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Der schlimmste Alptraum des Martin Payer: Einen Flughafen zurückkaufen zu müssen, der nach zweijähriger Investoren-Mehrheit noch maroder ist als unter der vorherigen Führung der öffentlichen Hand.
In der Haut von Martin Payer möchte man nicht stecken: Hinter ihm die Politik, die sich in der zur Groteske geratenden Teilprivatisierung des Klagenfurter Flughafens mit Wortspenden auffällig zurückhält – Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und der zuständige Beteiligungsreferent Martin Gruber (ÖVP) überbrüllen einander im Schweigen. Und vor ihm mit Franz Peter Orasch ein Investor, als dessen liebstes Werkzeug in Verhandlungen nicht gerade das Florett gelten soll. Ein Schelm, wem jetzt das Bildnis vom angst-erstarrten Kaninchen und der Schlange in den Kopf kommt.
Jetzt will Orasch für seine Lilihill-Gruppe eine Anteilserhöhung am Airport von “74,9 auf 89 Prozent” durchdrücken, wie Payer erzählt.
Und niemand fragt: Warum?
Warum? Wenn damit, wie von Payer, er ist Vorstand der Kärntner Beteiligungs-Verwaltung (KBV), gesagt wird, keine massive Ausweitung von Oraschs Rechten am Flughafen und demzufolge auch keine massive Einschränkung der Rechte der Altgesellschafter Land Kärnten (noch 20,08 Prozent) und Stadt Klagenfurt (noch 5,02 Prozent) verbunden sein sollen?
Warum? Für 14 Prozent mehr vom Kuchen? Und diese 14 Prozent plus hemmen Orasch dann nicht mehr, die angekündigten Investitionen in den Flughafen zu tätigen? Zur Erinnerung: Seit 783 Tagen gehört der Flughafen mehrheitlich Orasch. Äußerlich ist in dieser Zeit nicht viel mehr passiert, als dass ein Hangar plattgemacht wurde. In über zwei Jahren. In dieser Zeit bauten andere das Empire State Building. Vor fast 100 Jahren.
Corona? Für alles gut!
Vor über einem Jahr dann die Ankündigung der Lilihill-Gruppe: Milliarden-Investition in den Flughafen. Zu sehen ist davon nichts. Warum? Wegen Corona? Der Lockdown wurde erst am 13. März 2020 verkündet. Das gesamte Jahr 2019 verlief aber passagiermäßig schon flügellahm: Nur mehr 209.278 Fluggäste, minus 8,36 Prozent gegenüber 2018. Und das im ersten vollen Jahr unter Lilihill-Patronanz. Zudem liefen auch die ersten zwei Monate 2020 – also noch vor dem Lockdown – negativ: Minus 14 Prozent Fluggäste im Jänner, minus zehn im Februar. Quelle: Statistik Austria. Das Virus verlängerte den Sinkflug nur.
Alptraum Rückabwicklung
Oder wurden Orasch durch die sogenannte Call Option “Handschellen” angelegt, wie nun sogar von Mitgesellschaftern, der Bürgermeisterin der Stadt Klagenfurt, Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ), in der “Kleinen Zeitung” gesagt wurde? Die Call Option besagt unter anderem, dass der Flughafen unter der Bedingung, dass 100.000 Passagiere im Jahr unterschritten werden, von den Altgesellschaftern zurückgekauft werden kann. Das aber dürfte der schlimmste Alptraum Martin Payers sein: Einen Flughafen zurückkaufen zu müssen, der nach zweijähriger Investoren-Mehrheit noch maroder ist als unter der vorherigen Führung der öffentlichen Hand. Das würde nämlich eine blutige Bruchlandung der Politik bedeuten. Und politisch möglicherweise einen Kopf kosten. Wohl nicht den des Landeshauptmanns, zur Auswahl stünde aber noch der des Beteiligungsreferenten.
Womöglich ist das mit ein Grund, warum die KBV nun plant, ein zweites Gutachten für die nicht betriebsnotwendigen Grundstücke in Auftrag zu geben (lesen Sie dazu bitte die Story “Luftkampf um Grund und Boden” in der Ausgabe 09 des “Kärntner MONAT”). Witzig dabei: Die KBV ist gar nicht Eigentümerin dieser Grundstücke. Es ist die Kärntner Flughafen Betriebs Gesellschaft (KFBG). Herauskommen könnte dabei mitunter ein weitaus niedrigerer Verkehrswert der Liegenschaften als in einem bereits vorhandenen Gutachten aus dem Jahr 2015: In diesem sind die Grundstücke mit einem Wert von 28 Millionen Euro ausgewiesen. Eine Reduktion des Grundstückswerts würde wohl jeden Investor verzücken. Den Steuerzahler halt nicht: Der fliegt statt Business nur mehr Frachtraum. Aber wen hat der schon jemals interessiert?
Bleibt nur zu hoffen, dass aus den Handschellen nicht irgendwann für jemanden Fussfesseln werden.
Mediapartizan.at veröffentlicht das Verkehrswert-Gutachten über die nicht betriebsnotwendigen Grundstücke des Flughafens aus dem Jahr 2015 hier:
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Foto(s): Zacke82, CC BY-SA 3.0
Zu glauben, dass sich der Investor ohne Hintergedanken “Handschellen” hat anlegen lassen, fällt, mit Verlaub, sehr schwer.
Coole Grundstücksspekulation! Wenn der letzte Flieger abgehoben hat beginnt wohl der Wohnbau ( aber nicht der soziale)!
Hoch lebe der Wohltäter