein solides, dauerhaft Gewinnanteile bringendes Unternehmen für ein Spassbad zu verscherbeln, das obendrein dauerhaft Zuschüsse benötigt. Ich hoffe sehr, dass sich der „gesunde Hausverstand“ doch noch rechtzeitig meldet und sich der Gemeinde-/Stadräte bemächtigt. Für ein Hallenbad ohne Schnickschnack, das sich ein Städtchen wie Klagenfurt leisten kann, ohne der nächsten Generation das letzte Tafelsilber zu klauen und groteske Schulden aufzubürden.