Kaiser verspielt die Call-Option

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Fast vier Jahre hielt sich Landeshauptmann Peter Kaiser in Sachen Flughafen-Problematik nobel zurück. Die Strategie der SPÖ war einfach, aber wirksam: Der Landeshauptmann begibt sich nicht in die Niederungen der operativen Verhandlungen um den Airport. Er steht drüber.

Fast vier Jahre schwieg Kaiser zu den immer virulenter werdenden Problemen des Airports, die durch die Teilprivatisierung 2018, die unter Rot durchgezogen wurde und einen Immobilienhändler als Flughafendirektor an Land zog, wie eine riesige Schlammlawine immer größer wurden. Der Kärntner Landesrechnungshof zeichnete die Privatisierung, bei der fast 75 Prozent bei Franz Peter Oraschs Lilihill-Gruppe landeten, mit dem Siegel der Unfähigkeit aus.

Andreas Schäfermeier und leicht entflammbares Kerosin

Statt löschend in den Turbinenbrand einzugreifen, schickte Kaiser einen voraus, der auch noch leicht entflammbare Kerosinfässer unter den Tragflächen der Verhandlungen platzierte: Seinen PR-Adlatus Andreas Schäfermeier, der – als Landesangestellter (!) – mit bissigen Bonmots auf die Entscheidung des Aufsichtsrats der Kärntner Beteiligungsverwaltung (K-BV) reagierte, weil das Gremium die Call-Option ziehen wollte. Aus der Rückholung des Flughafens in die öffentliche Hand wurde bekanntlich nichts. Es scheiterte am Veto der SPÖ. Die Landes-ÖVP, in deren Hoheit sich das Beteiligungsreferat (noch) befindet, wollte ziehen.

Der Sündenfall „Strategieplan“

Dann wurden im heurigen Sommer unter Kaisers Führung Verhandlungen mit Orasch abgefeiert. Zu beklemmender Berühmtheit kam in diesem Zusammenhang der sogenannte „10-Punkte-Plan“. Eine Vereinbarung zwischen Kaiser, Klagenfurt-Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten) und Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) mit Orasch. Es handelte sich dabei um zwei Schreibmaschinen-Seiten, von denen abgeleitet der Steuerzahler inständig hoffen sollte, dass die handelnden Politiker in ihrer Karriere nicht noch schwammigere Papiere unterschrieben haben. Aus einem der wichtigsten Punkte des Papiers, einer weiteren Hub-Anbindung, buchbar ab Oktober 2022, wurde – wieder einmal – nichts. Das war das (vorerst?) letzte gebrochene Versprechen Oraschs.

Dem eine statthafte Anzahl nicht eingehaltener Zusagen des Investors voraus ging. Ein Auszug – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Es gibt keinen Park- & Ride-Parkplatz
  • Es gibt kein Parkhaus
  • Es gibt keine neue Flughafenhalle
  • Es gibt keinen neuen Abfertigungsbereich
  • Es gibt keine neue Gastro-Location am Flughafen

Das sind nur einige Punkte aus dem Strategieplan Oraschs, einem im Klang an einen schulischen Erlebnisaufsatz erinnernden Kompendium, das das Papier nicht wert war, auf dem es geschrieben stand – aber für die SPÖ im Jahr 2018 gut genug war, Orasch den Flughafen zu überschreiben. Die geheime Liste der gebrochenen Versprechen ist hier nachzulesen:

„Privatissimum“ mit Orasch

All das hatte Orasch angekündigt. Und obwohl sich das, wie auch die Passagiere, von denen er Hunderttausende versprach, in Luft auflösten, traf sich Kaiser kürzlich zu einem „Privatissimum“ mit Orasch, wie es Team-Kärnten-Chef Gerhard Köfer nannte. Plötzlich war der Flughafen doch wieder Kaisersache. Obwohl der Landeshauptmann zwischen den Sommerverhandlungen und den jetzigen Geheimgesprächen wieder eine Auszeit genommen hatte und sich offenbar nicht mit den weltlichen Problemen des Flughafens bekleckern wollte, sondern wieder Schäfermeier voraus schickte.

Doch die Geheimverhandlung mit Orasch geriet zum Abziehbild der verbockten Privatisierung. Der sprichwörtliche rote Faden zwischen der Übergabe an Orasch 2018 und der Jetztzeit, man muss es mittlerweile in aller Klarheit sagen, trägt drei Buchstaben: SPÖ.

Das Konzept, die Dinge schwammig zu halten

Obwohl es in keiner einzigen Vereinbarung so vermerkt ist, stand nach der Geheimverhandlung Kurioses auf der Tagesordnung: Man könnte doch die Call-Option für 2022 aussetzen, wenn Orasch noch im Dezember einen Hub aus dem Hut zaubere, der ab dem Sommerflugplan angeflogen werden könne. Die 100.000 zu erreichenden Passagiere, vertraglich vereinbart: Schwamm drüber. Was nur als konsequent bezeichnet werden muss, ist doch das Konzept der gesamten Airport-Privatisierung eine Schwammigkeit: Den Strategieplan, integrierter Bestandteil von Oraschs Angebot, musste dieser rechtlich nicht erfüllen. Und bekam trotzdem den Flughafen. Würde eine Matura so ablaufen wie die Flughafen-Privatisierung, müsste kein Schüler was liefern – und alle kämen durch.

Kaiser verspielt Call-Option

In einem Punkt aber gibt es keine Ungenauigkeit: Bei der Call-Option. Werden keine 100.000 Passagiere erreicht, kann der Flughafen ohne Wenn und Aber zurückgeholt werden. Die Option wurde kurioserweise von der SPÖ 2018 ins Vertragswerk der Privatisierung hinein verhandelt. Um die Möglichkeit zu behalten, den Flughafen zurückzuholen, wenn es der Investor nicht besser könne. Was mittlerweile hinlänglich bewiesen sein dürfte. Ziehen möchte die Option bei den Roten aber offenbar niemand. Das Rätsel, warum die Sozialdemokraten einem versprechensbrüchigen Investor die Liegenschaftsleiter machen, ist derzeit noch ungeklärt. Die Auflösung dieses Rätsels wird aber wohl nur eine Frage der Zeit sein.

Zusätzlicher Hub ist kein Ersatz für Unterschreitung von 100.000 Passagieren

Passiert nicht noch ein Wunder, erreicht Orasch im heurigen Jahr laut Beobachtern nur rund 87.000 Passagiere (Forecast unter normalen Bedingungen). Unter vorteilig gerechnetem Forecast wären es 95.500 Fluggäste. Die Ryanair-Flüge sind in diesen Vorausberechnungen inkludiert. Ein möglicher – bezeichnenderweise im letzten Augenblick – erreichter Hub ist vertraglich gesehen kein Ersatz für die Unterschreitung der ohnehin homöopathisch niedrig angesetzten Passagier-Untergrenze von 100.000.

Die Strategie der SPÖ, Kaiser aus dem Spiel zu halten, war zunächst klug gewählt. Mit dem dauernden Hin- und Herhüpfen zwischen Spielfeld und Betreuerzone untergrub Kaiser aber seine eigene Stategie. Er steht jetzt nicht mehr drüber. Sondern direkt im Match. Und das geht in Richtung fauler Kompromisse.

Gerhard Seifried, Bereichsleiter der KFBG

Seifried als Bereichsleiter PR auf der Payroll des Flughafens?

Apropos: Was auch nicht gerade an die große Glocke gehängt wurde: Der bekannte ehemalige ORF-Journalist und nunmehrige PR-Profi Gerhard Seifried scheint im Firmenbuch als „Bereichsleiter“ für „Presse, Kommunikation“ auf. Und zwar im Firmenbuchauszug der Kärntner Flughafen Betriebsgesellschaft (KFBG), also des Flughafens. Das ist deshalb bemerkenswert, weil Seifried, so er als Bereichsleiter auf der Flughafen-Payroll steht, in Personalunion Lilihill-Unternehmenssprecher wäre: Der gegen die Interessen der Alt-Eigentümer Land und Stadt Klagenfurt agierte. Seifried war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

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Foto(s): Gert Eggenberger

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