Jost-Rückholung oder: Wer wird „Christians Suppe auslöffeln“?

Sandra Wassermann (li.) könnte zum Zünglein an der Waage der Rückholung Peter Josts werden. Mitte: Stadtchef Scheider. Re.: Stadtrat Max Habenicht (ÖVP) (c) Stadtkommunikation Klagenfurt (3)
Sandra Wassermann (li.) könnte zum Zünglein an der Waage der Rückholung Peter Josts werden. Mitte: Stadtchef Scheider. Re.: Stadtrat Max Habenicht (ÖVP) (c) Stadtkommunikation Klagenfurt (3)

Kommentar

Die Klagenfurter FPÖ lief Sturm gegen den ersten Versuch Christian Scheiders, Ex-Magistratsdirektor Peter Jost aus der Pension zurück ins Amt zu beamen. Die blaue Stadträtin Sandra Wassermann sagte im Februar, „dass man nicht einfach gegen den Beschluss des Gemeinderats verstoßen kann. Die von Scheider vorgeschlagene Lösung ist nur für eine Seite lukrativ – aber nicht für den Steuerzahler“.

„Christian soll die Suppe selbst auslöffeln“

Namhafte FPÖ-Funktionäre waren hinter vorgehaltener Hand noch deutlicher: „Christian soll die Suppe selbst auslöffeln“, war der Tenor zweier FPÖ-Granden dazu, Jost zu reaktivieren. Den hatte der Gemeinderat am 5. Dezember als Magistratsdirektor zum Jahresende 2023 abberufen. Seither versucht Jost zurückzukommen. 700.000 Euro an Gehalts- und Überstundenklagen stehen im Raum. Wenn man ihn zurücklasse, ließe er seine Klagen fallen, macht er kein Geheimnis aus seinen Comeback-Plänen.

Enttarnung eines ungeschickten Spins

Mit „Christian soll die Suppe selbst auslöffeln“ ist Folgendes gemeint: Scheider hatte Jost im Dezember 2022 bis mindestens Ende 2025 dienstverlängert. In einem geheimen Handstreich, ohne die anderen Parteien auch nur zu informieren. Obwohl Jost regulär Ende 2023 in Pension hätte gehen sollen. Er wurde im Oktober 65. Die Erzählung, Jost habe Scheider gedroht, von einem auf den anderen Tag als Magistratsdirektor aufzuhören, weil es ihm ans Gemüt ging, wie medial mit Mitarbeitern umgegangen wurde, die – gleichsam heldenhaft – über ihre Pension hinaus für die Stadt arbeiten wollten, hat sich mittlerweile als wohl durchsichtiger Spin enttarnt, dessen Grundüberlegung darauf basieren dürfte, den Steuerzahler, auf dessen Payroll man sitzt, für blöd verkaufen zu können. Es genügt, sich folgende Frage zu stellen: Warum hält jemand kindhaft an einem Spielzeug fest, mit dem er vorher gar nicht mehr spielen wollte?

Ockhams Rassiermesser

Kennen Sie „Ockhams Rassiermesser“: Das Prinzip sagt, dass bei mehreren möglichen Erklärungen für denselben Sachverhalt die einfachste die wahrscheinlich beste ist. Und was ist einfacher als die Erklärung, dass verrentete Stadtbeamte neben ihrer Pension weiter Aktivkohle beziehen wollen, indem sie bis über 65 im Stadtdienst bleiben? Von selbstlosem Heldentum oder Ärmelschoner-Aufopferung bleibt da wenig übrig.

Wie das Kaninchen vor der Schlange

Scheider hatte Jost per Notfallparagraph (§ 73) im Alleingang verlängert. Die Kärntner Gemeindeaufsicht erklärte die Aktion im Dezember 2023 für nichtig. Danach ließ der Stadtchef Jost fallen, auch auf Drängen der SPÖ, die ihren Kandidaten Jürgen Dumpelnik in Stellung brachte. Und damit peinlich scheiterte.

Seither fährt die Stadt auf Steuerzahlerkosten Juristen gegen Jost auf, redet aber gleichzeitig mit ihm über seine Rückkehr. Man könnte das getrost als Torpedierung der beauftragten (und gut bezahlten) Juristen betrachten. Und das ist weniger einer politischen Schizophrenie geschuldet als wohl eher dem ofenwarmen Gefühl, nicht das eigene Geld dafür aufwenden zu müssen.

Dahinter dürfte nichts anderes als die banale Angst der Bürgermeisterpartei stecken, dass Jost vor Gericht gewinnen könnte. Und Scheider dann das zweite Mal vor ganz Österreich als Besiegter dastehen würde. Was nicht nur einem PR-Tschernobyl gleichkäme. Nein! Ein Sieg Josts vor dem Arbeitsgericht wäre Scheiders Armageddon. Das Rathaus wäre in die Luft gesprengt, am Trümmerhaufen zu oberst lächelnd Jost, darunter Scheider am Boden. Und die ZIB 2 hält die Kamera drauf. Diese Horrorvorstellung treibt dem Klagenfurter Team Kärnten die Schweißperlen auf die Stirn.

Das Diensttrauma des Peter Jost

Jost kehrte nämlich schon 2013 zurück in den Dienst, nachdem ihn Scheider zuvor suspendiert hatte. Der Ex-Magistratsdirektor sagt, aus politischen Gründen. Die FPÖ, der Scheider damals angehörte, habe Claudia Koroschetz installieren und ihn in die zweite Reihe bugsieren wollen. Das ist glaubhaft, vermutlich trieb dieses Diensttrauma Jost in ein unvernarbtes Misstrauen den herrschenden Stadtparteien gegenüber. Dass Scheider mulmig vor Josts Klagen ist, weiß dieser auch zu berichten: Er sei im Vorjahr „im Urlaub in Piran“ informiert worden, dass das Bürgermeisterbüro versuche zu vermeiden, dass er, Jost, Klage einbringt, so der Ex-Magi.

Die Angst führt Regie

Vor diesem Hintergrund ist nun zu bewerten, was Scheider am Sonntag in der Kleinen Zeitung auf die Frage sagte, ob Jost zurückkommen könnte: „Wenn unnötige Gerichtsverhandlungen nicht stattfinden und man einen anderen Weg findet, ist das nicht unvernünftig. Wir haben Rechtsanwälte, die glauben, dass die Sache für die Stadt positiv ausgeht. Aber natürlich ist es mir lieber, keine Rechtsstreitigkeiten zu haben.“ Das dürfte ein klassischer PR-Drall sein. Nämlich jener, besonnen und ruhig am Steuer der Causa Jost zu sitzen. Doch dort sitzt nicht Scheider. Sondern die Angst. Angst, dass Jost zum zweiten Mal triumphieren könnte. Am Joystick der Bürgermeister-Airline sitzen 700.000-Euro-Kopfschmerzen, dass Jost den gelben Flieger bis spätestens zur nächsten Gemeinderatswahl zum Absturz bringen könnte. Und das Klagenfurter Team Kärnten die Bruchlandung nicht verdaut.

Wassermann als Zünglein an der Waage?

Und deshalb braucht Scheider nun die FPÖ. Es ist anzunehmen, dass der Bürgermeister zum zweiten Mal versuchen wird, abzutesten, wie die Stimmung für eine mögliche Rückkehr Josts ist. Als erstes wohl im Stadtsenat. Dort hält Scheider zwei, die ÖVP eine, die FPÖ eine und die SPÖ drei Stimmen. Die ÖVP hat Scheider für eine Rückholaktion Josts sicher in der Tasche. Doch damit wäre er (noch) in der Unterzahl. Er braucht also die Stimme von Sandra Wassermann. Also jener FPÖ-Stadträtin, die im Februar sagte, „dass man nicht einfach gegen den Beschluss des Gemeinderats verstoßen kann. Die von Scheider vorgeschlagene Lösung ist nur für eine Seite lukrativ – aber nicht für den Steuerzahler“. Und deren Parteikollegen wetterten: „Christian soll die Suppe selbst auslöffeln.“ Stimmt Wassermann im Stadtsenat einer etwaigen Re-Inthronisierung Josts zu, würde sie sich – laut ihrer eigenen Aussage – offen gegen Steuerzahlerinteressen stellen.

Josts (verhandelbare) Bedingungen in den Gesprächen mit der Stadt lauten: Rückkehr und Beschäftigung bis zum 31. Dezember 2024. Beratervertrag bis mindestens Ende 2025. Und Schadenersatz. Letztes wahrscheinlich als Drohgebärde.

Der Inszenierung letzter Akt: Der vorgebliche Schutz der eigenen Mitarbeiter

Es ist nicht auszuschließen, dass die „Koalition“ aus Team Kärnten, ÖVP und FPÖ in Kürze folgende Erzählung bemühen wird: Um der ehemaligen Magistratschefin Claudia Koroschetz eine Bewerbung für den Topjob ermöglichen zu können, müssten alle rechtlichen Risiken einer Rückkehr Josts ausgeräumt sein. Koroschetz war während der Jost-Suspendierung schon einmal Chefin des inneren Dienstes, musste nach dessen Rückkehr aber wieder weichen. Sei also ein gebranntest Kind. Und dennoch einer Bewerbung nicht abgeneigt, wenn das rechtliche Risiko ausgeräumt wäre, dass Jost sie ein zweites Mal vom Thron stoßen könnte, heißt es. Angeblich sollen auch weitere interne Mitarbeiter mit einer Bewerbung liebäugeln. Damit die Story möglichst unantastbar wird, soll es mindestens eine weitere weibliche Interessentin geben.

Einer der Gründe der Neuausschreibung könnte also sein: Der FPÖ die Tür aufzustoßen, sich amazonengleich vor eine Quasi-Diskriminierung von Koroschetz und eventueller anderer KollegInnen zu stellen, die sich nur bewerben wollen, wenn Jost keine Klage mehr führt.

Das wirft die Frage auf, ob Wassermann – oder die FPÖ – diesem Theater zustimmt, das letztlich den Steuerzahler „Christians Suppe auslöffeln“ lässt?

3 Kommentare

  1. Fällt Frau Wassermann im liegen um? Möglich ist in der Hauptstadt der untalentiertesten Politiker(m/w/d) alles.
    Ich glaube es ist hoch an der Zeit die Landeshauptstadt Klagenfurt unter kommissarische Verwaltung zu stellen.
    Entweder bis Licht ins Dunkle aller Ecken des offensichtlichen Chaos gelangt ist oder bis zum Ablauf der Legislaturperiode.
    Beides täte den leidgeprüften und gequälten Bürgern gut.

    • Schadensersatz/Haftungsklagen gegen die Politiker, inkl. Stadtsenat und Gemeinderat die solche Beschlüsse fassen. Ein Beschluß ist auf jeden Fall rechtswidrig, entweder die Verlängerung Josts durch Scheider oder die Genehmigung der Rückkehr Josts durch den Stadtsenat/Gemeinderat. Hier haften die Involvierten persönlich für den Schaden, der der Stadt entsteht. Sollte Jost auf Steuerzahlerkosten zurückgenommen werden, wird eine Sachverhaltsdarstellung bei der WKStA eingebracht werden. Das wird Hr. Scheider, Stadtsenat und Gemeinderat mindestens die restliche Legislaturperiode begleiten.

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