„Kasernen-Kameraden“

Seit gestern ist es nicht mehr ganz so umfangreich, über Franz Peter Oraschs Lilihill-Gruppe zu berichten: Journalisten dürfen beim Immobilieninvestor nämlich nicht mehr anfragen, wenn sie Auskunft brauchen. „Wir bitten Sie, bis auf weiteres von direkten Anfragen abzusehen und laden Sie ein, für Ihre faktenbasierte Berichterstattung jederzeit gerne auf www.lilihill.at zuzugreifen“, ließ Mediensprecher Gerhard Seifried gestern wissen. Wäre interessant zu wissen, wes Geistes Kind dieser Schritt ist: Seifried hatte vor seinem Pressesprecher- ja ein langes und erfolgreiches Journalistenleben beim ORF.

Apropos faktenbasiert: Seit gestern ist auch bekannt, dass Dieter Kandlhofer ab Oktober für Lilihill arbeiten wird. Als Geschäftsführer der Lilihill Industries. Kandlhofer war vorher Generalsekretär im von Klaudia Tanner (ÖVP) geführten Verteidigungsministerium (BMLV). Im März des heurigen Jahres deckte ich auf, dass Kandlhofer eine Beteiligung an Oraschs Firma Hydrotaurus C Tech hat (2,5 Prozent). Was nicht nur eine schiefe Optik ergab, sondern Tanner auch eine parlamentarische Anfrage der FPÖ einbrachte. Schließlich war Kandlhofer eine der treibenden Kräfte hinter einem Großkasernen-Projekt, das von Orasch am Flughafen Klagenfurt auf rund zehn Hektar der nicht betriebsnotwendigen Grundstücke gebaut werden sollte. Um über 100 Millionen Euro. Die nun folgenden Fakten wird man im Lilihill-Channel aber vermutlich vergeblich suchen.

Vertrauliches Protokoll

Wegen des nunmehrigen Jobs Kandlhofers bei Orasch drängt sich ein Rückblick geradezu auf. Denn Orasch und Kandlhofer sind sozusagen „Kasernen-Kameraden“.

Protokoll vom 10. Februar 2022

Am 10. Februar des heurigen Jahres treffen sich Orasch, Kandlhofer und die beiden Büroleiter von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und Landesrat Martin Gruber (ÖVP) im Büro der Lilihill. „Ziel der Besprechung ist eine gemeinsame Lösung für die Errichtung der Kaserne aber auch für die sonstigen am Flughafen geplanten Aktivitäten zu finden“, ist dem vertraulichen Sitzungsprotokoll zu entnehmen. Kandlhofer ist zu dieser Zeit noch Generalsekretär des Verteidigungsministeriums – die Nummer zwei hinter Tanner. In der Sitzung, die kurioserweise mit den beiden Büroleitern stattfindet, die keinerlei politische Entscheidungsbefugnis haben, wird rasch klar: Orasch soll den Auftrag zum Bau der Kaserne bekommen. Wie dies ohne Ausschreibung hätte funktionieren sollen, steht nicht in dem Papier.

Errichtung der Kaserne durch Orasch

Im Punkt „Sonstige Vereinbarungen“ wird festgestellt, dass das BMLV die Kaserne will. Und dass „die Errichtung der Kaserne durch die LAC“ erfolgen soll. Die LAC ist Oraschs Lilihill Aviation City Beteiligung GmbH. Sie hält die 74,9 Prozent Oraschs am Flughafen. Auf die Idee, die zehn Hektar Grund direkt bei der Kärntner Flughafen Betriebs GmbH (KFBG) zu kaufen, an der die öffentliche Hand noch immer 25 Prozent hält, kommt Kandlhofer offenbar nicht (siehe Faksimile oben). Das wäre höchstwahrscheinlich auch gegen die Wünsche Oraschs gewesen, der dieses Grundstück damals von der KFBG erwerben will.

Die Call Option, die Möglichkeit zum Rückkauf des Flughafens durch die öffentliche Hand, sollte damals ernsthaft geschwächt werden. Erst wenn in drei aufeinander folgenden Jahren keine 100.000 Passagiere pro Geschäftsjahr erreicht würden, sollten die Alteigentümer die Call Option ziehen können. Und im Fall von Betriebsunterbrechungen oder auch nur -einschränkungen sollte der Rückkauf erschwert werden.

Das Protokoll wird von Orasch, Kandlhofer und den beiden Büroleitern unterschrieben. Der Bau der Kaserne ist darin fix. Das sieht man auch an folgendem Textausschnitt:

Für den Kärnten-Termin Tanners sollte ein Wording betreffend Flughafen-Kaserne gefunden werden

Der Kärnten-Termin der Verteidigungsministerin

Am 17. Februar präsentiert die Verteidigungsministerin im Villacher Congress-Center das Großkasernenprojekt in der Draustadt. „Im Detail“ soll bei dieser Veranstaltung Tanners „nicht über diese Vereinbarung (zur Großkaserne am Flughafen, Anm.) referiert“ werden. Aber ins Trockene will man die Flughafen-Kaserne irgendwie schon bringen: Nicht zu viel verraten, aber „dass die Kaserne gebaut wird“, soll dennoch rüberkommen.

Am 17. Februar präsentiert Tanner das Großkasernen-Projekt in Villach (HBF/Carina Karlovits)

Am 17. März wird wieder ein Schreiben verfasst. Diesmal mit dem offiziellen Briefkopf des BMLV. Offenbar ist es deshalb geschrieben worden, weil relativ schnell klar wurde, dass die beiden Büroleiter von Kaiser bzw. Gruber keine politischen Entscheidungen treffen können und ihr Einfluss auch nicht so weit geht, die Kärntner Beteiligungsverwaltung (K-BV; sie hält die Landesanteile am Flughafen in der Höhe von 20 Prozent) von der Idee zu überzeugen, Orasch das Grundstück für den Kasernen-Bau zu überlassen. Das Schreiben, das von der „Direktion 7 Infrastruktur“ ausgeht, jedoch von Kandlhofer elektronisch gefertigt ist, beginnt demzufolge auch damit, dass „aus Sicht der K-BV die Vereinbarung mit den zuständigen Büroleitern (…) nicht ausreicht (…)“. Mit diesem Brief will man die K-BV also nachträglich ins Boot holen.

Auch diesem Papier ist eine bemerkenswerte Passage zu entnehmen, die mehrere Fragen aufwirft:

Auf Seite 5 des Schreibens geht das Ministerium auf KFBG-interne Themen ein

Was gehen das BMLV die Grundstücks-Verhandlungen Oraschs mit der K-BV an? Was gehen das BMLV Baurechtsvergaben am Flughafen an? Und was geht das Tanner-Ministerium zu allem Überfluss die Call Option an?

Fragen über Fragen, die man Orasch – und Kandlhofer – nun nicht mehr stellen darf.

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Foto: eigen

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