„Bestimmungstäterschaft zur Untreue“: Zwei Gutachten bringen Kärntner Regierungsmitglieder wegen Flughafen-Call-Option unter Druck

Sie wurden bereits im November geschrieben. Und dann offenbar gut versperrt. Jetzt gelangten die vertraulichen Dokumente an die Oberfläche: Die Rede ist von zwei Rechtsgutachten von Wiener Universitätsprofessoren, die in ihren Expertisen davon ausgehen, dass für den Fall des Nicht-Ziehens der Call-Option – gepaart mit einem eintretenden Vermögensschaden – ein Haftungsrisiko für die Mitglieder der Kärntner Landesregierung besteht.

Aus dem Kert-Gutachten

„Bestimmungstäterschaft zur Untreue“

Papier Nummer eins wurde von Robert Kert vom Institut für Österreichisches und Europäisches Wirtschaftsrecht an der Wirtschafts-Uni Wien erstellt. Es ist 22 Seiten lang und kommt zu folgendem Schluss: „Würde die Zustimmung zur Call-Option“, also der Rückholung des Flughafens in die öffentliche Hand, „von der Landesregierung verweigert, käme eine Bestimmungstäterschaft ihrer Mitglieder zur Untreue in Betracht, sofern diese Entscheidung nicht dem Verhalten eines umsichtigen und sorgfältigen Geschäftsmannes entspricht“.

Geringer „erscheint das Risiko einer Strafbarkeit wegen Untreue dann, wenn die Argumente für und gegen das Ziehen der Call-Option auf Grundlage ausreichender Informationen einer Abwägung unterzogen werden“, schreibt Kert. Ergäbe die Abwägung allerdings, „dass alle Argumente für das Ziehen der Call-Option sprechen, wäre diese jedenfalls zu ziehen, um ein Strafbarkeitsrisiko zu vermeiden“.

Call-Option zwei Mal abgeschmettert

Bekanntlich wollte der Aufsichtsrat der Kärntner Beteiligungsverwaltung (KBV) – dezimiert, weil SPÖ-nahe Vertreter die Abstimmung nicht mitmachten – die Call-Option schon im Vorjahr ziehen. Landesrat Martin Gruber (ÖVP), dessen Vertrauen zu Investor und Lilihill-Chef Franz Peter Orasch über die Jahre geschwunden ist – brachte den Antrag dann in die Landesregierung ein, in der die Call-Option jedoch von der SPÖ abgeschmettert wurde. Sie argumentiert mit Bedenken, dass es mit Orasch zu einem Rechtsstreit kommen könnte. Bisher hat die SPÖ einen solchen Antrag Grubers mit ihrer Regierungsmehrheit bereits zwei Mal abgelehnt.

Vollmundige Ankündigungen

Die Call-Option kann dann gezogen werden, wenn Orasch als Mehrheitseigentümer am Flughafen unter der Mindestgrenze von 100.000 Jahrespassagieren bleibt. Was sowohl 2021 (rund 29.000) und auch im Vorjahr (82.000) passiert ist. Trotz vollmundiger Ankündigungen von Flughafen-Geschäftsführer Nils Witt, der noch im Mai 2022 von einem Passagierziel von „130.000 bis 140.000“ sprach.

Keine Amtshaftung – aber zivilrechtliche Strafbarkeit möglich

Das zweite Rechtsgutachten hat Stefan Perner verfasst. Er ist wie Kert Professor an der WU Wien, jedoch am Institut für Zivil- und Zivilverfahrensrecht. Sein Papier umfasst 19 Seiten. Beide Gutachten wurden vom Land Kärnten in Auftrag gegeben. Konkret von Albert Kreiner, dem Leiter der Abteilung 7. Kreiner ist gleichzeitig der Landesaufseher in der KBV. Perner kommt zum Resümee, was auch Kert in seiner Betrachtung bestätigt, dass die Ziehung der Call-Option keine hoheitliche Tätigkeit wäre, „weshalb Amtshaftungsrecht nicht anwendbar ist“. Die Haftung könne aber sehr wohl zivilrechtlich schlagend werden.

Aus dem Perner-Gutachten

„Großes Haftungsrisiko“ für Kaiser

Mit dem Nicht-Ziehen der Call-Option „verschlechtern die Mitglieder der Landesregierung die Verhandlungsposition der KBV. Dass sie in diesem Fall ein – nicht zu unterschätzendes – Haftungsrisiko trifft, ist offenkundig“, führt Perner aus. Dabei kommt Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) offenbar ein besonderes Risiko zu: Lässt er nämlich, wie am Arnulfplatz tagelang gemutmaßt wurde, nicht einmal eine Diskussion über die Rückholung des Flughafens im Landesregierungs-Kollegium zu, „setzt er sich damit einem großen Haftungsrisiko aus“. Kaiser ließ den Tagesordnungspunkt jedoch beide Male zu.

Weitere Passage aus Perners Gutachten

Das Haftungsrisiko für die Kärntner Regierungspolitiker könnte dann schlagend werden, wenn sie nicht mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmannes handeln. Dabei geht es unter anderem auch um Geld, viel Geld: Der Flughafen kann, rechnerisch ausgehend vom Zeitpunkt der Privatisierung (2018) jedes Jahr um zusätzliche 810.000 Euro von Orasch zurückgekauft werden. Wird eine solche Entscheidung nicht getroffen und tritt ein Vermögensschaden für das Land ein, wären Kaiser & Co. laut beiden Gutachten in der Ziehung.

2 Kommentare

  1. Man würde meinen, dass Martinz genug Mahnmal war. Aber offenbar glauben noch immer einige Politiker, dass das Eigentum der Kärntner ihr eigenes wäre…

  2. Kärnten ist reich, da kann man schon 810.000.- pro Jahr sausen lassen.
    Man hatte ja einst schon einen Besserungsschein vergessen, der den Mehrertrag bei der Hypo-Verwertung auch Kärnten zugute kommen hätte lassen können.
    Aber ein paar Millionen auf oder ab in Stadt und Land waren der roten Politik schon immer egal.

    Ist ja nur Steuergeld! Was ist das schon gegen ein paar fette Zubußen für den Wahlkampf.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*