Inseratenschaltungen: Stadt Klagenfurt finanziert Team-Kärnten-PR-Festspiele in Gratisblatt mit

Das Erste, was man in Sachen Marketing in jeder noch so oberflächlichen Uni-Vorlesung hört: Kenne deine Zielgruppe. Und bediene sie treffsicher und scharf mit deinen Werbebotschaften. Das ist deshalb notwendig, weil Werbung und Inserate Geld kosten. Noch mehr, wenn die Werbebotschaften an der Zielgruppe vorbei gehen. Dann spricht man vom sogenannten Streuverlust. Einem geflügelten Begriff aus dem Marketing, den jeder Kommunikationsverantwortliche kennt – und scheut. Dabei geht es um Kontakte, die man erreicht, die aber nichts bringen. Weil sie außerhalb der Zielgruppe liegen und verpuffen. Ein Vegetarier kauft kein Schweins-Wiener.

An 300.000 Personen vorbei geworben

Für die Stadt Klagenfurt aber ist das offenbar kein Problem. In der aktuellen Ausgabe des Gratisblattes „Das Kärnten“ schaltete die Stadt an prominenter Stelle ein ganzseitiges Inserat. Es handelt sich dabei um die letzte Seite, die sogenannte U4. Darauf abgebildet ein Inserat, das ausschließlich die Klagenfurter Bevölkerung adressiert. Die Zeitung geht aber in einer Auflage von „212.000 Stück an die Kärntner Haushalte“. Klagenfurt hat aber nur rund 60.000 Haushalte. Das ist nicht einmal ein Drittel der Gesamtverteilung. Damit verpufft das Inserat bei rund 150.000 Haushalten, in denen schätzungsweise 300.000 Leute leben. Ein Einwohner von Stall im Mölltal fängt mit Klagenfurter Sozialleistungen nichts an. Weil er schlicht nicht anspruchsberechtigt ist.

Die Leistungen können ausschließlich Klagenfurter in Anspruch nehmen. Inserat der Stadt Klagenfurt in „Das Kärnten“, Ausgabe August 2022

Scheider-Referat und sein Hilfsfonds beworben

Das Inserat bewirbt Leistungen, die von der Sozialabteilung oder von Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten) direkt angeboten werden: Klagenfurter Stadtkarte, Klagenfurter Schulstartgeld, Klagenfurter Sozialfonds und der Hilfsfonds des Bürgermeisters. Erstere drei sind Steckenpferde Scheiders und werden von der zu ihm ressortierenden Sozialabteilung ausgelobt.

Listenpreis 9.900 Euro

Würde man den Listenpreis von 9.900 Euro für das Inserat heranziehen und diesen Preis durch die Verteilungsauflage (212.000 Stück) dividieren, würden 4,7 Cent Inseratenkosten pro Stück heraus kommen. Multiplizierte man diese 4,7 Cent mit den mehr als 150.000 Haushalten, für die das Inserat der Stadt Klagenfurt schlichtweg nicht gilt, wären 7.100 Euro (von den 9.900) Steuergeld in den Wind geblasen. „Niemand zahlt Listenpreise“, sagt dazu Stadtkommunikations-Chef Valentin Unterkircher. Die Stadt habe „einen deutlich geringeren Preis bezahlt“, so Unterkircher, der als erfahrener Kommunikations-Experte gilt. Nichtsdestotrotz: Damit verringert sich zwar der Preis für den Streuverlust. Der Streuverlust selbst aber bleibt. Unterkircher betont, dass man für den Preis auch noch eine „Lehrlings-PR-Geschichte im Blattinneren bekommen“ habe. Die allerdings nicht als solche gekennzeichnet ist. Und den Streuverlust auch nur wieder mindert, ohne ihn zu tilgen. Und: Das ist nicht das einzige Inserat der Stadt in der Zeitung. Es gab laut Unterkircher mindestens schon „zwei“.

Die Stadt Klagenfurt betont, sie habe nicht den Listenpreis bezahlt, sondern einen „deutlichen Abschlag bekommen“

Team Kärnten überproportional vertreten

In der Zeitung findet keine andere politische Gruppierung so viel Beachtung wie das Team Kärnten. Mehrere Seiten sind der Partei gewidmet. Parteichef Gerhard Köfer verzeichnet vier Fotos von oder mit ihm. Scheider steht ihm um nichts nach: Auch er ist auf vier Abbildungen zu sehen. Scheider-Büroleiter Patrick Jonke kommt auf zwei Abbildungen. Und Scheider-Mitarbeiter Karl-Heinz Petritz verbucht eine. Damit ist das Team Kärnten in der Zeitung, sie umfasst nur geringe 32 Seiten, politisch überproportional präsent. Team-Kärnten-Chef Köfer inserierte eine ganze Seite in dem Blatt. Neben ihm ist auch die SPÖ mit einer ganzen Seite Werbung vertreten. Doch das ist Parteigeld. Das Inserat der Stadt Klagenfurt ist direktes Steuergeld.

Man kennt sich: Verleger Heinz Knapp (Mitte), links Scheider-Büroleiter Patrick Jonke, rechts Haider-Urgestein und heutiger Scheider-Mitarbeiter Karl-Heinz Petritz, (c) „Das Kärnten“

Wassermann will klagen

In der Zeitung werden in Artikeln auffällig oft Standpunkte des Team Kärnten – vor allem der Klagenfurter Parteigruppierung – vertreten. FPÖ-Stadträtin Sandra Wassermann wird in der Publikation scharf angegriffen. Erstaunlicherweise in zeitlichem Zusammenhang mit Berichterstattung über Scheiders Spesen-Ausgaben. Vor Jahren soll Wassermann als Mitarbeiterin Scheiders in seiner ersten Amtszeit für „chaotische Zustände in der Lagerhaltung“ von Anerkennungs- und Werbegeschenken des Bürgermeisters verantwortlich gewesen sein. „Das Kontrollamt hat Wassermanns Verantwortung äußerst kritisch unter die Lupe genommen und neben drastischen Budgetüberschreitungen noch eine Unzahl an Verfehlungen ans Tageslicht gebracht“, wird Jonke in der Postille zitiert. Das will sich Wassermann nicht gefallen lassen: „Daran ist nichts wahr. Wir werden Klage einbringen.“

„Ich esse gerade zu Abend“

Der Verleger scheint das gelassen zu nehmen. Auf Anfrage hinsichtlich der Wassermann-Kritik gibt er an, dass die Stadträtin „ruhig klagen kann, wenn sie will“. Er habe entsprechende Unterlagen. Auf die Frage, warum er Stadtwerke-Vorstand Erwin Smole in seinem offenbar dem Team Kärnten nahestehenden Blatt als „angezählt“ bezeichnet, sagt Knapp: „Ich esse gerade zu Abend, rufen Sie mich am Montag wieder an.“ Auf jeden Fall gibt es – zumindest visuell – ein Naheverhältnis zwischen ihm, Jonke und Petritz. Das zeigt ein Foto, das in der Zeitung abgedruckt ist.

Am Schluss bleibt eine Frage: Wer hat die Steuergeld-Inserate der Stadt in Knapps Zeitung beauftragt? „Die Stadtkommunikation hat es nur übermittelt“, sagt Unterkircher. Jonke sagt auf Anfrage, es habe keine Einmischung gegeben. „Das müssen schon die Kommunikationsprofis (aus der Stadtkommunikation, Anm.) entscheiden.“

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Franz Miklautz

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