Die „Geisterklage“

Massive Abwertung der Stadtwerke-Tochter EKG sorgte im Oktober für Wirbel. Klagenfurter Gemeinderat warf Verantwortlichen „mutwillige Wertvernichtung“ vor. Bürgermeisterin ließ Klage gegen ihn prüfen. Was aus ihr geworden ist.

Anfang Oktober 2019 fand der Klagenfurter Gemeinderat Klaus-Jürgen Jandl (Team Kärnten) heraus, dass die Stadtwerke Klagenfurt (STW) ihre Energietochter, die Energie Klagenfurt GmbH (EKG), um 67 Millionen Euro abgewertet hatten. Der Wert der STW-Cash-Cow sank damit von 142 auf 75 Millionen Euro. Da die STW die Abwertung nicht an die große Glocke hängten, entstand der Eindruck, dass sie im stillen Kämmerlein durchgeführt werden sollte. Die Folge: Ein PR-Fiasko für das Unternehmen.

Die Abwertung hatte drastische Auswirkungen: Das Eigenkapital der STW rasselte auf 101 Mio. Euro runter – ein Wert unter jenem von 2010 (113,7). Auf Talfahrt auch das Anlagevermögen: Es sank gegenüber 2010 von 197,2 auf 185,5 Mio. Euro.

Anlagevermögen und Eigenkapital sanken durch die Abwertung drastisch.

STW-Vorstand Erwin Smole begründete die Abwertung damit, dass sie auf dem Vorsichtsprinzip beruhe. Die Strompreise würden durch die Strompreiszonen-Trennung zwischen Österreich und Deutschland steigen. Die EKG müsse Vorkehrung treffen, da erhöhte Preise auf die Marge drücken würden. Die STW wären außerdem besonders betroffen, da man „97 Prozent des Stroms am Markt zukaufen“ müsse, so Smole als Gast in der letzten Gemeinderatssitzung. Lediglich drei Prozent kämen aus Eigenerzeugung.

Der Rechnungshof (RH), der die STW Geschäftsgebarung 2014 – 2017 untersucht hat und jüngst seine Ergebnisse veröffentlichte, gibt Smole bezüglich Margensensibilität Recht: Er wies darauf hin, dass der Erfolg der STW im Prüfzeitraum stark von den Marktpreisen abhing und die Einkaufspreise „aufgrund der Trennung des deutsch-österreichischen Strommarkts im Jahr 2018 bereits erheblich anstiegen“.

Mutwillige Wertvernichtung“

Die massive Abwertung veranlasste Jandl in einer Presseaussendung am 9. Oktober 2019 zu folgender Feststellung: Das Team Kärnten „verlangt nach einer dringenden Aufklärung dieser Vorgänge. Denn die mutwillige Wertvernichtung in einem Unternehmen der öffentlichen Hand geht alle etwas an.“

Kritisierte
Abwertung
der EKG: Klaus-Jürgen Jandl
(Team Kärnten)

Sechs Tage später hatte der Mandatar in einer Gemeinderatssitzung zudem kritisiert, dass der STW-Jahresabschluss noch immer nicht im Firmenbuch abrufbar sei: „Bis heute 15. Oktober ist weder die Bilanz der Stadtwerke noch die Bilanz der EKG im Firmenbuch ersichtlich. (…) Und die zwei Vorstände sind inzwischen schon aufgefordert worden bzw. bekommen beide eine Strafe per Gesetz, nämlich zwischen 700 und 4000 Euro.“ Das war der Bürgermeisterin zu viel. Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ), sie ist Eigentümervertreterin bei den STW, sagte öffentlich, sie lasse eine Klage wegen Kreditschädigung und Verleumdung prüfen.

70.000 Euro

Und tatsächlich: Am 21.11. poppt eine Klagsdrohung in Jandls E-Mail-Eingang auf. Casus Belli: Die Behauptung der „mutwilligen Wertvernichtung“. Diese Aussage vermittle den Eindruck, dass „meine Mandantschaft absichtlich und aus provozierender Boshaftigkeit Vermögenswerte vernichtet hätte“, schreibt ein von den STW beauftragter Anwalt. Und weiter: „Der von Ihnen erhobene Vorwurf ist ehrenbeleidigend und kreditschädigend.“

„Bei Vorständen entschuldigen“

Dem Schrieb beigelegt ist eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, dass „diese Äußerungen mit dem Ausdruck unseres Bedauerns“ zurückgezogen würden und man nicht anstehe, sich „bei den Vorständen der Stadtwerke Klagenfurt AG (…) hierfür zu entschuldigen“. Sollte Jandl, respektive das Team Kärnten, der Forderung nicht nachkommen „erwägt meine Mandantschaft die Klagsführung bewertet mit EUR 70.000,–.“

Dazu befragt, sagt Jandl: „Einem kritischen Gemeinderat mit dem Gericht zu drohen, ist einerseits demokratiepolitisch bedenklich und zeigt andererseits die politische Schwäche der Bürgermeisterin.“ Ob er sich bei den STW-Vorständen entschuldigt habe: „Nein.“ Ob er die Kosten für die Anwaltskanzlei in der Höhe von 1.500 Euro getragen habe? „Nein.“

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Besonders beeindruckt dürfte Jandl die Klagsdrohung nicht haben: Er hat den Grundstücksdeal für das neue Stadtwerke-Hallenbad bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. Oberstaatsanwalt René Ruprecht bestätigt eine diesbezügliche Anzeige. Als Vorwurf sei angegeben, dass das Grundstück von der Stadt Klagenfurt zu teuer gekauft worden sei. Allerdings „wird erst geprüft, ob ein Anfangsverdacht vorliegt“, so Ruprecht.

Eine Anfrage bei STW-Vorstand Erwin Smole blieb trotz schriftlicher Beantwortungszusage letztlich ergebnislos.

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Foto(s): Bild von Sang Hyun Cho auf Pixabay; Stadtpresse Klagenfurt

2 Kommentare

  1. Hat jemand die 70 Millionen abgezweigt?
    Nachdem die STW heute in der Kleinen Zeitung einen Gewinnzuwachs 2019 gemeldet haben, muss die EKG-Abwertung 2018 unbegründet gewesen sein.
    Also heraus mit der Sprache: Wo ist das Geld?

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