Pleitekandidat Klagenfurt: Jetzt steht Familiensilber vor dem Verkauf

Das Klagenfurter Rathaus
Das Klagenfurter Rathaus

Kommentar

Diese Woche bekam die Klagenfurter Kommunalpolitik die Leviten gelesen. Die ehemalige Chefredakteurin der Kleinen Zeitung, Antonia Gössinger, teilte den Rathaus-Oberen über ihr ehemaliges Blatt mit, was viele Bürger denken, vor lauter Peinigung und Politverdrossenheit aber nicht mehr aussprechen: „Die Inkompetenz hauptverantwortlicher Politiker und Machenschaften des Magistratsdirektors haben nicht nur fatale finanzielle Auswirkungen. Längerfristig werden immer mehr Klagenfurterinnen und Klagenfurter Opfer der verfehlten Politik werden (…).“

Einwohner werden für verantwortungslose Politik zur Kasse gebeten

Wie Recht Gössinger mit ihrem Kommentar hat, zeigt ein exklusiver Blick in die am kommenden Montag über die Bühne gehende Klausur für den Budgetvoranschlag 2024. Wir erinnern uns: Zwei hochrangige Finanz- und Rechnungswesenmitarbeiter der Stadt hatten gemeinsam mit Magistratsdirektor Peter Jost einen gepfefferten Warnbrief an Bürgermeister Christian Scheider und den Stadtsenat gerichtet, der Stadt würden 40 Millionen Euro fehlen, um für das nächste Jahr budgetieren zu können. Eine Pleite stand im Raum, sollte die Politik beim Hallenbad, das Unkenrufen zufolge weit mehr als 70 Millionen Euro (anstatt 50) kosten könnte, nicht auf die Notbremse steigen und das Megaplanschbecken redimensionieren. Wogegen sich Scheider & Co. jedoch wehren.

Stadteigene Reihenhäuser und Wohnungen sollen veräußert werden

Dass die in den letzten zwei Jahren auf Höchstflamme glühende Politik der verbrannten Erde bei der Klagenfurter Bevölkerung tiefe Einschnitte, wenn nicht Wunden hinterlassen wird, wird mit dem Blick in die Budgetklausur klar: Beim stadteigenen Betrieb Klagenfurt Wohnen wird es laut einem Insider nämlich nicht nur so sein, dass der städtische Wohnungsbestand (oder Teile davon) ausschließlich per Baurecht an gemeinnützige Betreibergenossenschaften übergeben werden sollen. Nein: Zumindest einzelne Stücke wie Wohnungen oder Reihenhäuser aus dem Bestand sollen (auch) zur Aufbesserung der Stadtkassa veräußert werden. Das war vor einigen Monaten schon einmal der Plan, da sprach man im Magistrat von bis zu 300 Wohnungen (von insgesamt über 3.000), die über den Ladentisch gehen sollten. Übrigens: Der neue Chef von Klagenfurt Wohnen soll bereits feststehen. Er soll mit Nachnamen gleich heißen wie Scheiders Vor-Vor-Vorgänger: Scheucher. Der Neueinsteiger kommt aus Wien und soll mit dem damaligen Bürgermeister Harald Scheucher nichts gemein haben.

Volksschule Wölfnitz unterm Hammer

Aber nicht nur Wohnungen sollen vergeben werden. In der Klausur am Montag soll genauso besprochen werden, dass Grundstücke und Liegenschaften der Stadt verkauft werden sollen. Im Rathaus möchte dazu niemand Stellung beziehen, jeder druckst herum. Hinter vorgehaltener Hand weist dann ein Eingeweihter darauf hin, dass – anstatt sie zu sanieren – Stadtobjekte verscherbelt werden sollen. Als Beispiel für einen Verkauf wird die Volksschule Wölfnitz genannt. Bei dieser allein wird es aber wohl nicht bleiben. Der Ausverkauf von Steuerzahlereigentum nimmt damit wahrscheinlich erst seinen Ausgang. Das ist die direkte Folge einer völlig verschlafenen und nicht vollzogenen Organisations- und Strukturreform und kostet die Stadt nun ihr Familiensilber.

Stadtwerke sollen komplette „Ostbucht-Aktivitäten“ erhalten

Aber nicht nur die Grundstücke des Steuerzahlers, auch stadteigene Firmenanteile stehen in der Überlegung, verkauft zu werden. So etwa die fünf Prozent Eigentum am BUILD Gründerzentrum, die an die Betriebsansiedlungsgesellschaft Babeg vergeben werden sollen. Gleichzeitig soll eine noch nicht näher definierte Freizeit GmbH – zusammen mit den Stadtwerken – gegründet werden. In diesen sollen angeblich die „Ostbucht-Aktivitäten“ am Wörthersee gebündelt werden. Und auch dort soll, wie man hört, der Bürger zur Kasse gebeten werden: Die Parkplätze beim Strandbad werden mit hoher Wahrscheinlichkeit vergebührt. Hintergund dieses Angriffs auf das Bürgergeldbörsel könnte sein, dass die STW unpopuläre Entscheidungen treffen können, ohne dass Politiker direkten Stimmenverlust befürchten müssen. Man kann sich immer auf den Standpunkt zurückziehen: Die waren´s. Ich nicht!

Bustickets empfindlich teurer?

Die Klagenfurt Mobil GmbH (KMG) betreibt die Busflotte in der Landeshauptstadt. Der Zuschuss für den Betrieb, er gehört zu den Stadtwerken, soll eingefroren werden. Das bedeutet, dass die Tickets für Busse empfindlich teurer werden könnten.

Sterben mit den Stadtwerken

Die Klagenfurter Friedhöfe sollen künftig unter STW-Flagge firmieren und nicht mehr von der Stadt betreut werden. Jedenfalls ist auch das Thema in der Budgetklausur. Bonmot am Rande: Auf einem der Friefhöfe, es handelt sich um jenen in Viktring – auch er im Stadteigentum – ist bereits seit 1971 ein Pfandrecht zugunsten des Landes Kärnten eingetragen. Höchstbetrag: 743.300 Schilling. Womöglich wurde aber nur vergessen, das Pfandrecht zu tilgen. Der große Unterschied zwischen der Betreuung durch die Stadt und jene durch die STW: Die STW sind eine Aktiengesellschaft und zur Gewinnmaximierung gesetzlich verpflichtet.

Seniorenbetreuung soll völlig aus der Hand gegeben werden

Der Budgetmisere fällt auch das Seniorenheim Hülgerthpark zum Opfer. Dort soll offenbar zur Gänze ein neuer Gesellschafter Einzug halten. Bisher war immer davon die Rede, dass die Stadt eine Sperrminorität behalten wolle. Das ist jetzt offenbar nicht mehr der Fall. Allerdings soll die Liegenschaft per Baurecht vergeben werden. Die beiden Bewerber um das Cockpit im Hülgerthpark: Angeblich Diakonie und Volkshilfe. Der Gewinner soll einen geringen Baurechtszins bezahlen, ein Abgang in den Büchern der Stadt bleibt aber offenbar vom Steuerzahler zu tilgen.

Ordnungsamt bekommt Daumenschraube angesetzt

Das Ordnungsamt bekommt offenbar einen Deckel, einen sogenannten Abgabendeckel aufgesetzt. Das bedeutet, dass die Einheit zwar nicht abgeschafft, dass dort aber extrem eingespart werden soll. Die Rede ist von „ein paar Hunderttausend Euro“. Das Ordnungsamt soll in Hinkunft stadteigene Geschäftsstellen wie etwa das Sozialamt „beschützen“.

Tröstlich: Auch die von Anfang an nötig gewesene, jedoch mit Weh und Schmerz verbundene, Aufgaben- und Strukturreform soll in der Budgetklausur besprochen werden. Allerdings erst nachdem man sich darauf geeinigt hat, was alles verscherbelt werden soll. Was wiederum bezeichnend ist.

Diese Satellitenpolitik der eigenen Interessen zur Verantwortung ziehen

Es ist zu wenig, die Schuld für die leeren Kassen bei der nächsthöheren Ebene zu suchen. Es ist zu wenig, Land und Bund für die Kassenmisere im Klagenfurter Rathaus verantwortlich zu machen. Ja, die Gemeinden kämpfen mit Geldknappheit. Aber kluge Leader sind auf genau solche Durststrecken und Finanztäler vorbereitet. Sind gewappnet für schlechte Zeiten. Vorsorge trifft die Klagenfurter Politik aber ausschließlich für sich selbst oder die Ihren. Da werden Gefolgsleute versorgt als gäbe es kein Morgen. Auf der Strecke bleibt der Bürger und die Bürgerin, die wegen des Politversagens nicht nur ihr Volksvermögen verlieren, sondern auch noch tief in die Tasche greifen müssen, um diesen „Sumpf“ (Gössinger) zu finanzieren. Es wird Zeit, diese Politik zur Verantwortung zu ziehen.

1 Kommentar

  1. Wie sehr die Politik unfähig ist unser Geld, das Geld der Steuerzahler zu verwalten, zeigt eine Notiz aus der heutigen Rede der Finanzrferentin des Landes Kärnten mGabi Schaunig. Im Budgetvoranschlag 2024 müssen rd. € 46 Mio nur für den Abgang aus dem Titel Verkauf der Wohnbauförderungen aufgewendet werden. Warum? Weil die Landesregierungen unter Führung der FPÖ 2001, 2010 u. 2011die WBF zur Abdeckung der jeweiligen Budgets unter Wert veräußerten. Das war gut für WBF Bezieher. Schädigt jedoch über Jahre das Landesbudget.

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