Schwimmbad: Chronologie eines andauernden Untergangs

Auf den sogenannten „Rohrergründen“ soll das neue Hallenbad entstehen.

In der unendlichen Geschichte der Klagenfurter Hallenbad-Neuanfänge spielt ausgerechnet ein Eishockeyverein eine nicht unwesentliche Rolle: Im zweiten Jahr seiner Amtszeit plante der damalige Bürgermeister Christian Scheider (FPÖ), das städtische Hallenbad quasi „huckepack“ auf die Eishalle „draufzuschnallen“. Das Bad sollte sozusagen „im Rucksack“ der Eishalle zum Minimundus umziehen. Auf das zum Teil überschneidensgleiche Grundstück, auf dem das heute umstrittene „Sport- und Vitalbad“ bis 2023 entstehen soll. Dort hätten potente Sponsoren dem KAC eine komplett neue Eishockey-Arena errichten sollen. Mit der Abwärme hätte das Wasser des Hallenbads geheizt werden sollen. Allein: Die potentiellen Investoren des KAC hat nie jemand gesehen.

Meilensteine und Kenndaten des derzeitgen Hallenbades
Klagenfurt in der Gasometergasse

Dennoch versprach die Stadtregierung am 21. Oktober 2010: „Kein Zeitverzug bei Hallenbad“. Zehn Jahre sind seither vergangen. Gebadet wird noch immer im knapp 50 Jahre alten Bad nähe Bahnhof. Mit 43 Parkplätzen vorne draußen.

Scheucher-Vorstoß

Die Neuanfänge des Hallenbads haben alle eines gemeinsam: Sie sind allesamt untergegangen. Das momentane Bad hätte laut damaligen Präsentationsunterlagen schon 2014 trocken gelegt werden sollen.

An Vorstößen gab es genug: Lange vor Scheiders Amtszeit machte dessen Vorgänger Harald Scheucher (ÖVP) einen Anlauf, das Hallenbad in die Lücke zwischen dem Strandbad Klagenfurt und Loretto zu bauen. Knapp ans Natura-2000-Schutzgebiet am Lendkanal. In einer „internen Vorstudie“ zum „Erlebnisbad mit Wellnesseinrichtungen“ der Stadtwerke (STW) ist von einer Eröffnung Mitte 2012 die Rede. Erraten: Untergegangen.

Der Planungszeitraum der im Mai 2006 präsentierten Unterlagen ist mit sechs Jahren angegeben. Offenbar befürchtete man schon damals eine abnehmende Attraktivität des bestehenden Hallenbades und deshalb „Seitensprünge“ der Klagenfurter in andere Bäder. Die Unterlagen weisen die Besucherzahl in der Schwimmhalle im Jahr 2004 mit 148.337 aus. 2017 waren es laut STW-Jahresbericht 136.627. Neuere Zahlen gaben die STW trotz Anfrage nicht bekannt.

Die Investitionssumme wurde damals übrigens mit 30 Millionen Euro angenommen.

Sauna-Rituale“

In einer anderen Unterlage, auch sie erklärt das Grundstück südlich des Strandbads Klagenfurt zum optimalen Standort, wird eine „Konzeptstudie Freizeitbad Sonnenbucht“ vorgestellt. Das Papier firmiert unter den Logos der STW und des Tourismusberaters Kohl & Partner. Darin ist von einer Inbetriebnahme des Bades sogar schon „bis 2011“ die Rede. Drei Konzepte werden in dem Papier gegenüber gestellt: Ein simples städtisches Hallenbad zur „Abdeckung der Grundversorgung“; ein Freizeit- und Erlebnisbad als „Spaßbad für Familien und Kinder“ und ein Premium-Wellnessbad. Letzteres wird malerisch als „Garten Eden am See“ mit „Seeblick-Massagen“, „Bademantel-Gastronomie“, „betreuten Aufgüssen“ und „Sauna-Ritualen“ beschrieben.

Die Präsentation ist betriebswirtschaftlich weitläufig ausgearbeitet. Ob die Zahlen stimmen, kann natürlich nicht überprüft werden, denn: Richtig – untergegangen. Die Autoren gehen bei den Besucherprognosen von 175.000 pro Jahr für das „normale“ Bad aus, von 220.000 für das Freizeit- und Erlebnisbad und von 198.000 für den Wellness-Tempel. Auch Vorschaukalkulationen sind angeführt. Darin wird offenbar davon ausgegangen, dass ein „normales“ Bad ohne touristische Attraktionen nicht ohne Verluste zu führen ist. Die Angaben reichen von 1,2 bis 1,4 Millionen Euro Abgang (EBITDA) im ersten „Normaljahr“ (für das das dritte Betriebsjahr herangezogen wird). Die Investition für diese Badvariante wird mit „nur“ 19,3 Millionen Euro angegeben. Das Freizeit- und Erlebnisbad, es wird am Ende die Empfehlung von Kohl & Partner erhalten, hätte einen jährlichen Abgang von 400.000 bis 600.000 Euro verursacht – bei einer Investition von 24,9 Millionen. Nur das Wellnessbad hätte positiv bilanziert und 600.000 bis 800.000 Euro eingespielt. Bei einer angenommenen Investition von 22,9 Millionen Euro.

Standort-Ping-Pong

Dann wird eine Zeitlang nur mehr Standort-Ping-Pong gespielt. Mal „peppelt“ das Hallenbad in die Ostbucht, mal auf den Campingplatz, dann wieder zum Minimundus. Jahrelang geht das so. Immer öfter brennt sich dann die Ostbucht in die Standortdiskussion ein. Der unverbaute Fleck am Wörthersee weckt wegen seiner Einzigartigkeit ungeahnte Begehrlichkeiten. Aber das verursacht auch Druck im Kelomat-Kessel der öffentlichen Meinung. Viele Klagenfurter wollen sich die Ostbucht nicht zubetonieren lassen. Die Politik muss Druck ablassen. Noch in Scheiders Amtszeit sammelt die ÖVP eigenen Angaben zufolge 4.000 Unterschriften gegen den Standort am See. Dann fällt auch noch der Campingplatz. Alle sind happy. Und jede Partei heftet sich den Erfolg an ihr Revers.

Nur: Die „alte Dame“ wird nicht jünger. Und die Zeit immer knapper. Nun soll der Standort von einem Bürgerbeirat auserkoren werden. Bürgerbeteiligung ist politisch gerade en vogue. Doch bei der Auswahl der Teilnehmer hagelt es Kritik: Die STW schreiben 700 Haushalte aus ihrer Kundenkartei an. Daraus sollen Bürgerräte rekrutiert werden. Schönheitsfehler: Wer nicht Kunde der STW ist – richtig: geht baden.

Dann darf der Bürgerrat aus vier Standorten wählen: Ostbucht – nördlich des Strandbades, Minimundus, Stadion und Messegelände. Aber das Bürgerbeteiligungsverfahren gerät in die Kritik. Teilnehmer haben das Gefühl, nur benutzt worden zu sein. Von Absprachen zugunsten der Ostbucht ist die Rede. Peter Strutz, einer der Teilnehmer, sagt, ihm sei vorgekommen, als hätte man die Messe als Standort gar nicht haben wollen: „Die Besichtigung ging zack-zack.“ Außerdem hätte die Stadtplanung wissen lassen, „dass es zu Anrainerprotesten kommen könnte, würde die Entscheidung auf die Messe fallen.“ Unvoreingenommenheit ist das nicht.

Messe und Stadion geraten dann immer mehr ins Hintertreffen. Das Match heißt: Ostbucht gegen Minimundus. Öffentlich entsteht der Eindruck, die Ostbucht soll auf Biegen und Brechen durchgepeitscht werden. Aber der öffentliche Druck nimmt wieder zu. Und zwar massiv. Stadt und Stadtwerke zeigen mit dem Zeigefinger aufeinander, in der Stadtzeitung falsche Flächenangaben des Neubaus publiziert zu haben. Der Kelomat pfeift. Schließlich nimmt die Stadt den Deckel ab: Minimundus siegt.

Beim Minimundus soll nun das sogenannte Leuchtturmprojekt „Sport- und Vitalbad“ entstehen. Der ursprüngliche Zeitplan sah vor, dass bereits Ende 2019 der Sieger des Projektwettbewerbes gekürt hätte werden sollen. Dann kaufte man alledings die sogenannten Rohrergründe dazu. Die Finanzierung des Bads steht noch in den Sternen. Wie vertrauliche Unterlagen belegen, können die STW die geplanten Kosten von 40 Millionen Euro nicht aus eigener Kraft stemmen. Weswegen die Stadt unter Beauftragung des Rechtsanwalts Martin Wiedenbauer auf sogenannter Innovationspartnersuche ist. Ausschreibungsende wäre der 16. März gewesen. Die Frist wurde aber bis 31.3. verlängert. Wegen regen Interesses, wie es hieß. Über den Ausgang der Suche ist noch nichts bekannt.
(Korrektur, 26.4., 11:49 Uhr: Laut Pressemeldungen sollen sich vier Interessenten auf die Ausschreibung gemeldet haben. Eine diesbezügliche Anfrage vom 7. April und nochmalige Nachfrage vom 10. April beim Pressesprecher von Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz war unbeantwortet geblieben. Auch eine Anfrage vom 20. April bei STW-Vorstand Erwin Smole ist nicht beantwortet worden.)

Übrigens: Der Standort Minimundus ist Teil des ehemaligen Klagenfurter Sumpfgebiets. Das Hallenbad soll deshalb ein „Pfahlbau“ werden.

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Foto(s): Eigene

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