Scheider finanzierte Jost-Vergleich auch mit Geld von Uhren-Tycoon Alfred Riedl

Bürgermeister Christian Scheider (c) GERT EGGENBERGER / APA / picturedesk.com
Bürgermeister Christian Scheider (c) GERT EGGENBERGER / APA / picturedesk.com

Im September 2024 ließ sich Christian Scheider in einer Presseaussendung abfeiern. Einen “Schlussstrich” unter die sogenannte Causa Jost wolle er ziehen. “Für immer” sollte die Sache nun erledigt sein. „Wir übernehmen gemeinsam die Verantwortung, um Schaden von der Stadt abzuwenden”, präsentierte sich der Klagenfurter Bürgermeister wie ein Schutzpatron. In einer Sache, die er selbst ausgelöst hatte. “Die Kosten für den Vergleich [mit Jost] werden persönlich vom Bürgermeister und seinen Gemeinderatsklubmitgliedern getragen”, so die Presseaussendung Scheiders vom 4. September 2024.

Privater Geldgeber

Eine mehrmonatige investigative Recherche fördert nun neue Details zutage: Scheider informierte die Öffentlichkeit nämlich nicht darüber, dass er jedenfalls einen privaten Geldgeber für seinen Vergleich mit Ex-Magistratsdirektor Peter Jost hatte.

Die Vorgeschichte: Scheider hatte Jost zwei Jahre über dessen gesetzliches Pensionsalter bis 2025 dienstverlängert. Er zog diese Dienstverlängerung mittels Notfallparagraph im Alleingang durch und informierte die anderen Parteien nicht darüber. Diese rebellierten in Folge, wonach die Kärntner Gemeindeaufsicht Scheiders Entscheidung für nichtig erklärte. Jost ist seit 1. Jänner 2024 (umtriebiger) Pensionist.

Vergleichskosten bei über 330.000 Euro

Doch Jost klagte die Stadt auf Verdienstentgang, was Scheider und wohl auch seinen Büroleiter Patrick Jonke nervös werden ließ. Schließlich stand eine Klagssumme von über 700.000 Euro im Raum. Schlußendlich einigte man sich, wie Scheider in der Presseaussendung verlauten ließ, auf “170.000 Euro Vergleichssumme”. Doch dieser Betrag ist irreführend. Denn brutto, also mit allen Nebenkosten für Finanzamt, Krankenkasse und anderes machte die Summe über 330.000 Euro aus. Fast das Doppelte dessen, was Scheider in der Presseaussendung bekannt gab. Die 170.000 Euro waren nur jener Betrag, der netto auf Josts Konto landete. Dieser bestätigt das.

Die mehr als 330.000 Euro Gesamtkosten wurden von Scheider direkt auf ein Konto der Stadt überwiesen, denn Jost schloss den Vergleich mit der Stadt, nicht mit Scheider persönlich.

Riedl gab Kredit

Seither rätseln Beobachter, wie Scheider die stattliche Gesamtsumme stemmte. Die kurze Antwort: Unter Mithilfe von mindestens einem privaten Kreditgeber. Bei dem handelt es sich um den angesehenen Armbanduhren-Tycoon Alfred Riedl. Den Boss der internationalen Uhrenmarke Jacques Lemans. Er gab Scheiders Team in Klagenfurt einen Kredit in Höhe von 30.000 Euro, wie Riedl in einer Nachfrage bestätigte. Eine Gegenleistung sei nicht vereinbart worden.

Jacques-Lemans-Boss: “Keine Gegenleistung, ich wollte helfen”

Damit liegt die Vermutung nahe, dass Scheider die Bevölkerung entweder intransparent oder falsch über das Gesamtprozedere des Vergleichs mit Jost informierte. Riedl stellte glaubhaft fest, dass er kein Interesse an irgendeiner Gegenleistung “dieses Klagenfurter Panoptikums” habe. “Was wollen die mir anbieten?” Da helfe man mal jemandem, so Riedl hörbar enttäuscht, und dann gingen die eigenen Rathaus-Leute gegen den Bürgermeister vor. Riedl sagt, er habe den Kredit “vor ein paar Monaten” freigegeben. Also nahe am Zeitpunkt des Vergleichs mit Jost.

Der Öffentlichkeit war vom Bürgermeisterbüro vermittelt worden, dass Scheider und seine Gemeinderäte den Vergleich mit Jost alleine stemmen würden. 30 Prozent ihres Gemeinderatssalärs würden die Mandatare dafür an Scheider überweisen, der den Vergleich gewissermaßen vorfinanziert habe. In der Liste Scheider, wie die Bürgermeistergruppe nun heißt, nachdem Landesparteichef Gerhard Köfer die Zusammenarbeit mit Scheider & Co. beendete, zeigen sich offenbar ernstzunehmende Risse im Zusammenhalt. Klubmitglieder aus dem Umfeld Scheiders und Jonkes sprechen hinter vorgehaltener Hand von “großer Nervosität” und “Verzweiflung”. Grund: Die finanzielle Situation der Gruppe soll äußerst angespannt sein.

Riedl will das Geld jedenfalls zurück. “Es gibt einen Kreditvertrag.” Die 30.000 Euro seien “vor ein paar Monaten von einem meiner Konten” in die Sphäre des Scheider-Klubs übergegangen.

Liste-Scheider-Klubobmann Patrick Jonke sagt, “der Klub hat kein Geld von Riedl bekommen und ich persönlich auch nicht”. Auf die Frage, ob der Bürgermeister persönlich das geliehene Geld von Riedl bekommen habe, sagte Jonke: “Das müssen Sie den Bürgermeister fragen.” Scheider war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Über Jonke ließ er ausrichten, er habe den von Riedl erwähnten Kreditvertrag nicht unterschrieben. Wer den Vertrag unterzeichnet hat, beantwortete die Liste Scheider hingegen nicht.

Reaktionen: Neos fühlen Scheider auf den Zahn

Die Neos reagierten als Erster auf die Enthüllung. Sie haben sechs Fragen an Scheider formuliert. Man will von Scheider wissen, ob “der Umfang des Jost-Deals ingesamt 339.000 Euro beträgt” oder wie vom Bürgermeister “mehrfach angegeben, 170.000 Euro?” Dann fragen sie, ob Scheider und der Parteiklub die 339.000 Euro aufgestellt hätten, ohne eine andere Finanzierungsquelle? Weiter: Die Neos haben in einer Gemeinderatssitzung schon einmal die Frage nach der Höhe des Vergleichs an Scheider gerichtet. Der sagte damals, er wisse es nicht genau. Die Pinken wollen erfahren, ob Scheider die Wahrheit sagte? Scheider soll außerdem beantworten, ob er 30.000 Euro von Riedl erhalten habe und ob ein Zusammenhang mit dem “Jost-Deal” bzw. mit der Benennung der nördlichen Domgasse in Jacques-Lemans-Platz bestehe?

Weitere Reaktion, 24. Jänner 2025

Nach einer Woche, in der von der Liste Scheider keine einzige Frage einer Fragenliste beantwortet worden war, dementierte Scheider gegenüber einer dritten Person, Geld von Riedl erhalten zu haben.

7 Kommentare

  1. Tja so kommt es, wenn man vorwiegend auf solche hört, von denen man sich besser fernhalten sollte.

    Leider bin auch ich manchmal erst hinterher klüger 😉:

    Bei der letzten Wahl habe ich Christian Scheider unterstützt, weil die Stadt-SPÖ in den Jahren zuvor meiner Meinung viel blockiert und wenig zustande gebracht hat. Doch die anfängliche Hoffnung auf Veränderung wurde schnell enttäuscht. Statt mit einem kompetenten Mitarbeiterstab die zentralen Agenden selbst zu übernehmen, wurden wesentliche Entscheidungen anderen überlassen. Und plötzlich waren sie auch wieder da: alte Freunde aus der Haider-Zeit. Das Resultat ist bekannt.

    Daher war es an der Zeit für das Team Kärnten, sich von diesen Leuten zu trennen.
    Ein Patentrezept für Klagenfurt habe ich jetzt aber leider auch nicht. Neuwahlen könnten vielleicht Sinn machen, aber nur dann, wenn ALLE Parteien ihren Fokus endlich auf Klagenfurt und seine Menschen richten, und nicht auf Macht und Klientelpolitik.

  2. Schon Giovanni Falcone und Paolo Borsellino wussten es: Folge der Spur des Geldes.
    Apropos Geld: 30.000€/Strassenschild wäre ein Geschäftsmodell mit dem man das leere Stadtsäckel sanieren könnte. Voraussetzung, das Geld fließt in die Stadtkasse😉

  3. Gratuliere zu Ihrer Arbeit Hr. Miklautz, Sie zeigen wie wichtig unabhängiger Journalismus als Hygienefaktor für diese verrottete Politik benötigt wird.

  4. Man muss schon sehr naiv sein um zu glauben, einen Straßennamen erhält man einfach so ohne Gegenleistung. Und die Eröffnung eines Geschäfts sollte gewöhnlich nicht als Gegenleistung ausreichen – selbst in einem “Lost Place” wie Klagenfurt… Ich hoffe, die Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft mal einen Blick darauf.
    (selbstverständlich gilt – wie immer bei allem in Kärnten – die Unschuldsvermutung…)

  5. Wenn eine Straße umbenannt wird, werden dann auch alle zuordenbaren Grundbucheinträge geändert?
    Wenn ja, wer trägt diese Kosten?
    Falls diese die öffentliche Hand übernimmt – wie viel macht die Summe aus, die in dem oben berichteten Fall von uns allen zu tragen sind?

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