Kärnten rätselt seit Wochen, ob Franz Peter Oraschs neue Fluglinie, die Liliair, abheben wird. Ab 23. April verspricht die Website des Unternehmens Flüge von Klagenfurt zum Beispiel nach Frankfurt. Doch die Social Media-Kanäle der Airline haben Spinnweben angesetzt: Auf Facebook und Instagram stammen die letzten Postings vom 20. Jänner diesen Jahres. Für eine Fluglinie, die in Kürze starten soll, könnte man von verwaistem Social-Media-Marketing sprechen.
Vorige Woche ist relativ unbemerkt – oder bewusst liegen gelassen – von den großen Medien eine Presseaussendung der Lilihill-Gruppe über den Äther gegangen. Die Liliair werde “in Kürze” starten. Was “in Kürze” genau bedeutet, wird nicht genannt. Was hingegen einen Tag vor einer Aufsichtsratssitzung der Kärntner Beteiligungsverwaltung (KBV), in der über die Ziehung der Call Option hätte abgestimmt werden sollen, prominent betont wurde: Die Liliair stecke über einen Rahmenvertrag mit einer Dauer von 15 Jahren 1,7 Millionen Euro in den flügellahmen Flughafen. Die Gegenleistung des Airports: “Ground Handling, die Abfertigung sowie die Implementierung notwendiger Services”.
KBV und Stadt sagen Nein zu Änderung im Gesellschaftsvertrag
Parallel dazu wollte Orasch offenbar von der ursprünglich von der Lilihill-Gruppe selbst angekündigten Kapitalerhöhung von 3,7 Millionen Euro abweichen. Das hätte die Aufbringung von fast 2,8 Millionen Euro (gut 75 %) für Orasch bedeutet. Die KBV hätte 740.000 Euro (20 %) und die Stadt Klagenfurt 185.000 Euro (fünf %) in die Hand nehmen müssen. Beide öffentlichen Gesellschafter wollten mitziehen. Doch Orasch wollte offenbar eine Änderung des Gesellschaftsvertrags mit der Kapitalerhöhung verquicken, wodurch, so zumindest die KBV zur APA, eine “Verschlechterung” für die öffentliche Hand einhergegangen wäre.
Vertrag unterschrieben, obwohl Beschluss im Aufsichtsrat aussteht
Mediapartizan.at hat Details zu diesem Rahmenvertrag recherchiert. Offenbar ist es so, dass Orasch die 1,7 Millionen (durch 15 Jahre dividiert 113.000 Euro pro Jahr) bis spätestens 25. April einzahlen will. Der Vertrag soll schon am 30. März unterschrieben worden sein – geht aber erst heute Nachmittag in den Aufsichtsrat der Flughafenbetriebsgesellschaft KFBG, wo er beschlossen werden soll. Der Vertrag soll von Dieter Kandlhofer (Geschäftsführer der Liliair) und Nils Witt, Geschäftsführer des Flughafens, unterfertigt worden sein.
Hangar wieder Thema
Aus dem Vertrag soll hervorgehen, dass die Liliair einen Hangar am Flughafen benötigt. Das ist deshalb bemerkenswert, weil unter Lilihill-Regie vor einiger Zeit zwei Hangar am Flughafen abgerissen wurden. Ein solcher Hangar würde von der Liliair angemietet werden. Gleich wie ein 15-Stellplätze-Parkplatz sowie eine Liliair Business Lounge und Büros bzw. ein Lager.
Drei Millionen Euro Pönale
Zu Reichtümern am Flughafen wird der Vertrag vermutlich nicht führen. Er sieht Entgelte zwischen 11,50 bis 15 Euro pro Passagier vor. Dennoch befindet sich diese Spanne vermutlich innerhalb der vom Flughafen angebotenen Incentiveregeln für neue Airlines. Was jedoch aus dem Vertrag heraussticht: Das Papier spricht von einer Pönalzahlung (Vertragsstrafe) von drei Millionen Euro an die Liliair, wenn es zur Einstellung des Geschäftsbetriebs kommt (nicht wie ursprünglich hier beschrieben bei Ziehung der Call Option). Also kurz: Wenn der Flughafen seine internationale Airport-Kategorisierung verliert.
Bei Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Gesellschafterstand, worunter man die Ziehung der Call Option verstehen kann, kann die Liliair den Vertrag fristlos auflösen. Womit Orasch möglicherweise Druck auf die Altgesellschafter ausüben will, den Flughafen nicht zurückzuholen. Ob mit einer Änderung der Mehrheitsverhältnisse und daraufhin womöglich erfolgenden Vertragsauflösung durch die Liliair auch eine Pönalzahlung einhergeht oder die Fluglinie eventuell nur den voraus bezahlten Betrag von 1,7 Millionen Euro abzüglich bereits erbrachter Leistungen des Flughafens zurück fordert, ist dem Vertrag nicht zu entnehmen.
Liliair kann kündigen
Die Liliair ist aber auch im Genuss, die 1,7-Millionen-Vereinbarung unter Einhaltung einer sechs wöchigen Frist zum Ende jeder Sommer- bzw. Wintersaison zu kündigen, falls sie ihren Flugbetrieb einstellt. Weiters kann die Fluglinie den Vertrag fristlos auflösen, wenn wichtige Gründe wie etwa Insolvenz (beider Parteien) oder ein neues Behilfenverfahren der EU einlangt.
Flughafen legte gutachterliche Stellungnahme vor
Dem Vertrag liegt eine gutachterliche Stellungnahme des Universitätsprofessors und Juristen Olaf Riss bei. Im Vorfeld war gemunkelt worden, dass es optisch zu einer Schieflage kommen könnte: Darf der Aufsichtsrat diesen Rahmenvertrag denn beschließen? Grund: Im obersten KFBG-Gremium befinden sich mit Kandlhofer und Peter Malanik, er ist Consultant im Lilihill-Aviation-Bereich, zwei Personen mit möglichem Interessenkonflikt. Das Papier verneint einen solchen aber.
Hier stand in einer vorhergehenden Version, dass ein Riss von der KFBG mitgeteiltes “Redaktionsversehen” im Gesellschaftervertrag der KFBG aus dem Jahr 2018 zu einer Schlechterstellung der Altgesellschafter in der Generalversammlung des Flughafens hätte führen können. Eine abermalige Kontrolle des Gesellschaftervertrages ergab das nun nicht mehr.
Insich-Geschäft der Lilihill-Gruppe?
Auch ein Geschäft zweier im Lilihill-Kosmos verorteten und von Orasch operativ beherrschten Gesellschaften, der KFBG und der Liliair, die Beobachter erkennen könnten, stellt das Papier in Abrede. Da eine Zustimmung des Aufsichtsrats einen solchen Konflikt neutralisieren würde. Interessant wird sein, wie die öffentlichen Gesellschafter, allen voren die KBV dies sehen werden. Martin Payer, KBV-Vorstand, war für ein Gespräch nicht zu erreichen. Sehr wohl aber der Klagenfurter Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ), der die Stadt in der Generalversammlung vertritt: “Ich würde so einem Vertrag, wenn er der Generalversammlung vorgelegt werden würde, nicht zustimmen”, sagt Liesnig.
Die Kapitalerhöhung über 3,7 Millionen Euro ist nun aber angeblich durch, zumindest ist diese von der Generalversammlung dem Vernehmen nach so entschieden worden. Letztlich zählen dabei jedoch nur die tatsächlichen Überweisungen des benötigten Geldes an die KFBG.
Die Lilihill-Gruppe gibt auf Journalistenanfragen keine Auskunft.
Update 7. April 16 Uhr: Eigenartige Anweisung an den Gutachter
Nach weiterer Recherche sind die oben kursiv gehaltenen Zeilen überholt: Dem Gutachter, der für die Rahmenvereinbarung keine rechtlichen Stolpersteine sieht, wurde vom Auftraggeber, der Flughafenbetriebsgesellschaft mitgeteilt, er habe aus dem Punkt 9, Absatz 8, Buchstabe f des Gesellschaftsvertrags den Verweis auf Punkt 7 eben dieses Vertrags außer Betrachtung zu lassen. Das jedoch ist jene Feststellung, die besagt, dass die Generalversammlung über Aufsichtsrats-Beschlüsse zu befinden hat. In der Generalversammlung haben die Minderheitsgesellschafter Land und Stadt aber unter bestimmten Gesichtspunkten mehr Rechte als im Aufsichtsrat. Demgemäß handelt sich mutmaßlich um eine Verschlechterung für die öffentlichen Anteilseigner.
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Foto(s): Getty
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