Das DKT-Spiel der Lilihill-Gruppe, die ASFINAG und das Ende der bunten Bildchen

Noch keine wesentliche Verbesserung am Klagenfurter Airport (c) andreas160578 (Pixabay)
Großen Versprechungen am Klagenfurter Flughafen folgte großteils Ernüchterung (c) andreas160578 (Pixabay)

Analyse

Was jubelte man im Juni 2018 in der Kärntner Landesregierung: „Die Präsentation Oraschs und seiner Lilihill Capital Group war beeindruckend und das Konzept, mit dem der Flughafen als Alpe-Adria-Drehkreuz mit neuen Flug- und Hubanbindungen positioniert werden soll, sehr schlüssig“. O-Ton Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und Beteiligungsreferent Martin Gruber (ÖVP). Gruber trat eine ganze Zeit lang noch als Befürworter der Teilprivatisierung auf, mit der 74,9 Prozent des Klagenfurter Flughafens an Franz Peter Orasch gegangen waren. Einem DKT-Spieler im Immobiliengeschäft, der aus Bad Eisenkappel auszog, um die Realitäten-Welt zu erobern.

Gegenüber Mathiaschitz den Kürzeren gezogen

Vor 2015 nahezu unbekannt, kaufte Orasch in den Zehnerjahren für das Klagenfurter Stadtbild sensible Gebäude auf. Salzamt, Moser Verdino, das verwahrloste Quelle-Haus oder den Heuplatz 4. Mit der gleichen Intensität, mit der Orasch neue Häuser auf seine DKT-Fläche pappte, wuchs seine Gebäudemacht, wurde er der Bevölkerung unheimlicher und buckelte ein Teil der Kommunalpolitik vor ihm. Eine Ausnahme bildete da die Ex-Bürgermeisterin von Klagenfurt, Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ): Die versuchte Orasch mit eben solchen Präsentationen, wie er sie vor Kaiser und Gruber gehalten hat, über die Medien zu überrumpeln. Die Klagenfurter Messe sollte an den Flughafen wechseln (der ihm zu dieser Zeit bereits zu 74,9 Prozent gehörte). Am angestammten Messeareal sollten laut den bunten Bildern des Immobilien-Unternehmers Büros, eine Megaeishalle und Wohnungen entstehen. Wieder einmal eines von Oraschs Hochglanz-Projekten.

Und bei dem blieb es: Denn mit der resoluten Ex-Bürgermeisterin war nicht gut Kirschen essen. Sie zeigte Orasch per Gutachten, das empfahl, die Messe in der Stadt zu belassen, wer die Herrin in dieser Stadt war. Trotzdem sind auch unter ihrer Ägide fragwürdige Pro-Orasch-Entscheidungen gefallen. Etwa das Ruefa-Gebäude neben dem Rathaus an denselben zu vergeben. Um danach, wenn er seine Pläne für das Salzamt realisieren würde, deutlich weniger an Mieteinnahmen zu kassieren.

Privatisierung wurde unter SPÖ-Aufsicht beschlossen

2018 dann blieb Orasch als einziger Bieter für den Flughafen übrig. Bau-Magnat Hans Peter Haselsteiner (Strabag), der um den Airport mitgeboten hatte, schied auf eigenen Wunsch aus. Trotz einer omenträchtig niedrigen Punktezahl, die die Lilihill-Gruppe im Verfahren erhielt, widerrief die Kärntner Beteiligungsverwaltung (KBV) unter der damaligen Führung von SPÖ-Intimus Gilbert Isep die Ausschreibung nicht. Bei der Entscheidung am 23. April 2018 war Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig (SPÖ) Landesaufsicht in der KBV. Der Deal wurde einstimmig von allen KBV-Aufsichtsräten durchgedrückt. Darunter auch ÖVP- und FPÖ-nahe Mitglieder.

Oraschs ungelegte Eier

Dann passierte: nichts. Von den großspurigen Ankündigungen Oraschs wurde nichts umgesetzt. Im August 2019 versprach er gar eine Milliarden-Investition in den Airport. 2024 sollte der Airport einer der modernsten der Welt sein. Das wäre nächstes Jahr gewesen. Von wesentlichen Umbauarbeiten am Flughafen ist aber auch unter Einsatz der größten Lupe nichts zu sehen. Orasch schmiss mit den Hunderten Millionen nur so um sich. Wie er gleichzeitig auch mit Geschäftsführern und Schlüsselpersonal um sich schmiss. Als erstes verließ Michael Kunz den Airport. Er sagte, es sei „nicht mein Wunsch, den Flughafen an die Messe zu übergeben“. Ein Wink an Orasch, der ja plante, die Messe an den Flughafen zu übersiedeln. Wie Mathiaschitz ihn lehrte, redete Orasch diesbezüglich aber über ungelegte Eier. Danach übernahm Harald Stoutz die Geschäftsführung. Doch auch er war nach kurzer Zeit wieder weg. Auch Flughafen-Aufsichtsrat Karl-Georg Eisner strich vor gut zwei Jahren die Segel und quittierte den Lilihill-Dienst.

Der Strategieplan als Köder

Nach gut drei Jahren beendete Gruber 2021 die Verhandlungen mit Orasch. Der hatte bis dahin bis zu 99 Prozent vom Flughafen gefordert. Also gut 25 Prozent zusätzlich zu seinen bereits vorhandenen 74,9 Prozent. In dieser Zeit hatte auch KBV-Chef Martin Payer Orasch mitunter verteidigt. Auf eine seinerzeitige Anfrage des Autors für den „Kärntner MONAT“ (für den der Autor auch schreibt), warum die nicht betriebsnotwendigen Grundstücke des Flughafens zu fragwürdig niedrigen Preisen an Orasch vergeben werden sollten, sagte Payer: „Wollen Sie an einer Landebahn wohnen oder arbeiten?“ Womit der KBV-Vorstand die damals kursierenden recht günstigen Quadratmeter-Preise für Orasch argumentierte. Aber sowohl Gruber als auch Payer dürften rund um 2021 beschlossen haben, dass es mit Orasch nicht mehr geht. Der Hauptgrund: Orasch hatte dem Land im sogenannten Strategieplan wildwüchsig Dinge versprochen, die er nicht einhielt: Busterminal, Modernisierung des Abflugbereichs, Erweiterung der Parkmöglichkeiten – nichts davon ist umgesetzt. Und noch viel wichtiger: Hunderttausende Passagiere. Ja, es war Corona. Aber 2022 hat der Airport unter Kapitän Orasch nicht einmal das Minimalziel von 100.000 Fluggästen erreicht.

Kaiser und die Call-Option

Deshalb soll morgen in der Regierungssitzung darüber entschieden werden, ob die Call-Option, also die Rückholung des Airports in die öffentliche Hand, gezogen wird oder nicht. Das ist mit Kosten von gut vier Millionen Euro verbunden. Doch das scheint noch immer ein „Geschäft“ zu sein. Denn Orasch hatte 2018 rund 8,1 Millionen Euro ins Kapital der Flughafen Betriebsgesellschaft gepumpt. Der Deal mit der Call-Option sieht vor, dass das Land und die Stadt Klagenfurt den Flughafen jährlich zu je weiteren 810.000 Euro zurückholen können. Die Privatisierung ging 2018, also vor fünf Jahren, über die Bühne. In Summe also fünfmal 810.000 Euro, damit gute vier Millionen Euro. Rund 800.000 Euro davon müsste die Stadt Klagenfurt stemmen (20-Prozent-Eigentümer). Die 3,2 Millionen des Landes müssten morgen in der Regierungssitzung freigegeben werden. Doch das geht nur mit dem Go der SPÖ. Wenn Kaiser Nein sagt, bleibt der Airport im 42-Prozent-Eigentum Oraschs, der durch die Kapitalerhöhung, bei der er nicht mitzog, verwässert wurde.

Der Landeshauptmann und die Extra-Vereinbarung mit Orasch

Kaiser hatte im Schlepptau mit weiteren Politikern mit Orasch im Vorjahr neben offiziellen Verträgen eine Vereinbarung abgeschlossen, nach der der DKT-Spieler Orasch eine Flugverbindung zu einem Hub wie etwa Frankfurt bringen müsse. Und dann gegebenenfalls die Call-Option für 2022 fallen gelassen werde. Allein: Orasch brachte auch das nicht zusammen. Die erste Maschine hätte schon Ende April abheben sollen. Und zwar mit einer eigenen Airline: Der Liliair. Aber: Kein einziger Flug zu den versprochenen Destinationen Frankfurt, Köln oder Hamburg ist buchbar. Man wartet bis heute darauf.

Des Kaisers Daumen hoch oder runter?

Wie man auch mit Spannung auf die morgige Entscheidung des Landeshauptmanns wartet. Bei dem kolossalen Spektakel, das in den letzten fünf Jahren abgelaufen ist, darf man das durchaus als Kaisers Daumen hoch oder runter interpretieren.

Liliair, die ASFINAG und die Busflotte

Ob Oraschs Pläne mit der eigenen Airline ernstzunehmen sind, weiß nur er selbst. Vielleicht noch Dieter Kandlhofer und der Ex-Flughafen-Aufsichtsrats-Chef Peter Malanik. Doch der Versuch, eine eigene, mit Millionenkosten behaftete Airline aus dem Boden zu stampfen, scheint ein nicht zu unterschätzendes Wagnis zu sein. Ja, es gibt Flughäfen mit einem Home-Carrier (Lübeck). Dennoch verführt Oraschs Vorhaben zu einem Vergleich mit der ASFINAG: Eine eigene Fluglinie zu gründen, um die Passagierzahlen in Klagenfurt zu steigern, wäre so, wie wenn die ASFINAG eine Busflotte aus dem Boden stampfen würde, um Verkehr auf ihre Autobahnen zu bringen. Verkehrsrouten braucht man. Oder braucht man nicht.

ÖVP in der Auslage

In den fünf Jahren der Teilprivatisierung hat sich der Aviation-Markt grundlegend verändert. Fliegen an sich ist dennoch im Steigen begriffen. Die Frage wird sein, ob sich der Minimundus-Flughafen Klagenfurt halten wird können. Das müsste, ab einer etwaigen Freigabe der Call-Option durch Kaiser, die KBV beweisen. Und auch die Stadt Klagenfurt, die nach einer möglichen Rückholung wieder 20 Prozent am Airport besäße. Aber der KBV wird es zukommen, dass man sie an ihrer eigenen Kritik an Orasch misst: Sie wollte mehr Flugverkehr und weniger DKT-Spielchen. Das hatten Gruber und Payer (zurecht) immer von Orasch gefordert. Nun wird man eines mit Argusaugen beobachten müssen: Ob die KBV zur verlängerten Werkbank der ÖVP wird und die Grundstücke an gefällige Immobilienhaie vergibt? Davor ist man nach fünf Jahren Orasch hoffentlich gefeit.

Aber bunte Bildchen blenden. Egal von wem.

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