Scheidung am Flughafen: Klagenfurter Finanzreferent Liesnig will Call Option ziehen

Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ)
Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ)

Im Poker um den Klagenfurter Flughafen wartet die Stadt Klagenfurt mit einer dramatischen Wendung auf: SPÖ-Vizebürgermeister und Beteiligungsreferent Philipp Liesnig will die Call Option ziehen und den Flughafen nach rund fünf Jahren des Darbens in die Öffentliche Hand zurückholen. Die Lilihill-Gruppe von Investor Franz Peter Orasch hatte den Airport 2018 zu 74,9 Prozent übernommen. 20 Prozent verblieben damals bei der Kärntner Beteiligungsverwaltung (KBV), fünf Prozent bei der Stadt Klagenfurt.

Frankfurt-Flug „abgestürzt“

Liesnig will dem Treiben am Flughafen, das von allerlei Versprechen des Investors begleitet war, die nicht eingehalten wurden, offenbar nicht mehr zusehen. Vor wenigen Wochen hatte Liesnig gesagt, die Call Option solle gezogen werden, wenn Orasch die versprochenen Flüge nicht bringe. Was eingetreten ist: Der erste Flug von Klagenfurt nach Frankfurt sollte letzten Sonntag stattfinden. Sollte – denn abgehoben ist die groß angekündigte Bombardier CRJ 900 nicht. Auf der Website von Oraschs Fluglinie, der Liliair, findet sich dazu kein einziges Wort der Erklärung.

Mehrheit für Call Option wahrscheinlich

Nun bleibt Liesnig seiner Ankündigung offensichtlich treu. Er sagt, er bringe „den Antrag, die Call Option zu ziehen als Beteiligungsreferent ein. Bei einer Entscheidung dieser Tragweite muss aber der Gemeinderat den Beschluss fassen“. Im Gemeinderat verfügt die SPÖ über 15 von 45 Stimmen, hat aber in ihrem Umfeld noch den Abgeordneten Elias Molitschnig, der den Grünen unlängst den Rücken gekehrt hat. Außerdem ist damit zu rechnen, dass die ÖVP der Call Option zustimmen wird, tritt sie doch auf Landesebene vehement für die Rückholung ein. Die Schwarzen haben sieben Sitze. Damit lägen SPÖ und ÖVP bei 23 Stimmen – und der Mehrheit im Gemeinderat.

Blaue Gemeinderäte dürften mitziehen

Es ist außerdem anzunehmen, dass einzelne FPÖ-Mandatare der Rückholung zustimmen. Von FPÖ-Klubchef Andreas Skorianz ist bekannt, dass er den Geschehnissen am Flughafen äußerst kritisch gegenüber steht. Er ist ehemaliger Aufsichtsrat der Flughafen-Betriebsgesellschaft und hat 2018 im Gemeinderat gegen die Vergabe des Flughafens an Orasch gestimmt. Auch FPÖ-Stadträtin Sandra Wassermann soll die vertrakte Situation am Airport mittlerweile nicht mehr geheuer sein.

Vier Millionen für Rückkauf

Die Vereinbarung mit Orasch sieht vor, dass bei Rückkauf des Flughafens für jedes Jahr ab der Privatisierung 810.000 Euro an Orasch zu bezahlen wären. Gerechnet ab 2018 müsste die Öffentliche Hand also rund vier Millionen Euro an Orasch überweisen. Das wäre immer noch ein Geschäft: Orasch hatte 2018 rund 8,1 Millionen in die Flughafengesellschaft eingebracht.

Kommentar des Autors: Echter Vorstoß oder nur Manöver?

Bekanntlich hat die Landes-SPÖ unter Parteichef Peter Kaiser das Ziehen der Call Option bereits zwei Mal verhindert. Die Rückholung war von der ÖVP betrieben worden, die aber in der Regierungssitzung von den Roten niedergestimmt wurde. Vor dem Hintergrund, dass die nächste Gemeinderatssitzung in Klagenfurt erst am 11. Juli stattfindet, könnte es sich bei Liesnigs Vorstoß auch um ein taktisches Manöver handeln: Bringt Orasch die versprochenen Flüge bis dahin zustande, würde der eine oder andere Gemeinderat bei der Abstimmung um die Call Option möglicherweise einen Rückzieher machen, um die Flüge nicht zu gefährden. So wäre Orasch öffentlich der Rücken gestärkt und die KBV täte sich ungleich schwerer, die Call Option ihrerseits durchzubringen. Zudem würde eine solche Taktik der Landes-SPÖ Luft verschaffen, die an ihrem Nein zur Call Option festhalten könnte, indem sie argumentiert, dass der „Juniorpartner“ Klagenfurt die Rückholung nicht befürwortet.

Sondergemeinderat

Damit konfrontiert, sagt Liesnig, dass er – „sobald der Antrag von der Fachabteilung fertig ist, sofort einen Sonderstadtsenat einberufen“ will. „Es darf jetzt keine Zeit mehr verstreichen. Dass muss jetzt endlich gelöst werden.“ Und nach dem Stadtsenat „soll auch gleich der Gemeinderat damit befasst werden. Wenn nötig in einer Sondersitzung. Wir müssen nicht bis zum 11. Juli warten“, sagt der Beteiligungsreferent.

Liesnig gilt auch innerhalb der SPÖ als Befürworter der Call Option, was ihm angeblich regelmäßig Rüffel von der Landesorganisation einbringt. Und: Er hat gar keine andere Möglichkeit, als die Entscheidung in den Gemeinderat zu tragen. Ein solcher Entschluss ist zu umfassend und weitreichend als dass sich etwa nur der Stadtsenat damit befassen könnte. Allerdings hat auch Kaiser unlängst in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ wissen lassen, dass es eine „Basis für die weitere Zusammenarbeit mit Orasch“ wäre, wenn „noch im ers­ten Halb­jahr ein in­ter­na­tio­na­les Dreh­kreuz wie Frank­furt an­ge­flo­gen wird“. Womit Kaiser dem Flughafeninvestor zwei zusätzliche Monate verschafft hat, denn die Flüge hätten wie bereits erwähnt schon letzten Sonntag beginnen sollen.

Dazu sollte man allerdings wissen, dass diese Flüge für ein Ja oder Nein zur Call Option nicht ausschlaggebend sind. Das sind vielmehr die Passagierzahlen. Und hier hat Orasch im Jahr 2022 nicht einmal die vereinbarte Untergrenze von 100.000 geschafft.

Update 14:00 Uhr: Gang zurückgeschalten

Auf der Website des ORF Kärnten schaltet Liesnig aber offenbar wieder einen Gang zurück: Auf die Frage des ORF, was passieren müsse, damit er von der Call Option absehe, antwortete Liesnig: „Sie (die Lilihill, Anm.) müssten der KBV und der Stadt Klagenfurt ein umfassendes Paket präsentieren, das längerfristig den Betrieb des Flughafens sicherstellt und auch die Interessen der KBV, von Stadt und Land und auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewährleistet“.

ÖVP will für Call Option stimmen

Indes lässt die Klagenfurter Stadt-ÖVP wissen, dass sie für die Call Option stimmen wird: „Dass am 23.4. keine Liliair-Flüge stattgefunden haben, ist nur das bisher letzte Beispiel in einer langen Reihe gebrochener Versprechen des Mehrheitseigentümers. Als ÖVP haben wir uns seit Monaten für das Ziehen der Call-Option ausgesprochen. Nun ist endlich auch dem zuständigen Vizebürgermeister bewusst geworden, dass es so nicht weitergehen kann“, sagen Clubobfrau Julia Löschnig und Stadtparteiobmann Markus Malle.

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