Feuer am Dach: Rollt Rückzahlungslawine auf Klagenfurt Wohnen zu?

Anlage von Klagenfurt Wohnen in Waidmannsdorf
Anlage von Klagenfurt Wohnen in Waidmannsdorf

Begonnen hat die Malaise bei Klagenfurt Wohnen mit dem Erscheinungstag des Landesrechnungshof-Berichts. Im Jänner des heurigen Jahres wurden darin zahlreiche Mängel beim städtischen Eigenbetrieb, der 3.086 Gemeindewohnungen für die Stadt Klagenfurt managt, festgestellt. Neben anderen Punkten wurden etwa Direktvergaben getätigt, wo Ausschreiben hätten stattfinden müssen. Der LRH hielt der Chefetage von Klagenfurt Wohnen vor, 1,08 Millionen Euro an zwei Ziviltechniker vergeben zu haben, ohne diese Aufträge nach Vergabegesetz zu behandeln. Die Kontrollore wiesen außerdem nach, dass Wohnungen fragwürdig und am Regelwerk vorbei vergeben worden sind. Etwa bei Interventionen durch Stadtpolitiker. Insgesamt hielt der LRH 59 Schlussempfehlungen fest, die Klagenfurt Wohnen nun umsetzen soll.

Über 100.000 Euro für Bilanz-Richtigstellung?

Wie der STANDARD vor einigen Wochen berichtete, droht dem städtischen Eigenbetrieb zudem ein negatives Testat. Der Grund: Offenbar wurde Anlagevermögen falsch eingebucht. Wirtschaftsprüfer stufen die (noch zu erstellende) Bilanz 2023 von Klagenfurt Wohnen dem Vernehmen nach kritisch ein. Sie beziehen sich dabei auf den erwähnten LRH-Bericht. Die Kontrollore hatten entdeckt, „dass eine Liegenschaft mit einem neu errichteten Wohngebäude falsch bewertet“ worden war. Das Gebäude wurde mit nur 1,31 Millionen Euro ins Anlageblatt aufgenommen. Dieser Wert war Ergebnis eines Gutachtens von 2017. „Die Kosten für das im Jahr 2018 fertiggestellte Reconstructing-Projekt von 4,17 Millionen Euro blieben (…) gänzlich unberücksichtigt“, rügte der LRH. Jetzt scheinen die Bücher von Klagenfurt Wohnen berichtigt werden zu müssen. Dafür könnte ein Aufwand von über 100.000 Euro drohen. Offen bleibt die Frage, ob die Falschbuchung auch Auswirkungen auf die Bilanzen der Stadt Klagenfurt hat.

Droht Flächenbrand wegen strittiger Betriebskostenabrechnung?

Hat der städtische Eigenbetrieb damit nicht schon genug Baustellen, droht nun eine neue aufzubrechen: In einem außergerichtlichen Vergleich zwischen Klagenfurt Wohnen und einer Mieterin einer Gemeindewohnung wurden dieser 100 Euro Vergleichssumme angeboten. Das klingt zwar nicht besonders aufregend, könnte es aber noch werden, falls auch andere Mieter die Betriebskostenabrechnung beeinspruchen. Natürlich müssten auch auf diese die gleichen Voraussetzungen treffen wie auf besagte Mieterin. Sie reklamierte, dass Brandschutzkosten nichts in der Betriebskostenabrechnung verloren hätten. Das Gefahrenpotenzial für Klagenfurt Wohnen liegt darin, dass eben 3.086 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von geschätzt 188.000 Quadratmetern gemanagt werden.

Welche Kosten auf Mieter umgelegt werden dürfen

Der Posten der sogenannten Brandschutzkosten ist ein heikles Thema in der Betriebskostenabrechnung. Grob betrachtet kann man sagen, dass laut Mietrechtsgesetz zwar „Brandschutz-Wartungskosten über die Betriebskosten abgerechnet werden dürfen. Nicht aber Anschaffungskosten“, erklärt Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung. Konkret: Während die Wartung von Brandmeldeanlagen verrechnungsfähig ist, darf etwa die Anschaffung von Feuerlöschern nicht auf die Mieter umgelegt werden.

Hanel-Torsch erklärt, dass man den außergerichtlichen Vergleich auch so interpretieren könnte, dass Klagenfurt Wohnen offenbar ein gewisses rechtliches Risiko bewusst sei, weil man es sonst vor Gericht wohl ausgestritten hätte. Aus ihrer Sicht gebe es „gerade bei Gemeindewohnungen“, in denen ja nicht so betuchte Mieter leben, ein gewisses Gebot, „Gutschriften zu geben“, sollte etwas falsch verrechnet worden sein. „Verpflichtung“ sieht sie keine, „aber man könnte es natürlich tun“. Dabei spielt auch eine auf die Mieter zukommende Verjährung eine Rolle.

Betriebskostenabrechnung korrigiert

Was jedenfalls gesagt werden kann, ist, dass die Kosten für Brandschutz in der Wohnanlage der Mieterin für 2020 von rund 4.300 Euro in einer neuen Abrechnung auf Null herabgesetzt wurden. Für das Jahr 2021 ist dem Vernehmen nach die Schlichtungsstelle der Stadt Klagenfurt angerufen. Das Klagenfurter Rathaus scheint, zumindest offiziell, gelassen zu sein: „Eine unserer Mieterinnen hat die Betriebskostenabrechnung 2020 in einem Außerstreitverfahren gerichtlich überprüfen lassen. Die Position brandschutztechnische Betreuung wurde im Laufe des Verfahrens unpräjudiziell für die Sach- und Rechtslage aus der Betriebskostenabrechnung 2020 herausgenommen. Dies hat keine Auswirkung auf die übrigen Betriebskostenabrechnungen“, teilt der Magistrat in einer Stellungnahme mit. Die Stadt misst dem Vergleich also keine richtungsweisenden Folgen zu. Dennoch ist stadtintern hinter vorgehaltener Hand von bis zu einer halben Million Euro die Rede, die am Spiel stehen könnten. Diese Summe rechnete man offenbar linear auf die gemanagte Quadratmeteranzahl hoch. Dass es tatsächlich zu einer so hohen Rückzahlungssumme kommt, ist jedoch nicht gesagt.

Umgang mit Brandschutzagenden

Klagenfurt Wohnen, genauer gesagt die Immobilienverwaltung Klagenfurt (IVK; eine GmbH als Rechtsträger), beauftragte im Jahr 2019 eine Wiener Firma mit den Brandschutzmaßnahmen für die Gemeindebau-Liegenschaften. Deren Leistungen, aber auch die Kontrolle dieser Leistungen innerhalb von Klagenfurt Wohnen, geben Fragen auf. So wurden im sogenannten Brandschutzbuch, das ist eine Checkliste aller durchgeführten Brandschutzmaßnahmen, angeführt, dass Feuerabschottungen in einzelnen Liegenschaften noch nicht erstellt wurden. In der Realität waren diese Abschottungen jedoch bereits erledigt. Das wirft die Frage auf, ob die Brandschutzfirma die Liegenschaften tatsächlich kontrollierte, wie es ihr Auftrag vorsah?

„Mängel vom Magistrat über Jahre nicht behoben“

„Beim Thema Brandabschottung war es in der Tat unser Fehler“, sagt die Wiener Brandschutzfirma auf Anfrage. „Wir sind in diesem Fall davon ausgegangen, dass dieser Mangel nicht behoben wurde, da Mängel vom Magistrat über Monate, oft sogar Jahre (…) nicht behoben worden sind und unseren Urgenzen auch nicht immer nachgekommen wurde.“

Aufgaben im Sekundentakt abgehakt

Auffällig im (elektronischen) Brandschutzbuch ist aber auch, dass die Brandschutzmaßnahmen in den verschiedenen Liegenschaften teils im Sekundentakt abgehakt wurden. Dazu sind Begehungen der Liegenschaften nötig, bei denen etwa in Stiegenhäusern Brandgefahren aufgezeigt werden. Die Firma beruft sich diesbezüglich auf „Empfangsprobleme mit dem E-Brandschutzbuch (gemeint: elektronisches Brandschutzbuch; Anm.)“. Diese seien „keine Seltenheit“ gewesen, arbeitete man mitunter doch in „Kellern und Tiefgaragen“. Ist kein Empfang da, „arbeiten wir offline und können dann erst Bestätigungen durchführen, wenn wir wieder Empfang haben. Das kann beim gleichen Gebäude vor Ort sein oder auch beim nächsten Objekt. Abhaken geht dann im Sekundentakt“.

Bilanzgeld zurückgehalten

Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ), zu ihm resortiert die IVK, lässt derzeit das Bilanzgeld („15. Gehalt“) für zwei ehemalige Führungsmitarbeiter der IVK zurückhalten. Dabei geht es zusammen um rund 19.000 Euro brutto. Mit diesem Betrag will man sich offenbar bei den beiden ehemaligen Führungsleuten regressieren. Sollte die Bilanzkorrekturen tatsächlich über 100.000 Euro kosten und auch andere Mieter einen Vergleich anstreben (und die Stadt darauf eingehen), dürfte das allerdings ein Tropfen auf den heißen Stein sein.

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