Neue Baurechtsverträge von Lilihill aufgetaucht: Bruchlandung am Flughafen vorprogrammiert

Der Flughafen bleibt im Krisenmodus. Foto: Johannes Puch/Airport Klagenfurt

Es wird wohl der Jahres-Showdown werden: Am 21. Dezember treffen einander die Gesellschafter des Klagenfurter Flughafens zur Generalversammlung. Von Weihnachtsfrieden wird dieses Gipfeltreffen so weit entfernt sein wie der Airport Klagenfurt von passablen Passagierzahlen. Vor allem einer der Punkte auf der Tagesordnung dürfte für Zündstoff sorgen: Die Beschlussfassung zur Baurechtsvergabe von mehr als 37,5 Hektar der nicht betriebsnotwendigen Flughafenflächen, die sich 75-Prozent-Eigentümer Franz Peter Orasch mit seiner Lilihill-Gruppe holen will.

Immobilien-Fachleute: „50 Cent bis 1,50 Euro“

Noch Anfang des Jahres wollte Orasch 49 Hektar um 17,8 Millionen Euro kaufen. Dem erteilten das Land Kärnten durch die Kärntner Beteiligungsverwaltung (KBV) mit ihrem Vorstand Martin Payer und die Stadt Klagenfurt mit Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) eine Absage. Die Liegenschaften wurden nicht verkauft. Nun macht Orasch einen zweiten Anlauf, die Grundstücke verwerten zu können. Und zwar im Wege eines Baurechtsverfahrens. In Klagenfurt sind Baurechtszinsen von „50 Cent bis 1,50 Euro möglich“, sagt der Immobilienexperte und Fachgruppenobmann der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer Paul Perkonig. Wobei: „50 Cent ist schon eher auf der günstigen Seite“, konkretisiert Perkonig. Ihm „sind auch schon 1,50 Euro zu Ohren gekommen. Das ist durchaus keine unübliche Größe“, sagt der Immobilienfachmann.

Oraschs Bauzins weit unter Expertenschätzung

Perkonig behält in der Praxis offenbar Recht: Beim Klagenfurter Immobilienhändler Jahn Real liegt ein solches Grundstück in der virtuellen Auslage. Auf der Homepage des Unternehmens wird ein 15.500 Quadratmeter großes Grundstück um einen (1) Euro pro Quadratmeter pro Monat angeboten. Zwei weitere Immobilienmakler, die sich Anonymität ausbedungen haben, teilen die Bandbreiten-Schätzung Perkonigs unabhängig voneinander und sagen, „mit 50 Cent bis 1,50 Euro pro Monat und Quadratmeter kann man schon rechnen“. Davon ist Orasch in seinen Vertragsentwürfen weit entfernt: Beim größten Areal, das Orasch haben will, es liegt im Süden des Flughafens und hat 238.889 Quadratmeter, will Orasch lediglich 8 Cent pro Quadratmeter und Monat auf den Tisch legen (Avilog/Avitech). Auf einer weiteren Fläche, auf der er Solarpanele aufstellen will (100.000 Quadratmeter, Avipower) liegt er gar nur bei 6 Cent pro Quadratmeter und Monat. Siehe dazu folgende Tabelle:

Was Orasch zahlen will

Laut Immobilienexperten sind in Klagenfurt zwischen 0,5 und 1,5 Euro pro Quadratmeter und Monat als Baurechtszins möglich – Orasch will nur einen Bruchteil dessen für die Flughafengrundstücke bezahlen

Beim Avicon, das Konferenzen beinhalten dürfte, kommt Orasch auf nur 17 Cent, das Officegebäude (Avioffice) ist ihm knappe 30 Cent pro Quadratmeter und Monat wert. Auch beim Hotel (Avitel) liegt Orasch niedriger als die Untergrenze von 50 Cent. Selbst beim Parkhaus (Avipark) ist er nur leicht darüber. So kommt Orasch im Durchschnitt auf 10 Cent pro Quadratmeter und Monat, einem Fünftel der von den Experten erwähnten Untergrenze. Zieht man die höheren 1,50 Euro heran, kommt er sogar auf nur ein Fünfzehntel des laut Experten möglichen Preises.

Stadtwerke zahlen vier Mal so viel wie Orasch

Oraschs Angebot hält auch dem Vergleich mit einem jüngst durchgeführten Immobiliendeal der Stadtwerke (STW) Klagenfurt nicht stand. Diese zahlen der Klagenfurter Pfarre St. Rupprecht in einem offenbar gut verhandelten Deal 100.000 Euro Bauzins pro Jahr. Und das für ein, wie STW-Vorstand Erwin Smole sagt, rund 2,2 Hektar großes Grundstück. Das wären somit rund 40 Cent pro Quadratmeter und Monat – oder vier Mal so viel wie Orasch nun am Flughafen zahlen will. Auch der Klagenfurter Immobilienfachmann Günter Lausegger (Lexer Immobilien) verwertet gerade ein Grundstück im Süden der Landeshauptstadt im Baurechtswege. Diese Liegenschaft liege am unteren Ende der genannten Preisspanne, sagt er. Lausegger hatte aber auch schon „ein Grundstück mit 95 Cent am Quadratmeter pro Monat“.

Der Klagenfurter Immobilienanwalt Enrik Mandl kann die Durchschnittsgröße von 10 Cent „nicht nachvollziehen“. Letztendlich werde der Preis von der Flächenwidmung und vom Bebauungsplan bestimmt. Apropos: Orasch wünscht sich, dass die Aufschließungskosten für das Riesengrundstück im Süden, jenes mit den 289.000 Quadratmetern, vom Grundeigentümer bezahlt werden. Also der Kärntner Flughafen Betriebsgesellschaft (KFBG). Das würde bedeuten, dass 25 Prozent, so viel hält die öffentliche Hand noch am Flughafen, der Steuerzahler berappen müsste.

Ankündigung gebrochen

Das Gutachten Oraschs, dem diese Bauzinsvorstellungen entspringen, wurde jüngst durch die Firma Colliers International, einem Unternehmen der bekannten Wiener Familie Georg und Ariel Muzikant, ermittelt. Der Ersteller ist kein gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger. Zudem dürften Eckpunkte darin allein aufgrund von Angaben errechnet worden sein, die die KFBG gegenüber dem Gutachter erteilt hat. Eine Überprüfung oder Plausibilisierung einiger Punkte erfolgte offenbar nicht. Orasch hatte im Sommer in einem vorangehenden Vertragsentwurf noch schriftlich vermerkt, drei Vorschläge für den Gutachter zu machen, von denen dann einer von allen, also auch den Minderheitsgesellschaftern Land und Stadt, einstimmig zu wählen sei. Jetzt hat er der KBV und der Stadt das fertige Gutachten übermittelt. Kaum denkbar also, dass KBV-Vorstand Martin Payer am 21. Dezember den Weihnachtsmann für Oraschs Grundstückswünsche gibt. Auch bei Liesnig, der sich bekanntermaßen gut an Abmachungen erinnert, ist ein Nein zum vorgelegten Gutachten möglich. Sagen möchte er allerdings nichts zur Causa.

Angst vor Slapp-Klagen

Wie auch Martin Payer nicht. Bei der KBV geht die Angst vor sogenannten Slapp-Klagen Oraschs um. Das sind Klagen, die hauptsächlich der Einschüchterung dienen und bei denen behauptet wird, dass Geschäftsgeheimnisse nach außen getragen wurden. Zu den Mediapartizan-Recherchen befragt, sagt Payer denn auch: „Das sind interne Sitzungsunterlagen, zu denen ich mich nicht äußern darf.“

„Fluglinie ist Ablenkungsmanöver“

Auch Beteiligungsreferent Martin Gruber (ÖVP) hält sich zurück, erklärt aber auf Anfrage: „Ich werde interne Unterlagen nicht kommentieren. Aber ich bin bestürzt darüber, mit welcher Dreistigkeit der Mehrheitseigentümer hier erneut versucht, nach den Grundstücken zu greifen.“ Gruber kritisiert außerdem: „Es ist, wie es immer mit ihm (Orasch, Anm.) war – Dinge, zu denen er vertraglich verpflichtet wäre, knüpft er an inakzeptable Bedingungen zu seinen Gunsten. Die neue Fluglinie ist ein reines Ablenkungsmanöver von dem, was er wirklich vorhat.“

Landeshauptmann ohne Antwort auf Frage nach Baurechtszins-Höhe

Eine Anfrage bei Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) um einen Kommentar zur Höhe der Baurechtszinsen blieb unbeantwortet. Er befinde sich in Terminen und würde eine Stellungnahme auch nur auf Basis eigener Unterlagen abgeben.

Brisanz im Landtag: Gutachten schon am 17. August ausgehandelt

Bereits am 17. August dieses Jahres soll Flughafen-Mitgeschäftsführerin Katrin Teis die Details für das Gutachten mit der Colliers International besprochen und ausgehandelt haben. Brisant: Die Unterlagen, in denen Orasch die oben erwähnten drei Vorschläge für den Gutachter versprochen hatte, fanden sogar den Weg in den Kärntner Landtag. In diesen Unterlagen kündigte Orasch wie erwähnt an, den Gesellschaftern drei Gutachtervorschläge zu unterbreiten, aus denen sie wählen könnten. Zu dieser Zeit, die Landtagsanfrage des Team Kärnten von Gerhard Köfer datierte vom Oktober, war das Gutachten zwischen Teis und der Collier International aber schon längst besprochen gewesen.

Orasch will Baurechte verkaufen können

Neben der Brisanz der Gutachter-Causa sollen in den neuen Papieren auch weitere Streitpunkte enthalten sein. So soll Orasch vorgeschlagen haben, dass die KFBG gleich 400 Stellplätze á 100 Euro pro Monat im Parkhaus von ihm mieten soll. Weiters will Orasch nach den 99 Jahren Baurecht 25 Prozent vom dann noch bestehenden Bauwert ausbezahlt haben. Das bedeutet, die KFBG müsste ihm die Gebäude ablösen. Außerdem hat Orasch in den Vertragsentwürfen Vorsorge getroffen, die Baurechte weiterverkaufen und belasten zu dürfen. Auch deshalb dürfte es von der öffentlichen Hand in der Weihnachtssitzung kein Go geben.

Kandlhofer und die Hüte: Interessenkonflikt, wenn nicht Befangenheit

Dieter Kandlhofer, umstrittener Neumanager bei Lilihill, soll letzten Informationen zufolge in den Aufsichtsrat der KFBG einziehen. Das ist deshalb pikant, da Kandlhofer einer jüngsten Aussendung der Lilihill gemäß auch Geschäftsführer der nächste Woche neu präsentierten Liliair-Fluggesellschaft werden soll. Damit hätte Kandlhofer zwei Hüte auf: Als Geschäftsführer der Liliair muss er das Beste für die Fluglinie, etwa niedrige Landekosten, herausholen. Als Aufsichtsrat der KFBG muss er wiederum Sorge für das Wohl des Flughafens, also möglichst hohe Landegebühren herausholen. Ein klassischer Interessenkonflikt, wenn nicht eine Unvereinbarkeit. Selbiges gilt für Peter Malanik. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der KFBG und wurde letzte Woche in einer Aussendung der Lilihill als kommender Geschäftsführer der Liliair ausgewiesen. Für ihn gilt dasselbe wie für Kandlhofer. Mittlerweile hat man Malanik in besagter Presseaussendung vom Geschäftsführer der Liliair zum „Senior Aviation Advisor“ umdekoriert.

Aus der Geschäftsführung der KFBG soll zudem Dieter Matjasic weichen. Neben Christian Ehmann offenbar der zweite Abgang. In ihren eigenen Vorberechnungen gibt die KFBG noch immer 103.021 Passagiere für 2022 an. Ein Wert, der laut letzten Schätzungen nicht erreicht werden wird. Der Flughafen wird im fünften Jahr unter Oraschs Führung vermutlich deutlich unter 100.000 Fluggästen bleiben. Für 2023 plant man 298.000 Passagiere, was einer Verdreifachung gleich käme. Für 2024 stehen rund 440.000 am Plan und 2025 etwa 503.000 Passagiere. Doch Papier ist geduldig. Wie man am Strategieplan Oraschs sieht: Der ist seit der Übernahme im Jahr 2018 – außer den gesetzlichen Verpflichtungen – nicht erfüllt.

Eines steht mit ziemlicher Sicherheit fest: Auch wenn die Sitzung am 21. Dezember kurz vor Weihnachten stattfindet – Geschenke wird man einander nicht machen.

Lilihill verweigert Anworten auf Journalistenanfragen und verweist auf ihre eigenen Kommunikationskanäle.

***Foto: Puch/Airport Klagenfurt

1 Kommentar

  1. Das alles und noch mehreres hat DDr. Neuner mir mit seinen Blogs mitgeteilt, die er mir dankenswerterweise per-mail zugeschickt hat! Seine Ausführungen sind klar verständlich, obwohl sehr intelligent geschrieben, sodass auch ich eine richtige Kenntnis bekommen konnte, die für mich auch absolut glaubhaft und richtig ist und mir auch sein wirkliches Wissen sowie seine Kenntnisse/Erkenntnisse bewiesen haben, die wirtschaftlich und menschlich absolut achtenswert sind und mir als völliger Laie eindeutig eine richtige Kenntnis/Einsicht geben konnte, bei all den heutigen Irrungen und Verwirrungen!

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