Codename „MW“

„Haltestelle“ Stadtwerke: 2016 stand Martin Wiedenbauer als STW-Vorstand zur Diskussion. Konkreter als bisher bekannt. Warum er es schließlich doch nicht wurde, was ein externer Prüfer zu seiner „Bestellungsurkunde“ sagte und warum es sich bei Wiedenbauer um „keine parteipolitische Lösung gehandelt hat“. Ein Politikum.

Kritisiert
Auftragsvergaben
an Wiedenbauer:
Evelyn Schmid-Tarmann (Grüne)

Nicht alle Klagenfurter Gemeinderäte sind amused darüber, dass in letzter Zeit bei der Vergabe von juristischen Aufträgen der Stadt vermehrt ein Name auftaucht: Martin Wiedenbauer. Ob beim Verkauf der Benediktinerschule, der Übernahme der Portam Bauträger GmbH – in ihr befinden sich die Rohrergründe beim Minimundus – oder der Suche nach einem Innovationspartner für das Hallenbad: „Die Kanzlei Wiedenbauer hat das schon wieder über. Das ist ein Fakt, der sich durchzieht über die ganze Periode. Wir haben immer die Kanzlei Wiedenbauer“, kritisierte etwa die Grüne Mandatarin Evelyn-Schmid Tarmann in der letzten Gemeinderatssitzung die Auftragsvergaben an den Juristen. Auf Anfrage legt sie nach: „Bisher konnte mir niemand eine schlüssige Antwort geben, warum in der Ära Mathiaschitz gerade die Kanzlei Wiedenbauer alle großen Fische an Land gezogen hat.“

Für alles gut“

Sie ist damit nicht allein: Andreas Skorianz, FPÖ, sagte in einer öffentlichen Sitzung Richtung Wiedenbauer: „Das ist ja der ewig gleiche. (…) Normalerweise spezialisieren sich Rechtsanwaltskanzleien auf gewisse Themen, aber Sie sind für alles gut“. Als Lob war das höchstwahrscheinlich nicht zu verstehen.

Die Situation hat durchaus Ähnlichkeiten zum Jahr 2016. Damals war Wiedenbauer im Gespräch für den Stadtwerke-Vorstand, letztlich dürfte die Idee politisch aber nicht durchsetzbar gewesen sein. Einen Vertragsentwurf hat es allerdings schon gegeben. Er wurde dann aber nicht unterschrieben. Das lag offenbar nicht nur daran, „dass eine Bestellung von Wiedenbauer im politischen Umfeld sehr viel Staub aufwirbeln würde“, wie Walter Groier, Vorsitzender des Aufsichtsrates (AR) der STW, in einem Sitzungsprotokoll von 2016 zitiert wird. Die Abkehr von Wiedenbauer lag vermutlich auch an einer damals durchgesickerten Prüfung des Management-Bereitstellungsvertrags, in dem die Bedingungen der Zusammenarbeit zwischen den STW, Wiedenbauer und seiner Kanzlei WMWP definiert worden waren. Das Ergebnis der Prüfung ist ernüchternd.

STW-Vorstand kein Teilzeit-Job

Der mit der Plausibilisierung des Vertragsentwurfs beauftragte Jurist sieht vor allem die Befugnis, mit der es Wiedenbauer erlaubt gewesen wäre, neben dem Amt als STW-Vorstand auch weiterhin als Rechtsanwalt für seine Kanzlei WMWP tätig zu sein, kritisch: Dieser Punkt sei „widersprüchlich, nimmt doch ein Vorstandsmandat bei Gesellschaften vergleichbarer Größe die gesamte Arbeitszeit in Anspruch, sodass für weitere Tätigkeiten als Rechtsanwalt keine Zeit verbleibt.“

Kern des Entwurfs ist die Bereitstellung Wiedenbauers als STW-Vorstand, quasi als „Leihe“ von der WMWP. Wiedenbauer sollte nebenher aber weiterhin als Rechtsanwalt für die Kanzlei tätig sein dürfen. Sein Kürzel im Vertragsentwurf ist: „MW“.

Als „bedenklich“ eingestuft wird in der Prüfung auch jene Passage, nach der Wiedenbauer – einmal bestellt – seiner eigenen Kanzlei hätte Aufträge erteilen können: „(…) darf ein Vorstandsmitglied eine Geschäftschance nicht wahrnehmen, die auch für die Gesellschaft von Interesse ist, wenn die Wahrnehmung der Geschäftschance durch die Vorstandstätigkeit ermöglicht oder erleichtert wird“, kritisiert der Prüfer.

Ungewöhnlich“

Der Prüfer stuft das Papier insgesamt als eher exotisch ein. Er beschreibt den „Abschluss eines ,Managementbereitstellungsvertrags’“ als „äußerst ungewöhnlich“, der seiner Kanzlei „bei vergleichbaren Sachverhalten nicht bekannt“ sei.

In dem Prüfpapier steht auch, dass der Entwurf den STW-AR womöglich in Bredouille hätte bringen können, da „nur geeignete natürliche Personen als Vorstand einer Aktiengesellschaft bestellt werden dürfen, andernfalls der Aufsichtsrat für die Schäden, die aus der Bestellung einer nicht ausreichend qualifizierten Person (…) entstehen, haftet.“

Fehlende Ausschreibung

Auch dass es keine Ausschreibung gegeben habe, stößt dem Prüfer auf: Bei der Bestellung von Vorständen einer Aktiengesellschaft, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliege, sei „vom Aufsichtsrat nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes vorzugehen“. In diesem würden zu Ausschreibung, Bewerbung, Besetzung, Veröffentlichung und zu Vertragsschablonen konkrete Festlegungen getroffen.

Angestelltenvertrag „unabdingbar“

Dass die Bestellung ohne Anstellungsvertrag über die Bühne gehen sollte, erschien dem Prüfer als nicht nachvollziehbar: „Gerade mit Blick auf die Ressortverteilung und die Rechtsfolgen für Pflichtverletzungen ist eine solche Vereinbarung (…) aber – nach unserem Dafürhalten – dringend erforderlich bzw. unabdingbar.“

Der Rechtsexperte sah gar ein Risiko: „Hinzu kommt, dass MW ohne Anstellungsvertrag Ansprüche auf angemessenes Entgelt (…) stellen könnte, die die STW AG – neben der Bezahlung der Vergütung für die Bereitstellung – an MW zu zahlen hätte.“ Die WMWP hätte für die „Ausleihe“ Wiedenbauers monatlich 10.000 Euro exklusive Steuer von den STW kassieren sollen.

Kein weißer Rauch

In der eingangs erwähnten AR-Sitzung stieg demnach kein weißer Rauch auf. Wiedenbauer war offenbar politisch nicht durchzubringen. Am Schluss meldet sich der in der Runde anwesende rote Stadtrat Franz Petritz zu Wort und schließt sich der Argumentation, wonach die Bestellung Wiedenbauers zu viel Wirbel verursacht hätte, an. Negative Presse solle vermieden werden. Petritz hält aber ausdrücklich fest, „dass es sich dabei um keine parteipolitische Lösung gehandelt hat“.

Es ist seine einzige protokollierte Wortmeldung.

Eine schriftliche Anfrage um Stellungnahme blieb von Martin Wiedenbauer unbeantwortet.

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Foto(s): Eigene; Stadtpresse Klagenfurt

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