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“Mayday” – das wäre wohl die treffende Beschreibung für das marode Klagenfurter Stadtbudget. Seit Monaten ringt die Kärntner Landeshauptstadt damit, eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Für das Jahr 2025 liegt noch immer kein Budget vor. Im sogenannten Konsolidierungsbeirat, dem externe Berater und die Führungscrew des Rathauses angehören, werden kommunale Leistungen hinterfragt, um Millionen einzusparen. So steht etwa das mehr als 70 Millionen Euro teure neue Hallenbad auf der Kippe.
Die Finanzmisere führt nun zu einem weiteren drastischen Schritt. Was wie ein Aprilscherz klingt, könnte heute, Dienstag, bittere Realität werden: Im Stadtsenat soll der Abflug vom Klagenfurter Flughafen beschlossen werden. Die Stadt besitzt aktuell 20 Prozent am kleinsten aller österreichischen Verkehrsflughäfen, der sich, wie man an den Passagierzahlen sieht, trotz großer Anstrengungen mit der umliegenden Konkurrenz in Laibach, Venedig, Graz oder Salzburg schwer tut. 80 Prozent sind in der Hand der Kärntner Beteiligungsverwaltung (K-BV). In ihr sind die Firmenanteile des Landes Kärnten, also auch jene am Airport, gebündelt.
Geheimes Papier: Kaufpreis null Euro
Doch der Verkauf der Anteile dient – jedenfalls ad hoc – nicht der Budgetsanierung. Klagenfurt will die 20 Prozent nämlich zu einem “Kaufpreis in Höhe von EUR 0,- (Euro null)” an die K-BV abtreten, wie es in einem geheimen Papier heißt. Das wird von Martin Payer, dem Vorstand der K-BV, auf Anfrage bestätigt.
Wie aus dem Papier hervor geht, rettet sich die Stadt mit der Anteilsabtretung davor, an künftigen Kapitalerhöhungen teilzunehmen, für die das Geld mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht zur Verfügung stünde. Solche Zuschüsse für den Flughafen müssten nämlich “über innere Darlehen” abgewickelt werden, die allem Anschein nach aus dem Gebührenhaushalt kommen sollten, den die Stadt aber schon seit Jahren zum Stopfen von Budgetlöchern anzapft.
Die “Schenkung” der Anteile an die K-BV kann auch als Maßnahme dagegen verstanden werden, bei weiteren Kapitalerhöhungen verwässert und schlimmsten Fall vom größeren Anteilseigner aus der Gesellschaft gedrängt zu werden (Squeeze Out).
Verkauf per Notfallparagraf
Offenbar soll die Abtretung mit höchstmöglicher Geschwindigkeit über die Bühne gehen. Insidern zufolge soll der Verkauf über den Paragraf 73 gehen, der im Klagenfurter Stadtrecht als sogenannter Notfallparagraf des Bürgermeisters verankert ist. Payer sagt, dass die Anteilsübernahme in eine von der K-BV eigens gegründete Gesellschaft, der K-BV Flughafen Anteile GmbH, “noch vor dem 1. Juli nötig ist, um eine Grunderwerbsteuer zu vermeiden”. Das bestätigt die Klagenfurter Beteiligungsreferentin Constance Mochar (SPÖ). Sie erklärt, dass man aufgrund der neuen Grunderwerbsteuer-Regelung in Zeitnot sei, weshalb Bürgermeister Christian Scheider (LS) den Notfallparagraf anwenden und der Gemeinderat erst später mit dem Verkauf befasst werde. Dessen Zustimmung scheint in den Unterlagen als aufschiebende Bedingung auf.
Damit erlischt die Jahrzehnte lange Miteigentümerschaft Klagenfurts am Flughafen. Der Kaufpreis von null Euro sei deshalb zustande gekommen, da sich in einer Plausibilisierung “kein positiver Unternehmenswert” darstellen habe lassen, so die Unterlagen. Außerdem lasse die Unternehmensbewertung “anhand der Liquidität keine positive Bewertung zu”. Das heißt: Der Flughafenbetrieb sei – ohne die Flughafengrundstücke – nichts wert.
“Wiederaufleben” der Anteile
Ist im Entscheidungsantrag für den Stadtsenat noch davon die Rede, dass mit dem Verkauf eine Betriebsbindung durch die K-BV gegeben sein müsse, spricht der Abtretungsvertrag nur mehr von einer Betriebsabsicht. Dies auch deshalb, weil die Stadt sich ausbedungen hat, von einer etwaigen zukünftigen Schließung des Airports mit gleichzeitiger Verwertung der Grundstücke zu profitieren. Das heißt, dass die 20 Prozent zwar vorerst an die K-BV verschenkt werden, die Anteile aber teils wieder “aufleben” würden, wenn es zu einer Liquidation der Flughafen-Betriebsgesellschaft und Liegenschaftsverkäufen komme. Damit partizipiere die Stadt an zukünftig möglichen Erlösen. Jedoch immer unter Abzug von 20 Prozent von künftigen Kapitalerhöhungen, die die Stadt nicht mehr mitgehen könne, sondern die K-BV allein stemme.
Die Finanzabteilung im Magistrat Klagenfurt errechnete Beispiele, in welchen Fällen der Stadt Erlösanteile aus Verkäufen zustünden. Vorweg: Sie halten sich in Grenzen. Payer selbst sagt, dass etwa im Fall von Grundstücksverkäufen “Erlöse für die Stadt drin sind, wenn die Flughafengesellschaft Gewinne daraus ausschüttet”. Tut sie das nicht, gibt es auch keine Erlösanteile für die Stadt.
Die Beispielrechnungen:
- Führt die K-BV zwischenzeitig Kapitalerhöhungen von zehn Millionen Euro durch, läge der fiktive Anrechnungsbetrag Klagenfurts bei zwei Millionen (weil zuvor 20 Prozent Anteile). Käme man auf einen Erlös von beispielhaft 20 Mio. Euro aus einer Grundstücksveräußerung und bliebe der Gesamterlös in der Flughafengesellschaft, geht die Stadt leer aus.
- Hätte die K-BV zwischenzeitig Kapitalerhöhungen von zehn Millionen Euro durchgeführt und würden die Grundstückserlöse 20 Millionen betragen, bekäme die Stadt im Falle einer Einstellung des Flughafenbetriebs zwei Millionen Euro: Vier Millionen (20 % des Grundstückserlöses) minus zwei Millionen (fiktive 20 % Anrechnungsbetrag von den zwischenzeitigen Kapitalerhöhungen).
- Wenn der Erlös allerdings geringer ausfällt als der Anrechnungsbetrag, geht die Stadt im Szenario einer Betriebseinstellung leer aus: Acht Millionen Euro Gesamtverkaufserlös aus Grundstücken bedeutet 1,6 Millionen Erlös für die Stadt. Hätte die K-BV aber wiederum zehn Millionen in den Flughafen gesteckt, läge der (fiktive) Anrechnungsbetrag der Stadt bei zwei Millionen. Also über “ihrem” Erlös. Mehr noch, die Stadt würde 400.000 Euro “offen” haben, die sie aber nicht zahlen müsse (weil fiktiv). Käme es in Folge zu weiteren Verkäufen um wiederum zehn Millionen, bekäme die Stadt 1,6 Millionen Euro. Denn der Erlös der Stadt aus den zehn Millionen läge bei zwei Millionen. Jedoch würde sie der K-BV noch 400.000 Euro aus dem Vorgeschäft schulden, die in Abzug gebracht würden.
Zusammenfassend könnte man sagen, die Stadt bekommt Geld nur dann zu sehen, wenn der Flughafenbetrieb schließt, die Anteile an Dritte verkauft würden oder die Flughafengesellschaft, in der die K-BV das Sagen hat, eine Ausschüttung gewährt.
Von 2018 bis 2023 standen 74,9 Prozent der Anteile im Eigentum der Lilihill-Gruppe von Immobilienunternehmer Franz Peter Orasch. Diesem wurden die Anteile 2023 jedoch von Land und Stadt per Call-Option wieder abgekauft. Die öffentliche Hand argumentierte, er habe die versprochenen Passagierzahlen nicht erreicht. Orasch bekämpft diese Entscheidung derzeit vor dem Handelsgericht Wien. Die Stadt verpflichtet sich in den Dokumenten, alles ihr Mögliche zu tun, damit das Land Kärnten gegen Orasch in diesem Verfahren “obsiegen” möge. Der gegenständliche Abtretungsvertrag bleibe jedoch auch bei einem eventuellen Sieg der Lilihill-Gruppe aufrecht.
Payer ist es durch den Abtretungsvertrag auch gestattet, Grundstücke der Flughafengesellschaft in die neu gegründete Anteilsübernahmsgesellschaft der K-BV zu übernehmen, wenn diese verkauft werden. Das wird vermutlich dann der Fall sein, wenn die K-BV die Grundstücke zur Einzelverwertung an Interessenten verkaufen könnte.
Mochar erklärte, dass der Antrag, der heute vom Stadtsenat beschlossen werden soll, letzte Woche mit allen Parteien vorbesprochen worden sei. “Letztlich bleibt der Flughafen in öffentlicher Hand. Und das ist wichtig”, so Mochar.
Für mich wird der Punkt “innere Darlehen” von den Medien zu wenig beachtet etc. Die Gelder für die “Inneren Darlehen” kommen aus dem Gebührenhaushalt Müll und Kanal. Weiters wurden zweckgebundene Rücklagen für Müll und Kanal fast zur Gänze aufgebraucht, möglicherweise über 110 Mio. Euro – warum kontrolliert das niemand?
Bei den zweckgebunden Rücklagen Kanal sind möglicherweise auch Gebührengelder von Umlandgemeinden betroffen – warum lassen sich die Bürgermeister der Umlandgemeinden das gefallen?
abgewickelt werden, die allem Anschein nach aus dem Gebührenhaushalt kommen sollten, den die Stadt aber schon seit Jahren zum Stopfen von Budgetlöchern anzapft.