Hoher Mitarbeiter mit 1.400 Überstunden: Neuerlicher Skandal im Klagenfurter Rathaus oder jahrelang gehortete Plusstunden?

Mehr als acht Monate Zeitguthaben: Erneut schlagen Überstunden hohe Wellen im Klagenfurter Rathaus / (c) maphke
Mehr als acht Monate Zeitguthaben: Erneut schlagen Überstunden hohe Wellen im Klagenfurter Rathaus / (c) maphke

Es ist rund zwei Jahre her, dass durch den Kärntner MONAT und Mediapartizan.at beachtliche Überstundenzahlungen an den ehemaligen Klagenfurter Magistratsdirektor Peter Jost und auffällig hohe Gehaltskosten für den damaligen Büroleiter von Bürgermeister Christian Scheider (LS), Patrick Jonke, veröffentlicht wurden. Die Recherchen gingen durch alle Medien. Jost verdiente 2022 neben seinen rund 200.000 Euro Bruttogehalt knapp 66.000 Euro brutto mit Überstunden. Jonkes Kosten, er war bis März 2022 Leasingmitarbeiter, gingen im Lauf von mehreren Monaten weit über die mit der Leasingfirma vereinbarten Monatsraten hinaus. Der Grund unter anderem: Geleistete Überstunden.

Jost wurden damals 800 Überstunden ausbezahlt, die insofern einzuschränken sind, als darin auch eine Entschädigung für seine Geschäftsführertätigkeit in der Sportpark GmbH enthalten war. Die gehört der Stadt Klagenfurt. Das Rathaus bezifferte die monatliche Apanage für die Geschäftsführertätigkeit Josts damals mit unter 700 Euro.

Doch Josts 800 geleistete Überstunden aus dem Jahr 2022, die zu einer breiten öffentlichen Diskussion führten und für einen Eklat im Klagenfurter Gemeinderat sorgten, werden nun im Vergleich mit neuen Unterlagen in den Schatten gestellt.

Überstunden horten

Denn einer der Untergebenen Josts, es ist ein ranghoher Rathaus-Bediensteter, packte noch 600 Überstunden mehr auf sein Zeitkonto als Jost 2022 ausbezahlt wurden: 1.400 Plusstunden weist dieses Konto auf, wie auf dem Faksimile unten ersichtlich ist. Würde man dies auf eine Regelarbeitszeit von 174 Stunden pro Monat – also eine 40-Stunden-Woche – anwenden, könnte der besagte Mitarbeiter mehr als acht Monate dem Dienst fern bleiben, ohne auch nur einen einzigen Urlaubstag zu verbrauchen.

Das Zeitkonto des ranghohen Magistratsbediensteten zeigt 1.400 Überstunden

Das 1.400-Stunden-Guthaben taucht in der Abrechnung September 2023 auf. Und es ist die höchste Überstundenanzahl, die bis dato aus dem Klagenfurter Rathaus bekannt geworden ist. Zumindest bis September 2023 wurden diese Überstunden höchst wahrscheinlich nicht ausbezahlt. Das lässt sich an der Spalte “Ausbezahlt” erkennen, die leer ist. Die 1.400 Einheiten dürften mehr als 50.000 Euro brutto schwer sein.

Wie ein Insider heute preisgab, gibt es im Klagenfurter Rathaus zwei Vorgangsweisen, mit Überstunden umzugehen: Einerseits könne man sich die Mehrstunden auszahlen lassen. Andererseits bestehe bei vielen Kollegen das Ziel, die Überstunden zu horten, um dann vor der Pensionierung bei vollem Gehalt dementsprechend früher aufhören zu können. Welche der beiden Vorgangsweisen es bei diesem oder dieser Beschäftigten sein könnte, wollte die Stadt auf Anfrage nicht bekannt geben. Wie sie aus Datenschutzgründen auch keine Auskunft darüber gab, seit wann die Überstunden angehäuft wurden. Nur so viel: “Es kann beispielsweise sein, dass sich die Zahl der Überstunden bereits über Jahre aufgebaut hat, manchmal auch über Jahrzehnte. Dies betrifft dann auch unterschiedliche politische Vorperioden.”

Scheider: Überstundenmonitoring

Bürgermeister Scheider sagt, er sei mit dem konkreten Fall nicht vertraut. Er habe aber “per Dienstanweisung verordnen lassen, dass Überstunden größtmöglich zu vermeiden sind und die Zeit genutzt werden soll, Überstunden in Form von Zeitausgleich abzubauen”. Darüber hinaus habe er “den Auftrag gegeben, ein lückenloses Überstundenmonitoring im Magistrat einzuführen”. Das werde “derzeit von der neuen Magistratsdirektorin umgesetzt”.

Der oder die betreffende Beschäftigte wollte heute auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben, wolle dies aber nachholen.

Auch neuer Stadtvize mit ergiebigen Überstunden

Doch der ranghohe Mitarbeiter ist nicht der einzige, der eine stattliche Überstundenanzahl aufweist. Auch Scheiders ehemaliger Büroleiter Patrick Jonke soll auf einem Guthaben von rund 1.000 Überstunden sitzen. Jonke ist seit 29. April 2025 neben Scheider und Ronald Rabitsch (SPÖ) zweiter Vizebürgermeister der Landeshauptstadt. Im März 2022 wurde die vormalige Leasingkraft Jonke in den Stadtdienst übernommen. Und ab diesem Zeitpunkt soll er die Überstunden als Scheiders Bürochef geleistet und angehäuft haben. “Ich habe mein Bestes für die Stadt gegeben”, sagt Jonke. “Außerdem: Das ist ein Zeitraum von drei Jahren. Bei 52 Wochen pro Jahr sind das gerade mal fünf oder sechs Überstunden in der Woche. Ich hab mir während dieser Zeit keinen Cent auszahlen lassen.” Jonke ist als Workoholic bekannt.

Bei angenommenen 174 Stunden Regelarbeitszeit pro Monat hätte Jonke als Angestellter hypothetisch fast ein halbes Jahr durchgehend blau machen können, ohne auch nur einen einzigen Urlaubstag zu verbrauchen. Da er aber Ende April Vize-Stadtchef wurde, will er sich den Überstundenpolster auszahlen lassen. Die Plusstunden sollen einen Gegenwert von rund 20.000 Euro netto haben, sagt Jonke, der die Anzahl von 1.000 Einheiten nicht bestätigen will: “Aber das können Sie so schreiben. Ich werde rechtlich nicht gegen Sie vorgehen”, sagt Jonke. Der Antrag zur Auszahlung liege momentan in der Magistratsdirektion zur Bearbeitung.

Reaktionen: “Scheider soll Personalreferat abgeben!”

Der Bericht über die neuerlich hohen Überstunden im Klagenfurter Rathaus löste einen Tag nach Erscheinen scharfe Kritik aus. SPÖ-Vizestadtchef Ronald Rabitsch fordert wegen Jonkes Überstunden von Bürgermeister Scheider, dass dieser “das Personalreferat abgibt und in andere Hände legt. Nur so kann verlorenes Vertrauen zurückgewonnen werden”. Es sei offensichtlich, “dass unter der Verantwortung von Christian Scheider das Personalreferat nicht im Sinne von Fairness und Transparenz geführt wird”.

Personalausschuss-Obmann Martin Lemmerhofer (SPÖ) zeigte sich empört: „Dass Vizebürgermeister Jonke mittlerweile rund 1.000 Überstunden angehäuft hat – trotz des Überstunden-Skandals im Jahr 2022 – ist moralisch höchst fragwürdig”, so Lemmerhofer und fragt in einer Pressemitteilung: “Sieht Jonke den Magistrat als Selbstbedienungsladen?” Er bestehe darauf, “dass Vizebürgermeister Jonke umgehend alle Überstunden offenlegt – inklusive Dienstzeiten, Anlässe und Genehmigungen”. Scheider könne sich als Personalreferent nicht wegducken. “Wer hat diese Überstunden überhaupt genehmigt?”, so Lemmerhofer.

Jonke solle “auf Auszahlung der Überstunden verzichten”

“Ich fordere den Vizebürgermeister auf, auf die Auszahlung seiner Überstunden zu verzichten. Er hat in seiner Funktion eine Vorbildwirkung gegenüber dem ganzen Magistrat. Es kann ja nicht sein, dass sich einige wenige die Taschen vollstopfen, während die übrigen Mitarbeiter wegen der Finanzsituation auf die beschlossene Gehaltserhöhung warten und überall sparen sollen”, reagiert FPÖ-Klagenfurt-Klubobmann Andreas Skorianz auf die Überstundenstory zu Patrick Jonke.

Ihm, Skorianz, sei es rätselhaft, wie Jonke in der kurzen Zeit seit seiner Übernahme als Magistratsmitarbeiter schon wieder rund 1.000 Überstunden angehäuft haben soll. Wie erwähnt war Jonke bis März 2022 Leasingmitarbeiter. Der Stadtrechnungshof, so Skorianz weiter, habe schon 2023 Jonkes damalige 691 Überstunden kritisiert. Und schon damals seien Tätigkeitsüberschneidungen Jonkes zwischen seinem Dienst für die Stadt und seiner politischen Arbeit festgestellt worden. Skorianz pocht darauf, dass auch im aktuellen Fall eine mögliche neuerliche Tätigkeitsüberschneidung geprüft werde. Er glaube, dass sich 1.000 neuerliche Überstunden Jonkes mathematisch nicht ausgehen würden: Jonke sei zuletzt vermehrt politisch unterwegs gewesen und zudem als Unternehmer tätig.

“Das ist schäbig”

Auch Neos-Klagenfurt-Chef Janos Juvan reagierte: “Jonke ist Teil des Finanzdesasters in Klagenfurt. Dass sein Chef, Christian Scheider, einen äußerst nachlässigen Umgang mit der Gewährung von Überstunden pflegt, wusste er und genau das will er jetzt offenbar zu seinem persönlichen Vorteil nutzen. Das ist nicht nur unverantwortlich, das ist schäbig.”

“Wie ein politisches Rumpelstilzchen”

Auf die SPÖ-Vorwürfe reagiert nun wiederum Scheider: „Ich halte fest, dass sämtliche Überstunden, die Patrick Jonke geleistet hat, nicht von mir, sondern von der Magistratsdirektion genehmigt wurden.“ Scheider fragt, warum die Maßnahmen, die er – wie oben weiter erwähnt – nun getroffen habe, nicht schon währenddessen passiert seien, “als die SPÖ den Bürgermeistersitz sowie das Personalreferat inne hatte?” Das war von 2015 bis 2021 der Fall. Die SPÖ hätte “genug Zeit gehabt, das Überstundensystem zu stoppen”, so Scheider. “Passiert ist nichts, alles wurde akzeptiert, wie es war. Vizebürgermeister Rabitsch agiert wie ein politisches Rumpelstilzchen” und kenne sich nicht aus, so Scheider.

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