Der Schnaps-Schuss des Team Kärnten

Kein Gerücht: ÖVP-Klubobmann Markus Malle und Villach-Magistratsdirektor Christoph Herzeg wurden bei einem Schnappschuss vom Klagenfurter Stadtgerücht vom Team Kärnten einfach weggeschnitten / Foto bearbeitet (c) Hannes Krainz
Kein Gerücht: ÖVP-Klubobmann Markus Malle und Villach-Magistratsdirektor Christoph Herzeg wurden bei einem Schnappschuss vom Klagenfurter Stadtgerücht vom Team Kärnten einfach weggeschnitten / Foto bearbeitet (c) Hannes Krainz

Anfang März erreicht die Klagenfurter Bürgermeisterpartei Team Kärnten ein Brief. Absender ist eine Anwaltskanzlei, die in Klagenfurt und Wien tätig ist. Insgesamt umfasst das Schreiben sechs Seiten. Die letzte Seite zieren zehn vorgefertigte Zeilen, auf denen alle Team-Kärnten-Mitglieder ihre Unterschriften hinterlassen sollen. Auch Stadtchef Christian Scheider gehört dazu. Der Bürgermeisterpartei wird die Verbreitung von „wissentlich tatsachenwidrigen“ Nachrichten und Inhalten vorgeworfen. Die Anwälte wollen vom Team Kärnten vier Punkte erledigt sehen:

  1. „Künftighin“ sind vom Team Kärnten „unwahre Veröffentlichungen jeder Art (…) die Person und Funktion“ ihres Klienten betreffend „zu unterlassen“.
  2. „Binnen 14 Tagen“ hat das Team Kärnten „eine Richtigstellung bzw. einen Widerruf in Form eines Postwurfes an sämtliche Gemeindebürger der Landeshauptstadt Klagenfurt auszusenden“.
  3. „Bis 03.03.23, 14:00 Uhr“ müssen „die betroffenen Textstellen und das Lichtbild aus sämtlichen online-Medien (sic!)“ entfernt sein. Und last but not least
  4. sind die „notwendig gewordenen Kosten der [Rechtsanwaltskanzlei] (…) zur Anweisung zu bringen“.

Im Alarmmodus

Daraufhin blinken im Team-Kärnten-Clubsekretariat die Warnleuchten auf. Man wechselt in den Alarmmodus. Denn zu dieser Zeit sind es nur mehr wenige Tage bis zur Kärntner Landtagswahl. Und ein Öffentlichwerden der Sache könnte dem landesweit antretenden Parteichef Gerhard Köfer im Wahlkreis Klagenfurt, in dem er um Stimmen wirbt, noch ziemlich schaden.

Anwälte fordern Unterlassungserklärung und 8.000 Euro Schadenersatz

Die Forderungen, die dem Team Kärnten von der Anwaltskanzlei aufgebrummt wurden, stammen von niemand Geringerem als dem höchsten Mitarbeiter des Klagenfurter Rathauses: Magistratsdirektor Peter Jost. Er fordert Scheiders Partei auf, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Grund: Jost war der Kragen geplatzt, weil das Team Kärnten noch kurz vor der Wahl eine Broschüre herausgegeben hatte, in der sich der Magistratsdirektor sowohl visuell als auch schriftlich in die Nähe der SPÖ gedrängt sah: Die sogenannten „Klagenfurter Impulse“. Im Anwaltsschreiben fordert Jost 8.000 Euro Schadenersatz von der Partei.

„Jost, der erklärte Liebling der SPÖ“

Auf Seite 3 des Machwerks ist Jost auf einem Foto eng mit SPÖ-Vizebürgermeister Philipp Liesnig abgebildet. Darunter die Bildbeschreibung: „Freundschaft! SPÖ-Vizebgm. Liesnig amüsiert sich sichtlich bestens mit Jost.“ Das Foto war bei einer Veranstaltung des „Klagenfurter Stadtgerüchts“ vom Fotografen Hannes Krainz geschossen worden.

In einem nebenstehenden „Faktencheck zur Magistratsdirektion“ wird vom Team Kärnten behauptet, dass Jost „jahrelang so etwas wie der erklärte Liebling der SPÖ war“. In weiteren Abschnitten wird dem Leser mitgeteilt, dass „die Gehaltsgrundlagen und Überstundenregelungen des Magistratsdirektors bereits im Jahr 2000 einstimmig in den Gremien beschlossen wurden, auch mit den Stimmen der SPÖ“. Diese Passage bezieht sich vermutlich auf eine vom Kärntner MONAT aufgedeckte Gehalts- und Überstundenliste Josts, die 800 geleistete und bezahlte Mehrstunden enthielt. Die Story sorgte für tumultartige Szenen im Klagenfurter Gemeinderat.

Der „schlimme Finger“ des Markus Malle

Jost wird auf dem erwähnten Foto offenbar bewusst in die Parteinähe Liesnigs gerückt. Im Kontext mit dem schriftlichen Teil der Seite interpretiert Jost das jedenfalls so: „Es wird mir in meiner Funktion als Magistratsdirektor eine Nähe zur SPÖ und Vzbgm. Mag. Liesnig unterstellt.“ Und Jost wird noch deutlicher: „Durch den Konex (sic!) (Anm.: Gemeint wahrscheinlich: Kontext) der Darstellung in ,Neue, transparente Entlohnungskultur‘ und die bisherige mediale Berichterstattung zu meinen (…) Überstunden wird der Eindruck von mir als ,Nehmer‘ verstärkt“, wettert Jost in einer schriftlichen Note, die an Köfer, Scheider und das Team Kärnten Klagenfurt geht.

„Zusammengeschnitten“: Aus dem Schreiben von Josts Anwaltskanzlei an das Team Kärnten

In Sachen Photoshop dürfte das Team Kärnten allerdings nicht gerade Koryphäen beschäftigt haben. Das Foto mit Jost und Liesnig ist nämlich nachträglich bearbeitet worden. Zwei Personen, die sich auf dem Originalbild befinden, wurden – offenbar im Sinne der Zweckerfüllung – einfach weggeschnitten: ÖVP-Klubobmann Markus Malle und der Villacher Magistrats-Chef Christoph Herzeg befinden sich zwar am Ausgangsfoto – nicht aber am Foto in den „Klagenfurter Impulsen“. Malles Finger ist am rechten Bildrand jedoch noch gut zu sehen:

„Klagenfurter Impulse“, S. 3: Am Foto mit Liesnig und Jost sieht man ganz rechts noch den Finger von Malle (roter Kreis)

Das Beweisfoto

Am Originalbild sind Malle und Herzeg (3. u. 4. v. links) noch lebendig; (c) Hannes Krainz

Jost vermutet Karl-Heinz Petritz hinter Broschüre: „Man ist versucht zu sagen, es wird bewusst gelogen“

Und dann kommt Jost in seinem Protestschreiben noch so richtig in Fahrt: „Der vorliegende Faktencheck ist absichtlich wider besseren Wissens (…) erstellt worden. (wahrscheinlich von Herrn Petritz) Man ist schon versucht zu sagen, es wird bewusst gelogen“. Damit vermutet der Magistratsdirektor den Team-Kärnten-Clubsekretär Karl-Heinz Petritz hinter der Broschüre. Denn sowohl Petritz, als auch Bürgermeisterbüro-Leiter Patrick Jonke und Scheider selbst, habe er, Jost, die Überstundenregelung, die Scheider 2014 erlassen hatte, „mehrmals“ dargelegt. Demnach sei die Behauptung, diese sei 2000 im Gemeinderat („auch von der SPÖ“) beschlossen worden, falsch.

„Bewusst gelogen“

„Es gibt keine Funktion eines stellvertretenden Magistratsdirektors“

Die Anwälte Josts halten das alles für „wissentlich tatsachenwidrig“. Und fordern eine weitere Sache vom Team Kärnten: Nämlich die Unterlassung der Darlegung, dass es in Klagenfurt eine „- dauernde – Installation einer stellvertretenden Magistratsdirektorin“ gebe. Jost selbst fasst es in seinem Schreiben so zusammen: „Es gibt keine Funktion eines stellvertretenden Magistratsdirektors.“ Scheider hatte zu dieser Zeit Karin Zarikian zu Josts Stellvertreterin ernannt. Danach, als Zarikian ihr Amt überraschend schnell wieder zurücklegte, Stephane Binder zum Stellvertreter von Jost gemacht. Der das aber so nicht akzeptiert: Die Funktion des Magistratsdirektors sei in der Bundesverfassung geregelt und „monokratisch organisiert“ (Leitung eines Amts durch einen Einzelnen, der mit alleinigem Entscheidungsrecht ausgestattet ist).

Jost erklärt, dass es keine Funktion für eine(n) Stellvertreter(in) gebe

Petritz: „Stimmt nicht“

Das Team Kärnten sagt auf Anfrage zum Gefecht mit Jost: „In einem Gespräch mit Magistratsdirektor Peter Jost konnten sämtliche offenen Fragen und Vorwürfe geklärt werden.“ Angeblich mussten die 8.000 Euro nicht bezahlt werden. Josts Anwaltsnote ist aber wohl als heftiger Schuss vor den Bug des Team Kärnten zu verstehen. Der Folder ist aber offenbar nicht aus dem Internet entfernt worden: Hier ist er nach wie vor abrufbar. (Update, 25. April: Mittlerweile wurde der Folder – anzunehmen vom Team Kärnten – entfernt.)

Der Magistratsdirektor selbst sagt auf Anfrage zur Sache, dass er nichts sagt: „Kein Kommentar.“ Karl-Heinz Petritz bestreitet, Urheber des letztlich wohl nur als „Schnaps-Schuss“ zu titulierenden Bildes und des „Faktenchecks“ in den „Klagenfurter Impulsen“ gewesen zu sein: „Stimmt nicht“, sagt er.

Jonke musste Entschuldigungs-Erklärung unterschreiben

Mit solchen Erklärungen scheint man beim Team Kärnten aber schon Erfahrung zu haben: Im Februar erst unterzeichnete Jonke eine Entschuldigungs-Erklärung gegenüber Vizebürgermeister Liesnig. Jonke hatte in einem Podcast der „Kleinen Zeitung“ behauptet, dass ihm Rechnungen vorliegen würden, die die geplante Klagenfurter Holding beträfen. „Wo (von Liesnig, Anm.) dementsprechend Aufträge vergeben worden sind, (…) ohne eine Beschlussfassung.“ Es sei „um Zehntausende Euro“ gegangen „(…) ohne einer Grundlage“. Jonke kassierte dafür einen Anwaltsbrief und musste sich für diese Aussage schriftlich bei Liesnig mit „Bedauern“ entschuldigen.

1 Kommentar

  1. Bin schon gespannt wie Scheider aus der Causa „Pensionierung Jost“ wieder herausfindet.
    Durch seine Intelligenz hat er ja Jost schon seine Verlängerung schriftlich zugesichert.
    Sollte Jost Klagen wird zu beobachten sein ob der Steuerzahler die Kosten trägt.

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