Man hüte sich vor jenen, die „alternativlos“ sagen

//Meinung//

Das Ziel, etwas als alternativlos darzustellen, ist, den Handlungsspielraum des Gegners einzuengen – ihn in eine Einbahnstraße der Entscheidungen zu drängen. Man kennt das aus der Politik, Sebastian Kurz war „alternativlos“, Konzerne sagen gerne „alternativlos“, wenn sie Bürgern öffentliche Güter abjagen, Kriege sind in diesem Jargon erfunden worden.

Und jetzt sollen also die Flughafenpläne der Lilihill-Gruppe des Immobilieninvestors Franz Peter Orasch „alternativlos“ sein: 450 Millionen Euro an Investitionen verspricht er, ein Airporthotel, ein Logistik-, ein Technologiezentrum, ein IT-Rechenzentrum, bemannte Drohnen und, und, und. Dies alles nicht als Märchenstunde zu empfinden fällt schwer: Orasch hatte dem Flughafen und damit der Kärntner Politik schon einmal Milch und Honig versprochen: eine Milliarde Investition, eine Million Passagiere und 5.400 neue Arbeitsplätze. Dann kam Corona, aber während andere Flughäfen wie etwa Laibach diese Zeit nutzten, um ein neues Flughafenterminal um 21 Millionen Euro zu bauen, geschah in Klagenfurt: Nichts.

Filmreifer Pathos: „Wochen der Entscheidung“

„Alternativlos“ also. Orasch bewirbt diese „Alternativlosigkeit“ sogar mit kleinen gut gemachten Videos. Gerhard Seifried, Ex-ORF-Mitarbeiter und heutiger Kommunikationsberater, hat für Orasch eine eigene Infoschiene erfunden. Den Lilihill-Channel. Dort werden die Altgesellschafter, das Land Kärnten und die Stadt Klagenfurt – sie besitzen noch rund 25 Prozent des Airports (der Rest gehört Orasch) – unter subtilen Druck gesetzt. Denn Orasch will für den versprochenen Millionensegen rund 48 Hektar der nicht betriebsnotwendigen Grundstücke des Flughafens, und zwar für eine seiner privaten Immobilienfirmen, die Lilihill Aviation City Beteiligung GmbH. Das Video zu besagter „Alternativlosigkeit“ ist pathetisch betitelt und klingt ein wenig nach Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin: „Airport Klagenfurt Wochen der Entscheidung“ heißt der Zweiminüter filmreif. Darin wird sogar das Sitzungsdatum bekannt gegeben, an dem Land und Stadt der „Alternativlosigkeit“ zustimmen sollen: 16. Dezember. Generalversammlungstermin des Flughafens.

Wahnwitziger und womöglich fahrlässiger Immobiliendeal

Für die 48 Hektar, die Orasch aus der ihm zu Dreiviertel gehörenden Flughafengesellschaft herauskaufen will und auf denen Hotel & Co. entstehen sollen, will er maximal 17,8 Millionen Euro bezahlen. Also etwa 37 Euro für den Quadratmeter. Dass dieser Coup alles andere als „alternativlos“ ist, wird etwa hier aufgezeigt. Über das Instrument des Baurechts würden die Grundstücke in der Hand des Flughafens und so auch im Miteigentum der öffentlichen Hand bleiben und jährlich einen ansehnlichen Baurechtszins abliefern, den der Flughafen in Investitionen stecken könnte – ohne dass ihm Substanz verloren ginge. Der Verkauf der 48 Hektar kann somit nicht im Interesse der öffentlichen Hand sein. Und schon gar nicht, wenn man sich den Investitionsplan des Flughafens ansieht: Im Jahr 2022 sind lediglich 3,8 Millionen an Investitionen geplant, in den Folgejahren bis 2026 in ähnlicher jährlicher Höhe. Das sind Preisklassen, die sich Land und Stadt aliquot ihrer Beteiligung problemlos leisten könnten. Der Grundstücksdeal wäre geradezu wahnwitzig und womöglich auch fahrlässig, wie ein Vergleich zeigt:

Aus dem Gutachten für die sogenannten Rohrergründe: Stadt zahlte pro Quadratmeter das Elffache dessen, was Orasch nun am Flughafen bezahlen will

Stadt zahlte für Vitalbadgrundstück über 400 Euro pro Quadratmeter

Während Orasch per Gutachten darauf beharrt, am Flughafen pro Quadratmeter also nur 37 Euro zu bezahlen, hat die Stadt Klagenfurt in einem anderen Deal vor zwei Jahren für die sogenannten Rohrergründe (knapp 2 ha) beim Minimundus sage und schreibe über 400 Euro je Quadratmeter hingeblättert. Das Elffache dessen, was Orasch jetzt beim Flughafen-Abverkauf zahlen will. Veranschaulicht: Die Stadt hat für gut zweieinhalb Fußballfelder rund acht Millionen Euro bezahlt. Orasch will für 67 (!) Fußballfelder nur wenig mehr als das Doppelte, 17,8 Millionen, bezahlen. Für ein fast 25 Mal so großes Grundstück. Würde man nun die Faktoren der beiden Grundstücksgeschäfte, nämlich doppelter Preis und 25fache Größe, in Relation zueinander setzen, träte der Wahnwitz des Deals in ganzer Breite in Erscheinung: Danach müsste Orasch für die Flughafengründe 194 Millionen Euro bezahlen. Das Elffache von 17,8 Millionen. Sukkus: Entweder die Stadt hat 2019 viel zu viel für das Vitalbadgrundstück bezahlt oder sie (und das Land) werden die Flughafengründe (in der angepeilten Variante) viel zu billig verscherbeln. Beides wäre fahrlässig. Und entspräche wohl kaum den Prinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit – was auch rechtliche Konsequenzen mit sich bringen könnte.

Beide Liegenschaften weisen Ähnlichkeiten auf: Noch keine Bauwidmung, Autobahn- und Eisenbahnnähe. Minuspunkt beim Flughafen: Die Gründe sind nicht zusammenhängend und nicht aufgeschlossen. Aber selbst wenn die beiden Grundstücke nicht eins zu eins vergleichbar wären, der plakative Irrwitz dieses Geschäfts schlägt jedem Fass den Boden aus und die Dimension, mit der der Deal zu Lasten des Steuerzahlers gehen könnte, spricht Bände und ist der Bevölkerung gegenüber – diesmal wirklich – alternativlos unargumentierbar.

Weitere Alternativen

Weitere Möglichkeiten, der Falle der „Alternativlosigkeit“ zu entkommen und damit wieder in Optionen zu denken, wäre erst einmal zu bestimmen, welche Flächen am Flughafen überhaupt baulich gewidmet werden können. Und dann gäbe es auch noch die Alternative, Orasch die 48 Hektar keinesfalls auf einmal zu verkaufen, sondern je nach jährlichem Investitionsbedarf des Flughafens. Aber nicht zu 37 Euro am Quadratmeter. Dazu wäre wohl noch mindestens ein Gegengutachten, wenn nicht weitere Plausibilisierungen einzuholen. Womit wir bei einem der möglichen Gründe wären, warum Orasch über pathetisch betitelte Videos (und mitschwingende Zeitungen) versucht, Druck aufzubauen: Speed kills.

Deshalb wird es von Landes- und Stadtseite her mutige Politik brauchen, die sich nicht in die Einbahnstraße der „Alternativlosigkeit“ drängen lässt, sondern anhand von Fakten klug und zugunsten dessen entscheidet, den sie einzig und allein zu vertreten hat: Ihren Arbeitgeber, den Steuerzahler. Alles andere würde nur Kellerleichen produzieren. Was mit denen letztlich passiert, ist hinlänglich bekannt.

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Fotocredit: Eigen

Dieser Text spiegelt die persönliche Meinung des Investigativ-Journalisten Franz Miklautz wider.

4 Kommentare

  1. Wenn es keine Alternativen gibt, dann spielen auch die kolportierten Summen keine Rolle: mal eine Milliarde, mal 450 Millionen. Am 19.8.2019, also vor etwas mehr als zwei Jahren, sollte das alles laut Kleiner Zeitung sogar nur 260 Millionen kosten und Klagenfurt „den modernsten Flughafen Europas“ bescheren. Das törichte Wort „alternativlos“ gehört übrigens in dieselbe Kategorie wie das gerne genutzte Wort „denkunmöglich“: denn genauso wie man über alles nachdenken kann, gibt es auch zu allem eine Alternative. Im gegebenen Fall etwa einen kleinen feinen und professionell gemanagten Regionalflughafen, der den Wirtschaftsstandort Kärnten stärkt und, soweit dies möglich und realistisch ist, auch den Tourismus unterstützt. Verkauft man die fraglichen Grundstücke zu einem realistischen Preis, kann man einen solchen Flughafen über Jahrzehnte betreiben, ohne dass dass Stadt und Land zuschießen müssten. Vermutlich ist das aber für manche denkunmöglich 🙂 ….

  2. Ich verstehe nicht, warum die Eigentümer nicht einfach ein Baurecht vergeben. Dann bleibt der Grund im Besitz der Betriebsgmbh und jährlich würde eine schöne Pacht kassiert werden.

    Aber diese Option haben Stadt und Land auch bei anderen Projekten nicht gezogen. Immer wird nur öffentliches Eigentum verscherbelt, anstatt erhalten.

  3. .. auch das ist natürlich „denkmöglich“ und wäre sogar eine gute Option; vermutlich würde die Pacht reichen, etwaige Abgänge der Flughafenbetriebsgesellschaft abzudecken. Aber dann könnten die Gründe von anderen nicht als Sicherungsleistung herangezogen werden, was ein Grund für die „Alternativlosigkeit“ sein könnte ;-).

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