Millionen-Impfkampagne: Klagenfurt immun gegen Brief des Gesundheitsministers, keine „eigenen Werbemaßnahmen zu beauftragen“

Gut eine Million Euro hat die Stadt Klagenfurt vom Gesundheitsministerium überwiesen bekommen. Damit soll eine lokale Impfkampagne durchgeführt werden, die die Stich-Bereichtschaft der Klagenfurter Bevölkerung ankurbelt. Und zwar im Einklang mit der vom Ministerium durchgeführten zentralen Bundes-Covid-Impfkampagne. Dazu gibt es einen Begleitbrief von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), der mit Datum 6. Juli 2022 an den Bürgermeister der Stadt Klagenfurt, Christian Scheider (Team Kärnten), ging.

Brief bei Bürgermeister offenbar nicht aufgeschlagen – oder ignoriert

Doch der Brief des Ministers, der an alle Oberhäupter österreichischer Gemeinden verschickt wurde, die in den Genuss der Kampagnen-Millionen des Gesundheitsministeriums kommen, ist bei Scheider offenbar nicht aufgeschlagen – oder wird ignoriert. Denn Rauch ersucht in seinem Schreiben, das vom Österreichischen Städtebund übermittelt wurde, keine „eigenen Werbemaßnahmen zu beauftragen“. Was jedoch bei der Stadt Klagenfurt unmittelbar bevor steht: Insgesamt drei Agenturen bewarben sich für den Auftrag der lokalen Impfkampagne. Diese sind: Werbe-Urgestein Volkmar Fussi, die Social-Media-Experten von Synelution und der Werbeprofi Christian Smeritschnig von der Firma Big Bang. Erstere zwei, Fussi und Synelution, sollen ihre Aktivitäten laut letzten Informationen offenbar verschränkt haben, so dass unter dem Strich praktisch nur mehr zwei Anbieter im Pitch sind. Sowohl Fussi als auch Synelution sind Agenturen, die im Gemeinderatswahlkampf für Scheider und das Team Kärnten tätig waren. Der Zuschlag an eine der Agenturen soll in den nächsten Tagen erfolgen. Das Pauschalhonorar beträgt 15.000 Euro.

Gesundheitsminister mahnt, keine Alleingänge zu machen

Inseratenkosten offenbar über 100.000 Euro

Von Scheider-Büroleiter Patrick Jonke (Team Kärnten) ist auf Anfrage, warum man gegen die ministeriale Empfehlung handle, keine genaue Auskunft zu bekommen: „Der Städtebund lobt ausdrücklich die Villacher Impfkampagne“, sagt Jonke. In der Draustadt werden die 600.000 Euro, die Rauch über Villach ausschüttet, vornehmlich an Vereine weiter geleitet, damit diese in ihren Reihen und etwa bei Sport- und Kulturveranstaltungen zum Beispiel per Bandenwerbung auf die Corona-Immunisierung hinweisen. Damit fließt das Geld dorthin, wo es wegen der Pandemie ohnehin dringend benötigt wird. Doch in Villach stammt das Konzept zur Kampagne von der städtischen Presseabteilung selbst. „Unsere Agenturkosten machen nur 2.000 Euro aus“, ist aus der Stadtpresse zu erfahren. Für Schaltungen würden außerdem die Bundessujets verwendet. Und die sind laut Gesundheitsminsterium ganz einfach über gemeinsamgeimpft.at/media-bereich/ herunterzuladen. Warum in Klagenfurt trotz der Gesundheitsminister-Depesche eigene Werbemaßnahmen beauftragt werden, kann Jonke nicht schlüssig beantworten.

Unter gemeinsamgeimpft.at kann sich jede Kommune Sujets herunterladen

„Freunde“: Jonke auf „Starnacht“-Foto mit Synelution-Geschäftsführer

Für Inseratenschaltungen sind in Klagenfurt angeblich rund 100.000 Euro vorgesehen. Dies beinhaltet allerdings auch Buswerbung im Umfeld der Stadtwerke, was wiederum dem mittelbaren Vermögen der Stadt zugute käme. Etwa 400.000 bis 500.000 Euro sollen für Vereine reserviert sein, 250.000 für Unternehmen, die bei der Werbeaktion mitmachen und ihre eigenen Kanäle für die Bewerbung zur Verfügung stellen. Der Slogan soll sich um „Gemeinsam was unternehmen“ drehen. Die Anspruchsberechtigung von Vereinen soll über den Vereinsauszug erfolgen, jene von Unternehmen soll die Wirtschaftskammer überprüfen. Die letzten 100.000 Euro des Etats sollen für Merchandising und eben die Agenturleistung drauf gehen. Apropos Agentur: Mit der Synelution nimmt eine Agentur am Pitch teil, die nicht nur im Wahlkampf für Scheider gearbeitet hat. Jonke dürfte mit dem Geschäftsführer der Firma näher bekannt sein. Ein von ihm selbst auf Facebook gepostetes Foto zeigt den Scheider-Büroleiter im September 2021 bei der Starnacht in der Wachau. Er titelt: „Mit unseren lieben Freunden in der wunderschönen Wachhau.“ (sic!) Am Foto besagter Synelution-Chef mit Jonke, der sagt: „Ich bin mit vielen Angenturchefs bekannt.“ Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es auch ein Foto von Smerietschnig mit den SPÖ-Parteigrößen Philip Kucher und Corinna Smrecnik gibt, das eher freizeitlich anmutet.

Fussi: „Wahlkampfrechnungen sind bezahlt“

Gerüchten, dass die Agenturen Fussi und Synelution deshalb eingeladen wurden, um bei einem Auftragsgewinn alte Schulden des TK aus dem Gemeinderats-Wahlkampf zu begleichen, tritt Jonke entschieden entgegen. Er lädt sogar dazu ein, Einsicht in besagte Wahlkampfrechnungen der beiden Firmen zu nehmen. Die dann aber von ihm vorgelesen werden. Und keinen Eingangsstempel aufweisen. Jonke: „Das ist rechtlich nicht nowendig.“ Volkmar Fussi sagt dazu: „Es ist absolut nicht richtig und Nonsens, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen Impfkampagne und Scheiders Wahlkampf gibt. Alle meine Rechnungen sind seit Frühjahr 2021 beglichen. Wir haben eine Anfrage der Stadtkommunikation zur Teilnahme an der Impfkampagne bekommen. Hier mitzumachen ist nichts Ehrenrühriges. Das ist eine unternehmerische Kernfrage. In Folge haben wir mit den Kollegen von Synelution eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, weil die Kampagnenidee eine Dimension angenommen hat, die erforderlich machte, dass wir unsere Kompetenzen bündeln.“ Fussi und Synelution sollen Favoriten für den Auftrag sein.

Das Schreiben des Gesundheitsministeriums
Das Schreiben des Städtebundes

1 Kommentar

  1. Aha, das Pauschalhonorar beträgt angeblich 15.000 Euro und damit finanziert man dann eine Kampagnendimension, die laut Fussi eine Kompetenzbündelung der beiden Agenturen nötig macht? Entweder gibt es reichlich Budget für Folgeaufträge nach den 15.000.– (solche Folgeaufträge muß man dann nicht mehr extra ausschreiben, weil die initialen 15.000.– dann schon über einen Rahmenvertrag abgerechnet werden, den man ohne Ausschreibung erweitern kann) oder der Herr Agenturchef scheint mit der Kampagendimension überfordert. Tippe eher auf Ersteres…

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