Seniorenheim Hülgerthpark: Stadt muss mit Millionen um Bräutigam buhlen

Seniorenheim Hülgerthpark
Seniorenheim Hülgerthpark

Wenn es in der Kärntner Landeshauptstadt um Großprojekte geht, herrscht selten Eintracht. Üblicherweise gibt es keine Ausnahme von dieser Regel. Das gilt auch für ein gröberes sozialpolitisches Projekt: den Um- und Neubau des sogenannten Hülgerthparks. Einem Seniorenheim mitten in Klagenfurt. Außenstehenden könnte der Eindruck erwachsen, für den Seniorenpark interessiere man sich politisch nur, wenn dort ein „Hunderter“ gefeiert wird. Dann werden – mit Fotografen im Schlepptau – Blumensträuße verteilt.

Liegenschaft bis zu 12 Millionen Euro wert

Seit Jahren plant die Stadt besagten Neubau auf dem rund 1,4 Hektar großen Areal. Bis zu 860 Euro pro Quadratmeter soll die Fläche wert sein. In Summe bis zu 12 Millionen Euro. Das ergab ein Gutachten eines Klagenfurter Ziviltechnikers im Auftrag der Stadt.

Eine erste Schätzung der Neubaukosten machte unter dem vormaligen SPÖ-Stadtrat Jürgen Pfeiler gute 11 Millionen Euro aus. Mit denen ging man seinerzeit groß in die Öffentlichkeit. „Die Stadt baut ein Pflegeheim der 4. Generation, das bedeutet, dass die einzelnen Zimmer je nach Pflegestufe der Bewohner mitwachsen können“, erklärte Pfeiler im September 2020 dem Online-Medium „5 Minuten“.

Projektstudie: So stellte man sich das Seniorenheim im Jahr 2020 vor

Doch die Wonne hielt nicht lang: Im Sommer 2021 explodierten die geplanten Umbaukosten auf 17 Millionen Euro. Der Grund: Involvierte sprachen von „völlig daneben gegangenen Planungen“. Seitdem wurde weder Zement angerührt noch wurden Ziegel aufgetürmt.

Stadt will Sperrminorität behalten

In der Folge entschied sich die Stadt, einen „strategischen Partner“ ins Boot zu holen. In dem künftig wohl die stadteigene Klagenfurt Pflege GmbH (KPG), die die 118 Heimbewohner betreut, aufgehen wird. Gut 75 Prozent an der künftigen Gesellschaft sollen von diesem Partner aufgesaugt werden. Eine Sperrminorität von 25,1 Prozent will das Rathaus behalten. Doch der Köder schmeckte dem Markt offenbar nicht.

Braut musste behübscht werden – Scheider: „Musste Maximum herausholen“

Laut Mediapartizan-Informationen gibt es zwar Interessenten an dem Deal, doch nicht zu den von der Stadt angepeilten Konditionen. Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten) forderte offenbar zu viel für den Stadtsäckel. Scheider übernahm nach Pfeiler das Sozialreferat, in das der Hülgerthpark fällt. „Es ist meine Aufgabe, das Maximum für die Stadt herauszuholen“, argumentiert Scheider. Hätte er es zu günstig hergegeben, „hätte man mich erst recht kritisiert“. Anfangs beinhalteten die Ausschreibungskriterien nämlich zwei große Brocken: Erstens verlangte die Stadt, dass der Betreiber, also besagter strategischer Partner, den kompletten Abgang schluckt. Der soll sich auf mehr als 600.000 Euro im Jahr belaufen. Zusätzlich sollte der Ausschreibungs-Gewinner einen Baurechtszins von 300.000 bis fast 500.000 Euro im Jahr abliefern. Das dämpfte aber offenbar das Interesse an den 74,9 Prozent.

Rechts- und Beratungskosten schnalzen in die Höhe

Die Fristen für die Ausschreibung verstrichen in Folge. Wie Recherchen ergaben, summierten sich die Kosten für die Vergabe bereits vor Wochen auf bis zu 40.000 Euro, der Großteil davon Aufwand für die Rechtsberatung. Scheider erklärt das Verstreichen der Fristen unter anderem auch mit den seinerzeitigen Fehlplanungen: „Ich musste wieder bei Null beginnen. Die potenziellen Pflegeheimbetreiber sagten mir, dass man im geplanten Bau nicht arbeiten hätte können. Viel zu lange Wege waren noch das kleinste Problem. Das war nicht praktikabel“ Zu den Rechts- und Beratungskosten wollte sich Scheider im Detail nicht äußern. Diese dürften aber vermutlich noch steigen.

Neue Kriterien: Stadt zahlt nun doch Mitgift

In der letzten Stadtsenatssitzung ist ein hausinterner Projektmanager mit der weiteren Abwicklung betraut worden. „Die schwimmen ein bisschen. Der Projektmanager soll das jetzt in trockene Tücher bringen“, sagt eine involvierte Person. Scheider ließ die Ausschreibungskriterien adaptieren und hofft nun, einen Bräutigam zu finden. Es gebe „13 oder 14 schriftliche Anfragen“. An Baurechtszins will Scheider nun „zwischen 300.000 und 450.000 Euro“ im Jahr. Der soll aber erst „ab dem dritten Jahr nach Unterfertigung“ der Partnerschaft fließen. Als Mitgift zahle die Stadt für die ersten drei Jahren nach der tatsächlich Übernahme „noch die Abgänge, allerdings gedeckelt mit 600.000 Euro pro Jahr“, sagt Scheider. Und beteilige sich für ihre 25,1 Prozent an der künftigen GmbH „mit 2,5 Millionen Euro an Eigenmitteln“.

Damoklesschwert über der Stadt

Lange darf sich das Rathaus nicht mehr Zeit lassen. Vertraulicher Schriftverkehr aus dem Vorjahr zeigt, dass das Land Kärnten auf eine Fertigstellung des Neubaus bis Ende nächsten Jahres pocht, ansonsten „mit 31.12.2024 die Bewilligung erlischt, BewohnerInnen betreuen und pflegen zu dürfen“. Diese müssten im Extremfall „in ein anderes Heim umziehen“, geht aus der Korrespondenz hervor. Kommt es tatsächlich dazu, wird es wohl auch deshalb zu einem Auflauf an Fotografen beim Heim kommen. Fraglich bleibt, ob sich dann auch die verantwortlichen Politiker sehen lassen werden.

„NS-Abzeichen auf Hallenbad-Grund“ gefunden

Indes wurde heute bekannt, dass am Grund des neu zu bauenden Hallenbades am Klagenfurter Südring „NS-Abzeichen“ in der Erde gefunden wurden, wie Stadtwerke-Vorstand Erwin Smole auf Anfrage bestätigt. Smole geht aber nicht von einer Verzögerung der bevorstehenden Bauarbeiten aus. Um welche Abzeichen es sich genau handle, konnte der STW-Vorstand nicht sagen, ihm wurde nur davon berichtet.

Vertrauliche Unterlagen über ein 25.000 Euro teures E-Mail

Zwischenzeitig wurden Mediapartizan vertrauliche Unterlagen zum umstrittenen E-Mail des Bürgermeisterbüros zugespielt, in dem der Bauriese Porr aufgefordert wurde, das neue Hallenbad – vis a vis Minimundus – in Modulbauweise zu planen. Dafür gab es keinen Beschluss des Gemeinderates. Dieses Bad, das sogenannte Sport- und Vitalbad, sollte von der Porr und dem Bauunternehmen Kollitsch errichtet werden. Allerdings wurde das Projekt nach Phase I begraben, wodurch 750.000 Euro quasi als Abschlagszahlung für geleistete Arbeiten von der Stadt hätten bezahlt werden sollen. 250.000 Euro waren schon bei Projektbeginn zu berappen. 500.000 blieben offen. Davon wollte die Porr 440.000 Euro haben, 60.000 Euro gingen sozusagen auf nicht erbrachte Leistungen. Das Kontrollamt der Stadt hatte damals einen scharfen Blick auf (noch) nicht erbrachten Leistungen geworfen, mit dem Ergebnis einer langen Liste solcher Minderleistungen. Die Kontrollore waren aber von einem kurioserweise in Auftrag gegebenen Gutachten eines Dritt-Sachverständigen quasi „entschärft“ worden.

25.000 Euro wollte die Porr für die Abänderung der Planung auf Modulbauweise

Letztlich einigte sich die Porr mit der Stadt dem Vernehmen nach, weitere 110.000 Euro nachzulassen. Bemerkenswert ist das deshalb, weil der von der Stadt konsultierte Anwalt, der die Ausschreibung des Hallenbads rechtlich begleitete, auf Anfrage des Magistrats die vorerst von der Porr verlangten 440.000 Euro als „plausibel“ einstufte (siehe Faksimile). Und das damit begründete, dass die Planungsarbeiten eben durch den „Richtungswechsel“ auf „modulare Bauweise“ – für die es keinen Beschluss gab – einen Wert darstelle.

Als „plausibel“ erklärte der Anwalt den ausstehenden Betrag für die Porr

***Foto(s): Eigene; Stadtkommunikation Klagenfurt/Glinik

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