Warum Jürgen Dumpelnik (Mit-)Autor seines Bestellungs-Antrags war, die in Umlauf geratene Datei aber eine Fälschung sein könnte

Das Klagenfurter Rathaus (c) Stadtkommunikation/Helge Bauer
Das Klagenfurter Rathaus (c) Stadtkommunikation/Helge Bauer

Am 29. April platzte die Bombe: Jürgen Dumpelnik, aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Peter Jost als Klagenfurter Magistratsdirektor, soll den Stadtsenatsantrag für seine eigene Bestellung selbst verfasst haben. Nicht etwa nur drüber geschaut und da und dort korrigiert, wie man es vielleicht von Verträgen gewöhnt ist, bevor man sie unterzeichnet. Nein, Dumpelnik scheint auf einem einschlägigen Screenshot als Autor, also Urheber der Datei auf. Der Name darunter, es ist vermutlich jener einer Mitarbeiterin aus dem SPÖ-Club, die das Schriftstück innerhalb der roten Partei koordiniert hatte, ist (zurecht) unkenntlich gemacht. Sie war die Person, die die Datei im Erstellungsprozess wahrscheinlich als letztes verändert und gespeichert hatte.

Der in die Medien gelangte Screenshot zeigt Dumpelnik als Autor der Datei, die am 7. April um 21.11 Uhr abends erstellt wurde. Das Datum wird noch eine wichtige Rolle spielen.

Nachdem publik wird, dass Dumpelnik sich seine Bestellung zum Magistratsdirektor selbst gebastelt haben soll, steht das politische Klagenfurt Kopf. Allen voran der rote Vizebürgermeister Philipp Liesnig, der eine enge Freundschaft zu Dumpelnik pflegt und mit ihm eine Firma namens GOLD Consult besaß, kommt massiv unter Beschuss. Ihm wird vorgeworfen, das Klagenfurter Rathaus rot einfärben zu wollen, denn Liesnig bestand darauf, dass Dumpelnik Magistratsdirektor wird. Der ist zusammen mit dem Ebenthaler Amtsleiter Michael Zernig ex aequo als Bestgereihter aus dem Objektivierungsverfahren hervorgegangen. Er hat eine ausgeprägte und dicht gesponnene SPÖ-Vergangenheit und war unter anderem Landtagsdirektor in der Steiermark.

SPÖ-Mitarbeiterin lüftet Geheimnis

Am 3. Mai erfolgt der endgültige Todesstoß für die Roten: Die oben erwähnte SPÖ-Mitarbeiterin packt aus und erklärt gegenüber der Magistratsdirektion, dass Dumpelnik der Autor seines eigenen Bestellungsantrages sei. Daraufhin meldet sich Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten) in einem offenen Brief demonstrativ staatsmännisch zu Wort: „Als Personalreferent ist es meine Pflicht, die betroffene SPÖ-Mitarbeiterin zu schützen. Auf Grund der mir vorliegenden Protokolle habe ich diese mit sofortiger Wirkung einer anderen Abteilung zuweisen lassen“, so Scheider in einer Presseaussendung am 3. Mai. In besagtem Protokoll, es umfasst drei Seiten, erklärt die Mitarbeiterin die Entstehungsgeschichte der Datei und welche Personen in die Erstellung involviert waren. Ihre Aussagen stimmen mit den Recherchen von Mediapartizan.at überein. Dennoch hat die in Umlauf gebrachte Datei, die Dumpelnik letztlich den Fall bescherte, einen gehörigen Haken.

Chatströme analysiert

Mediapartizan.at analysierte die Chatströme zwischen der Mitarbeiterin und involvierten SPÖ-Politikern bzw. Dumpelnik. Und dabei sticht eine Auffälligkeit ins Auge: Der Anfangs-Antrag stammt nicht vom 7. April um 21.11 Uhr, wie es der Screenshot oben suggeriert. Begonnen wurde der Text für die Bestellung Dumpelniks schon früher, jedenfalls – und das ist belegt – bereits einen Tag vorher, am 6. April. Das bezeugt auch die SPÖ-Mitarbeiterin im Protokoll, das vor Magistratsdirektor-Stellvertreter Stéphane Binder und zwei weiteren Rathausmitarbeitern aufgenommen wurde. Sie sagt, sie habe die Datei am 6. April von SPÖ-Stadtrat Franz Petritz per Whatsapp übermittelt bekommen.

Das wird von Petritz auf Anfrage bestätigt. Mediapartizan.at liegt dazu auch ein Bildbeweis vor. Diese Datei trägt (noch) den eigentümlichen Namen „Entwurf Sitzungsvortrag Bestellung [1]“. Eigentümlich deshalb, weil das Wort „Sitzungsvortrag“ im Klagenfurter Rathaus nicht verwendet wird. Es wird aber 40 Kilometer westwärts gebraucht: Im Villacher Magistrat. In Klagenfurt heißen solche Unterlagen lediglich Stadtsenatsantrag.

Villach-Bezug getilgt

Am nächsten Tag, dem 7. April, wird die von Petritz übermittelte Datei von der SPÖ-Mitarbeiterin geöffnet, geändert und abgespeichert. Und zwar unter einem neuen Namen: „Entwurf_Antrag_BeAnstellungMagdirektor“. Damit ist der Villach-Bezug getilgt. Diese Datei hat den gleichen Beginn-Zeitstempel wie jene, die später per Screenshot in den Medien auftauchen wird: 21:11 Uhr. Am 7. April. Ein Sonntag. Um 22:10 Uhr schließt die Mitarbeiterin die Datei wieder.

Ungereimtheit in der Datei

Um 22:14 Uhr schickt sie die Datei dann an Liesnig, um 22:15 Uhr an Petritz. Beide Male per Whatsapp. Das ergibt der Vergleich der Protokollangaben mit den Chats von Liesnig bzw. Petritz und der Mitarbeiterin. Und nun tritt die Auffälligkeit zutage: Wird in der in Umlauf gebrachten Datei vom 7. April (21:11 Uhr) und im dazugehörigen Screenshot Dumpelnik als Autor angeführt, ist es in der an Liesnig und Petritz verschickten Datei die SPÖ-Mitarbeiterin selbst. Sie wird darin als Autorin und letzte Veränderin geführt. Die Datei, die Liesnig und Petritz bekamen, wurde von Mediapartizan.at direkt auf den Mobilgeräten der Politiker überprüft. Das Dokument ist authentisch und genau jenes, das sie von der Mitarbeiterin am 7. April um 22:14 bzw. 22:15 Uhr geschickt bekommen haben.

Screenshot der Datei vom 7. April: Dumpelnik ist nicht Autor dieser Datei.

In Umlauf gebrachte Datei wirft Fragen nach Eingriff auf

Das bedeutet, dass eine gewisse Möglichkeit besteht, dass in die in Umlauf gebrachte Datei vorher eingegriffen worden sein könnte. Auf eine diesbezügliche Konfrontation, ob die Metadaten im Bürgermeister-Büro verändert worden seien, reagiert Scheider-Büroleiter Patrick Jonke brüsk: „Nein! Sicher nicht. Wir haben keine Veränderungen vorgenommen. Wir haben die Datei so geschickt bekommen.“

Die Datei geht am 7. April um 22:14 Uhr an Liesnig.

Datei vorher in Bürgermeister-Büro geöffnet

Die Frage hat dennoch Begründung. Denn die Datei ist, bevor sie in Umlauf kam, im Bürgermeister-Büro geöffnet worden. Das ist belegbar. Es wurde ein Screenshot der Metadaten, die Dumpelnik belasten, erstellt, und zwar am Gerät mit der Kennung KPR 18, diese ist eindeutig einer beschäftigten Person im Scheider-Büro zuordenbar. (Name der Redaktion bekannt. Mediapartizan.at erklärt ausdrücklich, dass damit nicht behauptet wird, das Scheider-Büro habe die Datei in Umlauf gebracht.)

Das Gerät mit der Kennung KPR 18 ist dem Bürgermeister-Büro zuzurechnen. Der Screenshot wurde auf diesem Computer gezogen.

Jonke liefert Beweis

Jonke kann belegen, dass er bzw. das Bürgermeister-Büro die Datei schon mit Dumpelnik als Autor per E-Mail erhalten haben. Auch das wurde von Mediapartizan.at überprüft. Mit dem Vorhalt eines möglichen Eingriffs in die Datei konfrontiert, antwortet die Stadt Klagenfurt unkonkret: „Es ist nicht bekannt, welche Datei Ihnen konkret vorliegt. Festzuhalten ist, dass sich geänderte Autorenschaften in Dateieigenschaften durch Bearbeitungs- und Abspeicherungsvorgänge ergeben. Die ehemalige Mitarbeiterin des SPÖ-Gemeinderatsclubs hatte im Auftrag des Clubobmannes das ursprüngliche Dokument, in dem Herr Dumpelnik als Autor aufscheint, zu überarbeiten. Im Zuge dessen wurde von der Mitarbeiterin der Text des ursprünglichen Dokumentes auch in eine neue Word-Datei kopiert, da das ursprüngliche Dokument nicht den passenden Briefkopf hatte. In diesem – neuen – Dokument scheint die Mitarbeiterin deshalb als Autorin und Bearbeiterin auf. Es gibt keine wie immer gearteten Anzeichen einer eventuellen Manipulation durch die Mitarbeiterin“, was Mediapartizan.at auch explizit nicht behauptet.

Warum wurde die Datei am 25. April nochmal geändert?

Aufgeklärt ist die Sache damit aber nicht. Etwa: Warum wurde die an die Öffentlichkeit gelangte Datei am 25. April um 6:54 Uhr nochmal geändert? Neun Tage nachdem die SPÖ am 16. April mit der Durchsetzung Dumpelniks zum zweiten Mal gescheitert war. Am 25. April am Vormittag ging das Dokument „irrtümlich“ per Mail an die Präsidialabteilung. Von dort nahm es seinen Weg.

Dumpelnik schon am 6. April involviert

Wie erwähnt wurde der Antrag bereits am 6. April, vielleicht auch früher, erstellt. Es ist damit zu spekulieren, dass der Villacher Magistratsdirektor Christoph Herzeg, auch er ein enger Freund Liesnigs, der Ersteller der Erstdatei gewesen ist. Er selbst wollte dazu keine Stellungnahme abgeben. Jedenfalls taucht im oben erwähnten „Entwurf Sitzungsvortrag Bestellung [1]“ am 6. April um 14:30 Uhr tatsächlich Dumpelnik als Autor auf. Er selbst erklärt auf Anfrage weiterhin, dass „eine Vertrauensperson Liesnigs“ die Datei zuvor erstellt und ihm zur Ergänzung übermittelt habe.

Dumpelnik war zwar nicht Autor der in Umlauf gebrachten Datei vom 7. April. Er war dennoch schon einen Tag vorher in den Text involviert. Vermutlich in Ergänzung einer zuvor erstellten Datei.

Geschrieben wurde der Anfangs-Antrag ausgerechnet auf Klagenfurter Bürgermeister-Papier. Und es kommt ein peinlicher Flüchtigkeitsfehler darin vor: Bei der Aufzählung der Mitglieder der Objektivierungskommission wird auch der stellvertretende Kärntner Landesamtsdirektor Markus Matschek angeführt. In Klammern wird er jedoch dem „Land Steiermark“ zugeordnet. Dazu muss man wissen, dass Dumpelnik im steirischen Landtag tätig war, aber auch Herzeg in der Steiermark gearbeitet hat.

Gesamtes Auswahlverfahren und damit 30.000 Euro über Bord geworfen

Dumpelnik brachte mitunter ein einziger Satz zu Fall. In einem Interview mit der Kleinen Zeitung sagte er: „Was im Antrag der SPÖ steht, wusste ich nicht.“ Die Folge der Affäre: Liesnig musste Dumpelnik am 3. Mai zerknirscht fallen lasssen und wollte Zernig nominieren. Auch er mit Bezug zur SPÖ. Doch Team Kärnten, ÖVP und FPÖ verwarfen kurzerhand das gesamte Ausschreibungsverfahren, das den Steuerzahler gut 30.000 Euro kostete – obwohl Scheider dem Verfahren Korrektheit attestiert hatte. Nun wird eine neue Ausschreibung mit der Wiener Personalfirma Talentor gestartet. Das wahrscheinlich ebenso viel kosten könnte. Die Auswahlkommission soll politisch besetzt werden, also mit den Club-Obleuten. Damit wird der nächste Magistratsdirektor Klagenfurts nicht durch Experten bestimmt, sondern könnte ein Ergebnis politischer Absprachen werden.

Die neue Agentur Talentor hat übrigens einen Bezug zu Türkis: Executive Director Bernadette Arnoldner ist Landtags- und Gemeinderatsabgeordnete für die Wiener ÖVP.

Die SPÖ-Mitarbeiterin wurde um Stellungnahme gebeten. Sie lehnte ab.

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