Corona: Stadt federt „Einnahmeausfälle“ bei STW mit bis zu fünf Millionen Euro ab

Vertrauliches Papier: Um die Liquidität der Stadtwerke in Coronazeiten abzusichern, kann der Energieversorger bei möglichen Einnahmenausfällen bis zu fünf Millionen Euro Kredit bei der Stadt Klagenfurt abrufen. Bis dato offenbar noch kein Bedarf.

Das Dokument trägt die Magistratszahl 34/0303/2020. Und es enthält sensible Details über einen Kreditdeal zwischen der Stadt Klagenfurt und ihrer 100-Prozent-Tochter, den Stadtwerken Klagenfurt (STW). Von coronabedingt potenziellen „Liquiditätsengpässen“ beim Energieversorger ist da die Rede. Und von – wiederum pendemiebedingten – möglichen „Einnahmeausfällen“. Aber der Reihe nach.

Bis zu fünf Millionen Euro

Das Papier ist nur zwei Seiten stark, aber bis zu fünf Millionen Euro schwer: Bis zu dieser Höhe will die Stadt den STW beispringen, sollte es beim Energieversorger zu coronabedingten „zwischenzeitlichen Einnahmeausfällen“ kommen:  „Die vorherrschende Liquiditätssituation der Landeshauptstadt Klagenfurt (…) würde es zulassen,“, heißt es in der Unterlage, „der Stadtwerke Klagenfurt AG zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen einen Kredit zu gewähren. (Höchstausmaß voraussichtlich EUR 5 Millionen)“.

Begründet wird der mögliche Millionenkredit damit, dass die STW-Tochter Energie Klagenfurt GmbH (EKG) ihren „Kunden Stundungen gewähren“ soll. Bemerkenswert ist das Datum auf dem Deckblatt des Antrags: 19. März 2020. Das wirft die Frage auf, ob die STW schon am Tag vier des Lockdowns wussten, dass sie etwaige Einnahmenausfälle der EKG nicht oder nicht gänzlich schultern würden können, ohne ihre Liquiditätsreserven anzuzapfen? Auf der anderen Seite dürfte natürlich auch die Sorgfaltspflicht des ordentlichen Kaufmannes eine Rolle gespielt haben. Auf Seite zwei des Papiers, dem eigentlichen Antrag, heißt es dazu: Im Zusammenhang mit der coronabedingt „verursachten Gewährung von Stundungen an (…) EKG Kunden, können der Stadtwerke Klagenfurt AG bei Gefahr einer Unterschreitung von 8 Millionen Euro Liquiditätsreserve Kredite seitens der Landeshauptstadt Klagenfurt a.W. gewährt werden.“ Sprich: Wenn´s eng wird, springt der Steuerzahler ein.

0,732 Prozent plus 50 Basispunkte

Der Deal scheint, zumindest was das Wording am Antrag betrifft, fix zu sein: „Deshalb sind geeignete Kreditverträge auszuarbeiten und zwischen dem Kreditnehmer (STW Klagenfurt AG) bzw. Kreditgeber (Stadt Klagenfurt) abzuschließen.“ Auch die Konditionen sind festgeschrieben: „Die Verzinsung hat sich an der durchschnittlichen Effektivverzinsung der Stadt Klagenfurt zu orientieren (derzeit 0,732 % p.a.) und darf mit einem maximalen Aufschlag von 50 Basispunkten für einen Zeitraum von längstens einem Jahr gewährt werden“, verrät das Papier.

Ob die Kredite von den STW schon abgerufen wurden und warum man für den möglichen Kredit nicht bei der Hausbank vorstellig wurde, dazu – und zu anderen Fragen – schweigt das Unternehmen. Wie auch Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ). Sie ist Eigentümervertreterin. Von mit der Causa vertrauten Personen ist jedoch zu hören, dass die STW noch keinen Euro abgerufen hätten.

Auswirkungen auf Hallenbadbau?

Andererseits könnte es sich bei dem Kreditdeal auch um eine Maßnahme handeln, die auf politischen Druck zustande gekommen ist: „Wirtschaftsförderung“ durch Strompreisstundungen. Eine dritte Möglichkeit wäre, dass der Energieversorger seine Bonität bei Banken schont, um später benötigte Kredite für den Neubau des Hallenbads nicht zu gefährden. Aus einem vertraulichen Papier, das zum Jahreswechsel 2019/20 entstanden ist, geht hervor, dass die STW maximal 16 Millionen Euro – bei vom Rechnungshof angegebenen bis zu 44 Millionen Gesamtbaukosten – zum Hallenbad beisteuern werden können. Und das nur über Kredite. Je weniger Stadt und Stadtwerke aber selbst in die Hand nehmen, desto höher sind Spielraum, Begehrlichkeiten und letztlich Machtfülle potentieller Investoren beim neuen Hallenbad. Und das vor dem Hintergrund, dass die Stadt in den Ausschreibungsunterlagen zur sogenannten Innovationspartnersuche deponiert hat, den „geringstmöglichen finanziellen Einsatz“ leisten zu wollen.

Kontrollausschuss: Stelldichein der Unsichtbaren

Unterdessen fand am 2. Juni relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit eine Kontrollausschuss-Sitzung des Kärntner Landtages zum jüngsten Rechnungshof-Bericht über die STW statt (Prüfzeitraum: 2014 – 2017). Eine Formalität, wie SPÖ-Abgeordneter Anton Leikam erklärt: „Rechnungshofberichte werden vom Landtag automatisch behandelt.“ Eine demokratiepolitische Pflichtübung also. Der von zehn Geladenen aber nur Ex-STW-Vorstandsvorsitzender Romed Karré als Auskunftsperson nachgekommen ist. Alle anderen blieben unsichtbar. Ausschuss-Vorsitzender Gernot Darmann ist dennoch zuversichtlich: „Die Abwertung des Vermögens der STW könnte noch brisant werden“, sagt der Klubobmann der FPÖ Kärnten. Er spielt damit auf die massive Abwertung der EKG in der Bilanz 2018 an. Damals war der Wert der STW-Stromtochter von 142 auf 75 Millionen Euro fast halbiert worden. ÖVP-Ausschussmitglied Christian Benger sagt gar, „das, was Karré damals zum Vorteil erarbeitet hat, scheint zum Nachteil der Stadt wieder verpufft zu sein“.

Bedenkt man, dass Bengers Parteikollege Markus Geiger in Klagenfurt in einer Koalition mit der SPÖ sitzt, könnte damit der Wahlkampf für die Gemeinderatswahl 2021 eröffnet worden sein.

2 Kommentare

  1. Ich verstehe das nicht ganz: einerseits wird immer darauf gepocht, dass die STW als AG unabhängig agieren müsse, zu Gewinn verpflichtet sei, deshalb die Preise (mit denen die Bürger meistens zwangsverpflichtet geschröpft werden) weit über dem Durchschnitt liegen dürfe und der ganze übliche neoliberale Blahblah… andererseits muss für jeden finanziellen Engpass der Klagenfurter Steuerzahler einspringen!?
    Nein, danke!

  2. Die Entwicklung, die die Stadtwerke seit dem Wirken der jetzigen Bürgermeisterin genommen haben, ist deprimierend. Leitende Mitarbeiter wurden entfernt und mussten teilweise teuer abgefunden werden, in der Bilanz 2018 wurde das Vermögen durch eine unverständliche Abwertung der EKG massiv reduziert. Der Wirtschaftsprüfer wird auch nach fünf Jahren nicht gewechselt. Seit der Stadtsenat auch noch in Personalunion den Aufsichtsrat der Stadtwerke bildet, kann von Unabhängigkeit keine Rede mehr sein. Die Gewinnentwicklung ist bescheiden. Es wäre somit kein Wunder, wenn sich die STW bei Banken nur unter viel schlechteren Bedingungen Kredite beschaffen könnten.

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