„Stimmenkauf und Manipulation“: Schwere Vorwürfe gegen Patrick Jonke während FPÖ-Zeit

Patrick Jonke (hier jünger; noch nicht beim Team Kärnten) (c) Daniel Raunig

Anfang 2016 liegt bei der Klagenfurter FPÖ Spannung in der Luft. Nur mehr wenige Wochen bis am 31. Jänner der neue Stadtparteiobmann gewählt werden soll. Auf der Kandidatenliste: Wolfgang Germ. Er soll den blauen Chefposten von Christian Scheider übernehmen, heute Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt (Team Kärnten). Bereits am 21. Oktober 2015 waren die Rahmenbedingungen für die Übergabe des Postens von Scheider auf Germ ausverhandelt worden. Scheider blieb in der Folge der Vizebürgermeister-Sessel – aber nur bis 2019: Da übernahm Germ auch diesen.

Doch im Spätherbst 2015 regt sich auf einmal Gegnerschaft. Am 10. November gibt ein Widersacher in der „Kleinen Zeitung“ bekannt, dass er gegen Germ antreten und damit Klagenfurter FPÖ-Chef werden wolle. Es ist Patrick Jonke, damals noch Gastronom und bei der FPÖ, heute Scheiders Büroleiter, Team-Kärnten-Klubobmann und Klagenfurter Gemeinderat. Die Stimmung im Vorfeld des blauen Parteitags ist aufgeheizt.

Begrüßung: Mitgliedskarte der FPÖ

Retour-Post und der Anruf eines älteren Herrn

Nebenbei sorgt ein nicht ganz alltägliches Vorkommnis für Staunen in FPÖ-Reihen: Gegen Ende 2015 verschickt die Partei etliche Willkommensbriefe an neue Mitglieder. Die Kuverts sind bestückt mit einem Begrüßungsbrief und dem Parteiprogramm der FPÖ. Außerdem im Kuvert: Nagelneue Mitglieder-Ausweise im Scheckkartenformat (siehe Faksimile). Aber einige dieser A4-Kuverts kommen offenbar nicht bei den Adressaten an. Der Postler vermerkt am Umschlag: „Unbekannt“ oder „verzogen“. Die Kuverts kommen zurück in die Parteizentrale. Doch als besonders außergewöhnlich werden die Bumerang-Briefe nicht gewertet. Misstrauische Aufmerksamkeit erweckt hingegen der Anruf eines älteren Herrn: Der Mann „erklärte, dass er ein Willkommensschreiben bekam und dies nicht zu- oder einordnen konnte“. So steht es in einem internen Sachverhalts-Vermerk der FPÖ Klagenfurt. Auf diesen Anruf hin wird FPÖ-Bezirksgeschäftsführerin Birgit Zemasch offenbar stutzig. Der ältere Herr soll sich nämlich ausgerechnet als Verwandter Patrick Jonkes zu erkennen gegeben haben: Dem Widersacher Germs bei der Obmann-Wahl Ende Jänner 2016.

Für 100 Mitglieder den Mitgliedsbeitrag entrichtet“

Zemasch, so gibt es das Sachverhaltspapier wieder, ruft daraufhin Jonke an und fragt ihn, „warum seine [Verwandtschaft] auf einmal bei der Partei sein sollte, obwohl sie das gar nicht wollen (…)“? Jonke „antwortete, dass dies in Ordnung wäre und er im Nachhinein eine Vollmacht bekam.“ Doch der ältere Herr hat offenbar „zu einem späteren Zeitpunkt“ nochmal angerufen, um nachzufragen, „ob sich dies aufklären lies (sic!)“? Zemasch „erklärte dem [Verwandten] in diesem Telefonat, dass sie [Jonke] gesprochen hätte und dieser meinte, es sei alles in Ordnung bezüglich Vollmacht“. Doch der Anrufer „wiedersprach (sic!) neuerlich und machte lautstark (…) deutlich, dass er nie eine Vollmacht gegeben hätte und auch nicht bei der Partei sein möchte“. Aus dem Schriftvermerk geht weiters hervor, dass der Anrufer offenbar Teil eines Personenkreises gewesen ist, für den „Patrick Jonke in der Parteizentrale den Mitgliedsbeitrag entrichtet hat“. In Summe soll Jonke das gleich „für ca. 100 Mitglieder“ getan haben.

Das Sachverhaltspapier: Es datiert vom 4. Juli 2016 und spricht von „Stimmenkauf“

Stimmenkauf in der Ortsgruppe Fischl/St. Peter“

Das Papier trägt den brisanten Titel „Sachverhalt zum Stimmenkauf in der Ortsgruppe Fischl/St. Peter“. Es ist von Germ und Zemasch unterschrieben. Jonke ist zu dieser Zeit Ortsparteiobmann-Stellvertreter in diesem Stadtteil. Nachdem Zemasch Germ über die Vorkommnisse informiert hat, ruft dieser in der FPÖ-Zentrale an und fragt, wie es „passieren kann, dass jemand für ca. 100 Mitglieder, davon 47 neue (…), den Mitgliedsbeitrag einzahlen kann“? Die verantwortliche Mitarbeiterin antwortet Germ laut Unterlagen: „Herr Patrick Jonke erklärte mir, dass er mit allen Mitglieder (sic!) ein persönliches Gespräch geführt hat und das Geld von jenen persönlich einkassiert hat.“

Germ startete Umfrage: Die Kontaktierten verneinten laut Unterlagen, Jonke den Mitgliedsbeitrag gegeben zu haben

Chats: Betroffene bestreiten, Jonke den Mitgliedsbeitrag gegeben zu haben

Danach startet Germ einen Rundruf unter ihm offenbar persönlich bekannten Betroffenen: „Hallo [Name], hat dich Patrick Jonke oder sonst jemand aus der Ortsgruppe Fischl/St. Peter bezüglich Mitgliedsbeitrag kontaktiert oder von dir für die Einzahlung das Geld bekommen?“, will Germ per Textnachricht wissen. Der Redaktion liegen mehrere dieser Chats vor. Die Kontaktierten antworten Germ mit: Nein. Man habe Jonke den Mitgliedsbeitrag nicht ausgehändigt. Zwei schreiben, dass sie gar nicht kontaktiert worden wären. Eine Person habe der FPÖ sogar mit Anzeige gedroht, falls die Sache nicht aufgeklärt werde, ist den Unterlagen zu entnehmen.

Jonke: „Ein paar konnten sich Mitgliedsbeitrag nicht leisten.“

Germ und Zemasch stellen in dem Papier die Frage in den Raum, ob „die eingezahlten Mitgliedsbeiträge als Stimmenkauf beabsichtigt“ waren, „um mehr Delegierte zum (…) Stadtparteitag am 31.01.2016 zu entsenden?“ Was Jonke im Kampf gegen Germ Vorteile verschaffen hätte können. Die Unterlage beantwortet die Frage auch gleich: „Beim Gespräch mit OPO (Ortsparteiobmann, Anm.) Stellvertreter Patrick Jonke (…) hat Jonke zugegeben, dass diese Handlung beabsichtigt war, um mehr Delegiertenstimmen für den Parteitag zu lukrieren.“ Die Unterredung zwischen Jonke, Germ und Zemasch soll als Auftrag aus der Stadtparteipräsidiums-Sitzung hervorgegangen sein. Heute darauf angesprochen, sagt Germ, er „will und kann dazu nichts mehr sagen“. Aber sowohl Zemasch als auch Germ bestätigen die Echtheit der Sachverhalts-Unterlage. „Es war so wie es darin beschrieben wird, da braucht man nicht lange drum herum reden“, sagt Zemasch, die Rückenwind von Toni Schweiger, dem Landesgeschäftsführer der FPÖ erhält: Als Folge sei „der Parteiausschluss Jonkes in Vorbereitung“ gewesen. Dieser wird in dem Papier von der FPÖ Klagenfurt auch tätsächlich gefordert: Weil „die Themen Stimmenkauf und Manipulation im Raum stehen“. Es sei aber nicht so weit gekommen, „weil Jonke alles zurückgelegt hat.“ Später habe man sich dann aber wieder vertragen. Jonke bestreitet auf Anfrage alle Vorwürfe als „Blödsinn“. Das liege Jahre zurück. Ob er den Mitgliedsbeitrag für die 100 Leute eingezahlt hat? „Nein, da sind ein paar Personen auf mich zugekommen, die konnten sich den Mitgliedsbeitrag nicht leisten. Das hab dann ich aus der eigenen Tasche übernommen.“ Das sei „alles an den Haaren herbeigezogen und konstruiert“. Von der FPÖ wurden keinerlei strafrechtlichen Schritte unternommen.

Und der Beschwerdeanruf vom eigenen Verwandten?

Ob sein eigener [Verwandter] sich, wie im Sachverhalt dargestellt, über die von ihm, Jonke, durchgeführte Anmeldung bei der FPÖ beschwert habe? Auch das bezeichnet Jonke als unwahr. Doch aus den Unterlagen geht hervor, dass beim Anruf des älteren Herrn noch jemand anwesend gewesen sein soll. Diese Person – sie ist der Redaktion bekannt, möchte aber anonym bleiben – bestätigt auf Nachfrage auch heute noch den Beschwerdeanruf von Jonkes [Verwandtem].

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Foto: Daniel Raunig

1 Kommentar

  1. Es ist das Jahr 2022 und wir werden noch immer von solchen Personen vertreten? Wie kann jemand mit so einem Hintergrund Scheiders Büroleiter, Team-Kärnten-Klubobmann und Klagenfurter Gemeinderat sein? Postenschacher und Spitzenjobs zum Freundschaftspreis oder?

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