„Kaderschmiede“ SPÖ: Rotes Villach vergibt Job an roten Gemeinderat

Im Villacher Rathaus stößt eine Personalie sauer auf.
Im Villacher Rathaus stößt eine Personalie sauer auf.

Altbürgermeister Helmut Manzenreiter (SPÖ) war so etwas wie der Kreisky Villachs. Was „Manze“ sagte, war Gesetz. Zwar nicht in Rechtskraft gegossen, aber der legendäre Eisenbahner Manzenreiter wusste sich machtvoll durchzusetzen. Die Stadt gehörte politisch seit jeher den Sozialdemokraten. Seit 1949 ist die Drau zumindest im Villacher Flussabschnitt tiefrot. Mit dem Pegelhöchststand 1979: Fast 62 Prozent Stimmenanteil. Und auch danach mit Manzenreiter an der Stadtspitze änderte sich an der roten Weltordnung nichts.

Sein Nachfolger Günther Albel setzte noch eins drauf: Bei der Gemeinderatswahl 2021 gewannen seine Roten 51,35 Prozent, er selbst schnitt in der Bürgermeisterfrage gar mit über 60 Prozent ab, der Nächstbegehrte Erwin Baumann (FPÖ) hatte mit 15 Prozent gerade mal ein Viertel davon. Albel herrscht beliebt und mit Understatement am Villacher Drauthron. Ausgestattet mit absoluter Macht.

Reihe von SPÖlern mit guten Jobs im Rathaus

Das soll nun auch eine von Kritikern verfasste Aufstellung von „Genossen“, wie sie es nennen, zeigen. Die Liste enthält taxativ Namen von Magistrats- und Verwaltungsmitarbeitern, die eine starke Nähe zur SPÖ haben oder Parteimitglieder sind. Die Ersteller des Papiers sind der Redaktion persönlich bekannt, wegen der Befürchtung von Repressalien wollen sie aber anonym bleiben.

Roter Gemeinderat wird Software-Entwickler

Die Aufstellung startet mit einem brandaktuellen Beispiel: Das Personalmanagement der Stadt hat dem Personalausschuss erst vor wenigen Tagen vorgeschlagen, das SPÖ-Mitglied und roten Gemeinderat Johann Jäger in den Verwaltungsdienst aufzunehmen. Und zwar als IT-Techniker. Jäger ist einschlägig ausgebildet und war laut Recherchen vorher für die Arbeiterkammer tätig. Vordienstzeiten bei privaten Arbeitgebern sollen ihm „zur Gänze“ angerechnet werden, wie Nachforschungen ergaben.

Anstellungen von SPÖ-Leuten als Muster?

Man könnte meinen, das sei nur ein einziger Job, für den es formal auch eine Ausschreibung gegeben habe. Noch dazu hätte sich nur – aber immerhin – ein einziger zusätzlicher Bewerber dafür gemeldet. Doch dahinter scheint sich für Kritiker ein Schema herauszukristallieren: Das rote Parteibuch soll nicht unbedingt ein Nachteil für Jobs im Rathaus sein. Und zwar deshalb, weil wichtige Schlüsselpositionen von der SPÖ gehalten werden.

„Leute werden vorsortiert“

So etwa im Personalbereich. Stadtchef Albel selbst ist Personalreferent, der Obmannposten im Personalausschuss wird von SPÖ-Gemeinderat Gerhard Kofler gehalten. Dort schwingt die SPÖ zudem das Mehrheitszepter. Auch Magistratsdirektor Christoph Herzeg wird eine Nähe zur SPÖ vorgehalten. Die streitet Herzeg auch nicht ab, wenngleich er seine Mitgliedschaft ruhend gestellt hat. Herzeg ist mächtiger Chef über den inneren Dienst und Hunderte Magistratsmitarbeiter. Oder die rote Landtagsabgeordnete Nicole Schojer, im Magistrat als „Human Resource Generalistin“ geführt. Sie soll in Personalhearings mitreden. Auch der ehemalige Personalvertreter Franz Liposchek war in seiner aktiven Zeit SPÖ-Parteimitglied. „Die rote Farbe trieft regelrecht aus der Stadtverwaltung“, beschweren sich die Kritiker. Auch in der Sache um Harald Geissler: Er ist in Villach zugleich roter Gemeinderat und hochrangiger Feuerwehrkommandant, der nach Ermittlungen gegen ihn als Mandatar zurücktrat, um es dann wieder zu werden.

Die Liste enthält noch etliche andere nicht so bekannte Namen, die sich bis ins Villacher Stadtmarketing erstrecken. Auch dort eine Mitarbeiterin, die SPÖ-Mitglied ist.

Magistratsdirektor: „Noch nie hat die Politik hineingegrätscht“

Herzeg verweist auf Anfrage auf die „strenge Richtlinie für Personalauswahlverfahren. Es gibt ein ganz klares Objektivierungsverfahren in der Stadt Villach. Und es ist noch nie vorgekommen, dass die Politik dem Vorschlag der Hearingkommission nicht nachgekommen ist oder hineingegrätscht hätte.“ Außerdem stimme es nicht, dass alles rot besetzt werde: „Ein ranghoher Mitarbeiter der Finanzabteilung zum Beispiel hat für die ÖVP kandidiert.“ Jährlich würden 100 Stellen besetzt, so Herzeg. „Da kann es vorkommen, dass Bewerber einen politischen Hintergrund haben.“ Wobei die Kritiker mehr als zehn teils hochrangige Posten aufzählen, bei denen die SPÖ die Finger im Spiel haben soll.

„Kontrolle über die Stadtverwaltung“

Dass die Politik sich nicht in Personalentscheidungen einmische, lassen die Kritiker nicht gelten: „Die Leute werden schon so vorsortiert, dass sie passen“, monieren sie. Sie verweisen auf die Gefahr parteipolitischer Postenbesetzungen: Wenn eine einzige Partei die Kontrolle über die Stadtverwaltung ausübe, indem sie Gefolgsleute dort platziere, werde das Prinzip von Vielfalt verletzt. „Das führt zu einer Verzerrung und nicht die Qualifikation und die besten Ideen stehen im Vordergrund, sondern das Parteibuch.“

Update 14. Oktober, 10 Uhr

Als einzige Partei soll Verantwortung Erde der Aufnahme des roten Gemeinderats Jäger im Personalausschuss nicht zugestimmt haben. Sie enthielt sich der Stimme.

*** Foto(s): Creative Commons

1 Kommentar

  1. Es ist sicher kein Geheimnis, dass Verwaltungen gerne umgefärbt werden. Das lässt sich auch kaum vermeiden. Das Einzige was Abhilfe schafft, ist Transparenz. Bei klaren politischen Besetzungen , die es auch geben darf, müssen zeitliche Begrenzungen gelten. Bzw. ist bei Abwahl auch das betreffende Personal zu wechseln.
    Transparent wäre meiner Ansicht nach eine Besetzung dann, wenn eine öffentliche Ausschreibung erfolgt, eine unabhängige Gruppe die Vorauswahl trifft, unter den Ausgewählten ein öffentliches Hearing stattfindet und das Ranking klaren Kriterien folgt. Das werde ich allerdings in diesem Jahrhundert nicht mehr erleben.

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